Die progressive Symphonic-Metal-Band LIVING TALES aus Porto veröffentlicht ihr neues Album Hades. Fans von Epica, Dream Theater, Nightwish und Septicflesh erwartet ein episches Werk innerhalb ihres bevorzugten Genres.
Gegründet wurde LIVING TALES 2007 von Gitarrist Luis Oliveira (auch bei Dreams of Doom), der bis heute das einzige verbliebene Gründungsmitglied ist. Nach ersten Auftritten auf nationalen Bühnen feierte die Band 2012 ihr offizielles Debüt mit Delusional Mind.
Ab 2015 kam es zu mehreren Besetzungswechseln: João Carneiro übernahm 2017 den Bass, wenig später stieß Ricardo Carvalho als Rhythmusgitarrist dazu, bevor er 2019 an das Schlagzeug wechselte. Im selben Jahr kam Ana Isola (auch Gurilla) als neue Sängerin hinzu. Das dritte Album Persephone (2022) wurde auf dem heimischen Markt positiv aufgenommen.
Mit Hades will LIVING TALES ein immersives Klangerlebnis schaffen, das Erzählung und Melodie kunstvoll verbindet.
„Hades ist der Nachfolger unseres letzten Albums Persephone und knüpft erzählerisch direkt an. Beide Alben sind narrativ miteinander verknüpft, unterscheiden sich jedoch atmosphärisch. Hades klingt düsterer, kraftvoller und direkter – passend zur Geschichte. Unser Ziel ist es, eine musikalische Welt zu erschaffen, die emotional berührt, sei es durch die Lyrics oder die Melodien. Denn genau das macht Kunst aus.“ – Die Band erzählt
Epische Kompositionen, dynamische Riffs und symphonische Wucht
Ein symphonisches Intro leitet sanft in die Atmosphäre des Albums ein, bevor „Rising“ übernimmt – ein Song mit klarem, aber druckvollem Gesang, soliden Riffs und einer stabilen rhythmischen Basis aus Bass und Drums. Inhaltlich geht es um Widerstandskraft und Entschlossenheit: den Kampf um Freiheit, den Sieg über Dunkelheit und das Wiederaufbauen eines verlorenen Reichs.
„The Crusade“ setzt diesen epischen Charakter fort, mit komplexer Orchestrierung und kraftvoller Instrumentierung. Rasante Drums, ausgefeilte Kompositionen und dynamische Riffs sorgen für einen dramatischen Effekt. Thematisch beschreibt der Song die Rückkehr eines von den Göttern erwählten Kriegers, der das Schlachtfeld ordnet, Hoffnung spendet und eine neue Ära einläutet.
Das Herzstück des Albums ist der Titeltrack „Hades“, zugleich die ambitionierteste Nummer. Hier zeigt sich LIVING TALES von ihrer progressiven Seite: Tempowechsel, aufwendige Orchestrierung und eine eindrucksvolle theatralische Inszenierung prägen den Song. Der Gesang reicht von gesprochenen Passagen bis hin zu expressiven, fast schon theatralischen Schreien. Inhaltlich erzählt das Stück von Persephone, die sich in der Gefangenschaft von Hades wähnt und verzweifelt um ihre Befreiung bittet.
Das Album erzählt die Geschichte einer Reise durch die Unterwelt, geprägt von Kämpfen gegen Verzweiflung und der Konfrontation mit dem Herrn des Todes.
„River Styx“ schlägt stilistisch eine andere Richtung ein. Weniger progressiv, sondern eher ein klassischer Heavy-Metal-Song mit epischem Anstrich. Ein komplexes Gitarren-Intermezzo in der Mitte zeigt das technische Können der Band. Die Thematik bleibt düster: eine Reise durch die Unterwelt, zwischen den Schatten der Vergangenheit auf der Suche nach einem Ziel. Ab hier wird das Album weniger melodisch, stattdessen experimenteller in seinem Klangbild.
Nach einem kurzen instrumentalen Interlude zeigt sich „Labyrinth“ als eines der unkonventionellsten Stücke. Der Song folgt einer synkopierten Rhythmik und einer ungewöhnlichen Struktur, doch mittendrin findet sich ein virtuoses Gitarrensolo – eine kurze Erinnerung an die progressive Seite der Band, die hier fast untergeht. Leider trägt der Gesang nicht dazu bei, dass der Song heraussticht. Inhaltlich steht die Konfrontation mit dem Herrn des Schreckens im Fokus: ein Kampf gegen die Armee der Unterwelt und einen Minotaurus, um eine verlorene Seele zu retten.
„Persephone“ überrascht mit einem jazzig inspirierten Intro. Wieder nimmt sich die Band Zeit für ein ausgedehntes, anspruchsvolles Gitarrensolo. Die Geschichte erreicht hier ihren Höhepunkt: Der Held erfüllt sein Schicksal, befreit Persephone aus ihrem Gefängnis und rettet sie vor dem Herrn des Todes, um sie nach Olympus zu führen. Die Gitarren sorgen für Abwechslung und Dynamik im Song.
Mit „Redemption“ kehrt die epische Atmosphäre zurück, wird jedoch durch abrupte Rhythmuswechsel unterbrochen. Der finale Kampf entfaltet sich: Ein Test von Glaube und Entschlossenheit, der in der endgültigen Niederlage des Herrn des Todes und dem Beginn einer neuen Ära für die Menschheit gipfelt. Ein weiteres symphonisches Outro beschließt das Album.
Viel Konzept, wenig musikalische Entfaltung
Die Produktion ist komplex und klar, aber die Gesangspassagen drängen die Instrumentierung zu stark in den Hintergrund. Das ist schade, denn die Band hätte musikalisch mehr zu bieten. Ihr progressiver Ansatz kommt nicht ausreichend zur Geltung. Der Gesang wirkt nicht warm oder melodisch, sondern eher wütend und wechselt zwischen verschiedenen Techniken – was dem Album nicht unbedingt zugutekommt. Kompositorisch zeigt sich LIVING TALES ambitioniert, doch ihre musikalische Vision ist noch nicht vollständig ausgereift.
Textlich ist Hades ein Konzeptalbum, das die Geschichte von Persephone weiterführt. Die Band nutzt Figuren der griechischen Mythologie, um den Charakteren Tiefe zu verleihen. Allerdings wird keine klassische Nacherzählung der überlieferten Mythen angestrebt.
Musikalisch setzt das Album auf orchestrale Arrangements, Tempowechsel und Tonartverschiebungen, um eine vielschichtige Atmosphäre zu schaffen. Der Klang ist insgesamt düsterer und schwerer als auf früheren Veröffentlichungen – passend zur Thematik. Dennoch hinterlässt Hades den Eindruck, in zwei Teile gespalten zu sein: einerseits episch und inspirierend, andererseits suchend nach neuen Klangstrukturen, die die Geschichte untermalen sollen.
Das Album vermittelt das Gefühl einer epischen Reise mit mythologischem Flair. Doch möglicherweise liegt der Fokus zu stark auf dem Storytelling und zu wenig auf der musikalischen Entwicklung. Der Spannungsbogen bleibt hoch, das Tempo konstant – sei es instrumental oder lyrisch –, doch die Balance zwischen Konzept und Musik ist nicht ganz ausgereift.
Fazit: Das Album wirkt zweigeteilt, der Gesang dominiert zu sehr und nimmt der Musik ihre progressive Tiefe.
Tracklist
01. Overture_Ischyros Genos
02. Rising
03. The Crusade
04. Hades
05. River Styx
06. Interlude_Aidos
07. Labyrinth
08. Persephone
09. Redemption
10. Prologue_Kainos
Besetzung
Ana Isola – Vocals
Luis Oliveira – Guitars
João Carneiro – Bass
Ricardo Carvalho – Drums