Eine der bekanntesten deutschen Black-Metal-Bands der 90er, MYSTIC CIRCLE, meldet sich mit einem besonderen Werk zurück: Kriegsgötter MMXXV ist eine neu eingespielte und überarbeitete Version ihrer EP Kriegsgötter II aus dem Jahr 2000 – ergänzt um mehrere Coversongs. Schon die Original-EP war eine Sammlung von Titeln, die den Sound der Band prägten und sie stilistisch definierten.
Frische Covers legendärer Black-Metal-Songs
Wie die damalige EP beginnt auch diese Version mit „One Rode to Asa Bay“, einem Cover des legendären Bathory-Songs vom Album Hammerheart. Die Vocals von Beelzebub sind rau, blechern, beinahe gesprochen – und tragen dennoch eine düstere, infernale Stimmung in sich. Ergänzt wird der Gesang, wie schon auf der EP, von Sarah Jezebel Deva, die mit ihrer Sopranstimme einen starken Kontrast setzt. Das wirkt verstörend, beinahe hypnotisch. Eine mutige Interpretation eines Kultsongs – und eine eindrucksvolle noch dazu.
MYSTIC CIRCLE wurde 1992 gegründet von Beelzebub (Marc Zimmer – auch bekannt als Graf von Beelzebub, verantwortlich für Gesang, Gitarre, Bass und Keyboards) und Blackwar (Sven Meesters – auch A. Blackwar oder Aaarrrgon, verantwortlich für Schlagzeug, Gitarre und Keyboards). Nach Veröffentlichung der erwähnten EP verließ Blackwar die Band, kehrte aber 2020 zurück – und gab dem Projekt neues Leben. Mit Erfolg, denn die seither veröffentlichten Alben wurden von Publikum und Presse positiv aufgenommen.
„Die Götter der Urväter“ zählt zu den markantesten Songs der Band – besonders in ihren Livesets. Ursprünglich auf dem dritten Demo veröffentlicht und später auch als Single, ist es ein klassischer Black-Metal-Track mit Tempowechseln, schneidenden Riffs, grellen Vocals und markanten Solos. In der Neuaufnahme kommt er kraftvoll, präsent und überraschend frisch daher – als wäre es 1996.
Experimentelle Stücke mit starken Kontrasten
„Azazel’s Soulfly“ beginnt mit einem dissonanten, mehrschichtigen Instrumentalpart, der sich in einen symphonischen, fast zeitgenössisch-experimentellen Abschnitt auflöst. Der Titel stammt ebenfalls von der Kriegsgötter II-EP und wirkt mehr wie ein instrumentales Zwischenspiel denn ein klassischer Song.
Mit „Cry Little Sister“ folgt ein weiterer experimenteller Track – basierend auf elektronischen Klängen und Samples. Die Kombination aus verzerrter Elektronik, infernalischen Schreien und dem Gastsängerin-Beitrag von Karoline Hafke ergibt eine düstere, unheimliche, fast albtraumhafte Atmosphäre.
Die Produktion des Albums ist hochwertig – sauberer und polierter als bei vielen traditionellen Black-Metal-Veröffentlichungen, was hier jedoch bestens funktioniert. Die Songs – ob Cover oder Eigenmaterial – wirken in dieser Produktion kohärent, ausbalanciert und modern. Nostalgie ist hier kein Selbstzweck, sondern Grundlage für ein frisches, bewusst gestaltetes Werk.
„Afraid to Shoot Strangers“ ist ein Cover des gleichnamigen Iron Maiden-Songs vom Album Fear of the Dark – eine weitere interessante und solide Neuinterpretation eines Klassikers. Sarah Jezebel Deva ist erneut als Gastsängerin beteiligt, und wieder entsteht durch diesen Kontrast eine eindringliche, frostige Atmosphäre. Die Grundstimmung des Originals bleibt spürbar – Maidens Handschrift ist da –, aber MYSTIC CIRCLE verleihen der Komposition ihren eigenen düsteren Anstrich, eine ganz persönliche Note.
Einflussreiche Songs aus Black- und Death-Metal-Geschichte
„Death Metal“ – der legendäre Track von Possessed, der einem ganzen Genre seinen Namen gab, 1985 erschienen auf dem Meisterwerk Seven Churches. Lange bevor Death Metal als eigener Stil überhaupt definiert war. Hier schlägt MYSTIC CIRCLE die Brücke vom Black Metal zum Death Metal – eine kraftvolle, aggressive, energiegeladene Explosion.
„Acheron (Medley)“ ist ein Tribut an die gleichnamige Death-Metal-Legende aus den USA. In diesem Medley vereint die Band mehrere Acheron-Songs, ursprünglich bereits auf Kriegsgötter II veröffentlicht. Es ist nicht nur eine Hommage, sondern auch ein Teil der musikalischen DNA von MYSTIC CIRCLE – wuchtig, dynamisch, intensiv.
Mit „Circle of the Tyrants“ folgt ein weiterer Meilenstein der Extreme-Metal-Geschichte. Der Song von Celtic Frost braucht keine Vorstellung – ein unaufhaltsames Stück voller bedrohlicher Riffs, satanischer Growls und gnadenloser Drums. Kalt, misanthropisch, roh – und in dieser Version kompromisslos kraftvoll.
Ein Black-Metal-Album, das zurück zum Kern führt
Kriegsgötter MMXXV ist weit mehr als bloß ein nostalgischer Rückblick. Mehr als eine Cover-Compilation. Dieses Album ist tief verwurzelt in der Ideologie des Black Metal, ein Manifest dafür, Musik nach dem eigenen Geist zu gestalten – nicht nach Zeitgeist oder Trends.
Musikalisch wirkt das Werk durchgehend frisch und zeitgemäß, die Auswahl der Stücke ergibt ein klares Konzept: Jeder Song ist ein Knotenpunkt in der Geschichte von Black- oder Death Metal, jeder eine Verbindung zur Substanz des Genres.
Ein Album, in dem jeder Track ein Highlight ist, weil jeder für sich auf eine wichtige Inspirationsquelle verweist – sei es ein Klassiker der Szene oder ein bedeutender Moment in der eigenen Bandgeschichte. Ein Werk, das Erinnerungen weckt – und das auf die kraftvollste aller Arten: durch Musik. Gute Musik. Unsterbliche Musik. Danke, MYSTIC CIRCLE.
Fazit: Mehr als eine Reise in die Vergangenheit – Kriegsgötter MMXXV ist eine Sammlung bedeutender Songs, zeitgemäß neu interpretiert und tief im Genre verwurzelt.
Tracklist
01. One Rode To Asa Bay (Bathory cover)
02. Die Götter der Urväter
03. Azazel’s Soulfly
04. Cry Little Sister (Theme from „The Lost Boys“)
05. Afraid To Shoot Strangers (Iron Maiden cover)
06. Death Metal (Possessed cover)
07. Acheron (Medley) (Acheron cover)
08. Circle Of The Tyrants (Celtic Frost cover)
Besetzung
Beelzebub – Vocals, Guitars, Bass, Keyboards
Blackwar – Drums, Guitars, Keyboards