VERMOCRACY, VANGUARD & EREBOS @ Café-Bar Number9, Bad Aussee, 30.05.2025 – Live-Bericht
Letzten Freitag kollidierten im wahrsten Sinne des Wortes zwei fremde Welten miteinander. Die Wiener Death-Metal-Band VERMOCRACY stattete dem steirischen Kurort Bad Aussee einen Besuch ab. Gleichzeitig fand dort Österreichs größtes Blumenfest statt. Das Line-Up dieses einzigartigen Abends vervollständigten VANGUARD, die aus Tschechien angereist waren, und EREBOS, die ebenfalls aus Österreich stammen. Alle Fotos vom Abend gibt es hier!
Wenn Welten aufeinander treffen
Es war einer der ersten sommerlichen Tage des Jahres. Die Bands trudelten gegen 16 Uhr ein und waren sogleich mit der Herausforderung konfrontiert, einen Parkplatz zu finden. Spätestens da wussten alle, dass hier dieses Wochenende das Narzissenfest stattfinden würde. Der idyllische Kurort Bad Aussee mit seinen bescheidenen 5000 Einwohnern wurde die Hauptattraktion für tausende kulinarisch und kulturell Interessierte – und ein paar Metalheads. Selten war die Wahl des Outfits ein so klares Zeichen für das individuelle Freizeitprogramm: Während man in Dirndl oder Lederhose das Narzissenfest besuchte, strawanzten gänzlich schwarz gekleidete Gestalten um die Café-Bar Number9 umher. Diese befand sich direkt gegenüber vom Hauptplatz, wo diverse Verkaufsstände, ein großes Bierzelt mit Live-Musik und dergleichen das Narzissenfest belebten.
Die Café-Bar Number9
In der Café-Bar Number9 fand an jenem glorreichen Abend das erste Metal-Konzert überhaupt statt. Es ist einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass es überhaupt dazu gekommen ist. VERMOCRACYs Bassist Hannes war Anfang des Jahres dort zu Besuch und erfuhr, dass sie gerne einmal eine Metal-Veranstaltung buchen würden. So kam der Stein ins Rollen.
Größentechnisch ist die Bar kleiner als z. B. das Escape in Wien. Man merkt auch, dass in dieser Location noch keine wilden Metal-Konzerte über die Bühne gegangen sind. Die Bar wirkte neu, aufgeräumt, fast ein bisschen leer ohne tausende Sticker von diversen Bands an Wänden und Möbeln. Die Bühne, wie sich schnell herausstellte, hätte einen Tick größer sein können. Der Soundtechniker war sehr bemüht und das restliche Personal war den Bands gegenüber extrem zuvorkommend. Draußen gab es gleich gemütliche Sitzgelegenheiten.
Zwischen Lederhosen und Dirndlblusen
Als alle drei Bands ihr Zeug ausgeladen und verstaut hatten, war es an der Zeit, sich die Gegend anzuschauen. Und damit meine ich natürlich, das Narzissenfest unsicher zu machen. Hannes übernahm für uns mit seiner charmanten Art die Tourguide-Rolle. Man fühlte sich ganz klischeehaft aus der Masse herausstechend mit Bandshirts, Tattoos und schwarzen Hosen. Die meisten Leute, egal ob sie Teil des Fests waren oder es besuchten, waren in Tracht gekleidet. Irritierte Blicke gab es von beiden Seiten – es war sehr amüsant!
Währenddessen lernten wir uns untereinander kennen. Mit den Jungs von VANGUARD kam ich schnell ins Gespräch. Sie hatten vorher noch einen Stopp in Hallstatt eingelegt und das Ambiente dort genossen. Je länger wir tratschten, desto neugieriger wurde ich, welche Musik uns die Burschen später gegen die Trommelfelle pressen würden.
Erebos
Nach einer intensiven Foto-Session, die wegen der spärlichen Beleuchtung sehr nervenaufreibend war, konnte ich mich endlich auf das Konzert konzentrieren. EREBOS spielen geradlinigen, mächtigen Death Metal mit gut dosierten melodischen Ausschmückungen. Sie fahren ihr Programm mit einem sehr schwerfälligen Sound, der die Musik nochmal härter klingen lässt. Ich war – obwohl ich mit Death Metal oft meine Schwierigkeiten habe – sofort in ihren Bann gezogen. Mir gefiel die Energie, mit der ihr Sänger die Lieder betonte. Er kümmerte sich nicht um das begrenzte Platzangebot auf der Bühne, also stieg er gleich herunter und performte davor. So war das Publikum automatisch mehr involviert.
EREBOS schaffen in ihren Liedern viel Dynamik durch Tempowechsel. Das Schlagzeug bereitete mir große Freude. Die Gitarristen hauten fiese, groovige Riffs raus, die einem das Zuhören versüßten. Gegen Ende des Sets gab es ein Cover von den Death-Metal-Giganten KATAKLYSM. Seitdem höre ich auch unweigerlich den Einfluss der Kanadier in EREBOS‘ Musik heraus.
Während des Konzerts verirrten sich tatsächlich abenteuerlustige Besucher des Narzissenfests in die Bar. Der Rest des Publikums trug teilweise sogar VERMOCRACY-Shirts. Der Applaus ist mir verdammt laut vorgekommen. Jedes Gesicht, in das man blickte, strahlte über beide Ohren. Die Leute hatten einfach Freude an gutem Underground Metal!
Vanguard
Von den sympathischen VANGUARD hatte ich inzwischen erfahren, dass sie technischen Death Metal spielen. Die Band hat in der Vergangenheit aber vorwiegend melodischen Death Metal gespielt. Der Unterschied zwischen ihrer ersten EP „I“ (2015) und dem jüngsten Album „III: Pyrrhic Sequence“ (2023) ist deutlich erkennbar. Der melodische Einfluss ist aber nach wie vor präsent.
Nachdem die Jungs sich den heimischen Hopensaft gut schmecken hatten lassen, war ich sehr gespannt, wie sie das Konzert meistern würden. Der Sänger mutierte vom riesigen Teddybär zu einer Bestie, aus der ein Dämon schrie. Er interessierte sich überhaupt nicht für die Bühne. Er bewegte sich schon während dem Line-Check vor der Bühne und brüllte gekonnt ins Mikro. Der Rest der Band wirkte sehr fokussiert. Man merkte ihnen aber sofort an, dass sie gerne und häufig live auftreten.
Ich muss gestehen, dass ich durch das Fotografieren während der ersten Lieder wieder sehr abgelenkt war. Was ich später mitbekommen habe, hat mir aber gefallen. Ihr Sänger stampfte in einem Halbkreis vor der Bühne umher und zog das Publikum in seinen Bann. Die Stimmung war grandios. Gegen Ende schrie er ihnen wortwörtlich ins Gesicht. Er packte die Leute (mich ebenfalls am Schluss) am Hinterkopf, zog sie nahe an sein Gesicht und blies sie mit seinem bösen Death-Growl weg. Mehr Publikumsinteraktion geht fast nicht mehr! Ihr Bassist stieg während einem der letzten Lieder ebenfalls von der Bühne herunter und zupfte dort weiter an seinen Saiten. Auch der Rest der Band war mittlerweile ins Schwitzen gekommen und ließ die Nackenmuskeln tanzen. Fazit: Ich war schwer beeindruckt von VANGUARD.
Vermocracy
Es war bereits Mitternacht als schließlich VERMOCRACY an der Reihe waren. Ich durfte die Wiener mittlerweile schon mehrmals live spielen sehen. Obwohl sie nach Ankunft in Bad Aussee einen ausgiebigen Soundcheck hatten, durfte der Line-Check natürlich nicht fehlen. Während eines stillen Moments auf der Bühne kam ein witziger Kommentar aus dem Publikum von einer leicht angetrunkenen Dame: „Passt’s auf Jungs, sie is Musikschullehrerin!“. Ich hoffe, die Musikschullehrerin war von der Leistung von VERMOCRACY begeistert.
Stilistisch und soundtechnisch orientiert sich die Band an klassischen 90er Death Metal. Was bei ihnen nicht fehlen darf, ist ein ausgewogenes Maß an Melodik und Dynamik. Darüber hinaus haben die Wiener auch technisch einiges auf dem Kasten. An jenem Abend hatten sie übrigens Unterstützung von Gitarrist Andreas K., der in DYSTERSOL spielt. Er machte einen souveränen Eindruck auf der Bühne und spielte die Songs tadellos! Ich hatte den Eindruck, dass sich die fünf Herren im Vorhinein gut auf dieses Konzert vorbereitet hatten.
Die Setlist bestand aus einem guten Mix ihrer beiden Alben. Die Band begrüßte das Publikum mit „Vermocracy“, welches vom gleichnamigen Debüt stammt. Die Vorstellungsrunde war somit gleichzeitig eine musikalische Demonstration ihres düsteren Sounds und eine Einladung in ihre dystopischen Texte. Bei „Grace of Hypnos“, eine Single des jüngsten Albums „Age of Dysphoria“ (2022) wurde das Tempo hochgefahren. Eine kurze Verschnaufpause lieferte im Anschluss „Paradise Dystopia“, das in der Mitte mit einer wunderschönen, ausgedehnten Gitarrenpassage überraschte. Und so setzte sich das Set fort: mit etlichen Tempowechsel, gekonnt gesetzten melodischen Akzenten, raffinierten Riffs und Soli. Der Bass untermalte währenddessen wunderbar das dystopische Konzept der Band.
Im Publikum war nun ein Unterschied zu den letzten beiden Bands erkennbar. Die Besucherquote war angestiegen. Zwei Personen, die ehrlich gesagt nicht wie die typischen Metalheads wirkten, haben die Musik sehr gefeiert. Ihr Tanzen erinnerte an Jumpstyle, der ja im Hardcore üblich ist. Ihr Anblick hat mich deswegen gedanklich sofort an den Anfang der 2000er gebeamt. Ich fand es großartig, wie viel Spaß sie an der Musik hatten. Die restlichen Besucher waren entweder wild am Headbangen oder am genießerischen Schweigen.
Fazit: Dieser Konzertabend war dank des Ambientes und allen Personen, die man getroffen und kennengelernt hat, einzigartig! Die Bandbreite an Death Metal, die geboten wurde, war zudem sehr beeindruckend. Ich bin dankbar, ein Teil davon gewesen zu sein und ich hoffe, dass bald wieder eine Metal-Veranstaltung in der Café-Bar Number9 stattfindet, denn mehr Underground geht nicht!