Die erste Welle des niederländischen Death Metal war eine bedeutende – und ANTROPOMORPHIA gehörten von Anfang an dazu. In ihrer Heimat beinahe Kult, kehrten sie nach einer längeren Pause zurück und veröffentlichen seither regelmäßig neue Alben.
Kraftvoller und vielversprechender Auftakt
Der Opener „The Withering Stench of Hope“ legt direkt und kompromisslos los: aggressiv, dabei leicht melodisch. Die Drums schlagen erbarmungslos zu, die Vocals wechseln zwischen Growls, Screams und gutturalem Grollen – stets infernalisch und präsent. Der Klang ist roh, bedrohlich, eine wahre Klangwalze. Ein Solo wirkt fast wie ein klagender Aufschrei, bevor erneut donnernde Drums und erbarmungslose Riffs übernehmen. Ein starker Einstieg – und ein echtes Highlight.
Der Titeltrack „Devoid of Light“ beginnt deutlich langsamer und melodischer. Eine vielschichtige Komposition mit Leadgitarren, die fast schon an Black Metal erinnern, aber stets die melodische Linie wahren. Die Vocals wirken erstickend, geradezu erdrückend. Zwei Gitarren duellieren sich im Solo – technisch stark umgesetzt. Im Gegensatz zum Rest des Albums sind hier auch die Drums ausgewogen abgemischt und setzen klare Akzente. Ein weiterer Höhepunkt.
ANTROPOMORPHIA wurden 1990 im niederländischen Tilburg gegründet. Als Pioniere der brutalen Musikszene des Landes erspielten sie sich schnell eine treue Fangemeinde. Nach der Demo „Bowel Mutilation“ (1992) folgte wenig später die EP „Necromantic Love Songs“, die heute als Klassiker gilt.
Hämmernde Drums, dramatische Vocals – doch die Leadgitarre dominiert alles
„Funeral Throne“ zeigt sich noch direkter: eine unerbittlich prügelnde Rhythmussektion, ein plötzliches Tempowechsel treibt den Song in Hochgeschwindigkeit. Die Gitarrenarbeit überzeugt ebenso wie die dynamisch und variantenreich eingesetzten Vocals. Ein komplexes, aggressives Solo setzt Akzente – erneut ein Highlight.
Von den Gründungsmitgliedern sind Ferry Damen (Vocals, Gitarre) und Marco Stubbe (Drums) bis heute dabei. Nach der Auflösung 1999 reformierte sich die Band zehn Jahre später. Gitarrist Jos van den Brand stieß 2013 hinzu, Bassist Jeroen Pleunis folgte 2018 – eine eingespielte Truppe.
„In Writhing Rapture“ bleibt dem bisherigen Stil treu, irgendwo zwischen Death Metal und spürbaren Black-Metal-Einflüssen. Das Tempo bleibt jedoch gedrosselt. „Cancerous Bane“ beginnt mit einem cineastischen Intro, ehe tremolo-pickende Gitarren und Growls einsetzen. Atmosphärischer, weniger direkt – der Rhythmus bleibt schleppend, nur das Schlagzeug sticht heraus.
Die Produktion ist insgesamt dumpf und roh, was sicher als Rückgriff auf die eigene Vergangenheit gemeint ist. Doch die Vocals bleiben dadurch zu oft im Hintergrund, ebenso wie das Schlagzeug. Lediglich die Leadgitarre sticht durchgehend hervor. Auch fallen ungewöhnlich lange Pausen zwischen den Songs auf.
Die zweite Hälfte verliert an Dynamik und Kohärenz
„Unending Hunt“ ist erneut gitarrengetrieben, dominiert vom Solo. Eine dynamische Komposition mit melancholischem Unterton. Die Vocals sind gut, bleiben aber im Hintergrund – erneut hat die Gitarre das Sagen.
„Ash Drapes the Earth“ startet mit Drums – doch nach dem kraftvollen Beginn des Albums wirkt vieles nun erschöpft. Das Tempo sinkt, die Energie fehlt. Lyrisch bleibt die Band ihren Kernthemen treu: Tod und Verfall, Fleisch und Finsternis.
„In the Shade of the Devil’s Horns“ beginnt mit heulenden Vocals und einem langen, atmosphärischen Intro. Erst spät setzt der eigentliche Song ein, mit einer kalten, distanzierten Grundstimmung. Die Dynamik ist verschwunden. Auch „Triumphant Death“ bleibt langsam – fast ein Doom-Track mit Black-Metal-Elementen, experimentell und stilistisch deutlich anders.
Die Produktion bleibt das Hauptproblem: Gute Vocals und Drums verschwinden im Klangbrei. Kompositorisch ist vieles gelungen, doch die zweite Hälfte wirkt kraftlos und uninspiriert. Der Schwung der ersten Songs verpufft zusehends.
Es gibt starke Momente, keine Frage – der Anfang ist vielversprechend. Doch sobald es nachdenklicher und konzeptioneller wird, geht der Spaß verloren. Ein zweigeteiltes Album, das an Kohärenz vermissen lässt.
Fazit: Ein starker Auftakt, doch im weiteren Verlauf verliert „Devoid of Light“ an Dynamik und Inspiration. Trotzdem: einzelne Songs wissen zu überzeugen.
Tracklist
01. The Withering Stench of Hope
02. Devoid of Light
03. Funeral Throne
04. In Writhing Rapture
05. Cancerous Bane
06. Unending Hunt
07. Ash Drapes the Earth
08. In the Shade of the Devil’s Horns
09. Triumphant Death
Besetzung
Ferry Damen – Vocals, Guitar
Jeroen Pleunis – Bass
Marco Stubbe – Drums
Jos van den Brand – Guitar