Black Metal aus Rumänien – und ein weiteres Werk aus dem überfüllten Feld des Ambient Black Metal, in dem sich bereits viele herausragende Bands tummeln.
Das Album überzeugt mit dynamischen Kompositionen, melancholischen Melodien und kraftvollen Vocals
Der erste Song „The Sun Will Always Shine“ beginnt kraftvoll und melodisch. Das Zusammenspiel ist ausgewogen, die Band wirkt energiegeladen. Das Tempo ist hoch, das Schlagzeug treibt unermüdlich voran. Im Refrain setzt dann klarer Gesang ein – melodisch, klagend, ein starker Kontrast zum kraftvollen Auftakt. Die Gitarren behalten eine melancholische, melodische Linie bei. Dazu kommen keifende Schreie, die an ihre Black-Metal-Wurzeln erinnern. Viele Kontraste, Tempowechsel – und wenn die Vocals in harsches Gekreische umschlagen, klingt das besonders intensiv. Ein über acht Minuten langes Stück, das viele Klangfarben und Stimmungen vereint. Ein gelungener Einstieg.
GENUNE wurde 2012 gegründet, und Infinite Presence ist bereits ihr drittes Album. Sänger Victor war der Initiator des Projekts und begann, Musiker um sich zu scharen. Gitarrist Dragoș ist seit der ersten Stunde dabei, später kamen Cosmin (Gitarre), István (Bass, Gesang) und schließlich Abel am Schlagzeug hinzu. Erst dadurch wurde aus dem Projekt eine richtige Band.
„Little Fountains“ beginnt deutlich härter. Die dichte Atmosphäre bleibt, ebenso die nostalgische Grundstimmung – aber es wird roher. Solide Riffs, kraftvoll gespieltes Schlagzeug, ein melancholisches Gitarrensolo. Im Mittelteil eine ruhige, fast gespenstische Passage. Kompositorisch sehr dynamisch und zugleich ausgewogen. Gequälte Vocals und traurige Gitarrenakkorde kontrastieren mit dem massiven Gitarrensound und dem beeindruckenden Drumming. Ein Highlight.
Die Produktion ist gelungen – roh genug, um authentisch zu wirken, dabei aber gut ausbalanciert. Die Screams und Shrieks haben genau die richtige Intensität, alle Instrumente sind klar zu hören und sauber gemischt. Es gibt viele verschiedene Klangquellen, die zur Atmosphäre beitragen – und alles fügt sich gut zusammen. Übrigens: Für die Produktion ist Sänger Victor selbst verantwortlich. Eine starke Leistung.
Eine Mischung aus aggressiven Black-Metal-Tracks, gequälten Vocals und beeindruckender Gitarrenarbeit
Nach dem ruhigen Ausklang des vorherigen Songs startet „Stay a Little Longer“ mit einem schnellen, direkten Part. Der Black-Metal-Anteil steht hier klar im Vordergrund. Die Vocals wirken gequälter, verzweifelter, das Schlagzeug bleibt gnadenlos. Die Atmosphäre ist fast schon depressiv. Dazu kommen eindrucksvolle Gitarren – sowohl Lead als auch Rhythmus –, mit unterschwelligen Riffs, die im Hintergrund kaum hörbar sind. Kompositorisch dynamisch und technisch überzeugend. Beim Refrain sind diesmal auch die klaren Gesänge stimmiger eingebunden. Die langsam einsetzenden Keyboardklänge am Ende sorgen vielleicht für zu starken Kontrast – das abschließende Falsett wirkt ein wenig überzogen. Ohne diesen Abschluss wäre es ein weiteres Highlight geworden – dennoch ein starker Song.
„Infinite Presence“ ist ein rein akustisches Stück. Kalte Gitarre, langsam und kunstvoll gespielt. Ein interessanter und ungewöhnlicher Titeltrack – ruhig, minimalistisch und leicht traurig. Fast ein Moment der Stille mitten im Lärm.
Danach kehrt mit „To Not Grow Old“ wieder der volle Lärm zurück. Gekrächzte, strangulierte Vocals, eine melodisch verwobene Gitarrenpassage und im Refrain wieder klarer Gesang. Allerdings auch hier wieder ein merkwürdiger Keyboard-Teil – keine atmosphärische Fläche, eher zufällige Töne. Dennoch: Der Rhythmus überzeugt, die Melodielinie ebenfalls. Und die gutturalen, harschen Vocals sind hier besonders eindrucksvoll.
Die Texte kreisen um Themen wie psychische Störungen, Wahnsinn, Zeit, menschliches Bewusstsein und Melancholie – typische Inhalte des Genres. Die Band selbst beschreibt das Album so: „Infinite Presence wurde zwischen Sommer 2023 und Sommer 2024 geschrieben und ist das Produkt der strahlendsten Hoffnung und der tiefsten Abwesenheit.“
GENUNE liefern mit „Infinite Presence“ ein melancholisches, atmosphärisches Werk
Der letzte Song ist zugleich der längste des Albums: „I Want You Here“. Er beginnt mit einer schönen Melodie und keifenden Vocals. Die Leadgitarre dürfte hier den Höhepunkt des Albums darstellen – zugleich feinfühlig und wuchtig. Auch der Gesang spielt eine wichtige Rolle. Wieder sehr melancholisch, klagend, traurig – die Melodielinie zieht sich hypnotisch durch das Stück. Der Song bricht fast ab, setzt dann neu an. Unterschiedliche Gesangstechniken wirken hier fast wie ein letztes Aufbäumen. Ein starkes Finale, fast ein kleines Opus.
GENUNE setzen klar auf Melodie und Atmosphäre – und sie erreichen dieses Ziel überzeugend. Ihre technische Ausführung ist vielleicht nicht immer auf höchstem Niveau, doch Talent ist deutlich spürbar. Der klare Gesang wirkt zunächst ungewohnt für dieses Genre, passt aber insgesamt gut. Die Keyboard-Einlagen wirken stellenweise deplatziert, trüben aber nicht das insgesamt sehr gute Bild.
Manchmal scheint es, als wollten sie zu viel zeigen, zu viele Elemente in einem Song unterbringen. Doch das wirkt eher wie ein Ausdruck innerer Zerrissenheit als eine bewusste Entscheidung.
„Infinite Presence“ ist insgesamt ein gelungenes Album. Die Band zeigt Reife, Talent und ein gutes Gespür für Melodien und Atmosphäre – auch wenn es einzelne unausgegorene Momente gibt. Für Fans von depressivem Black Metal mit ambienten, atmosphärischen Passagen ist das hier auf jeden Fall eine hörenswerte Veröffentlichung.
Fazit: Stimmungsvoll, traurig, kraftvoll: GENUNE finden ihren Platz im Genre mit Herzblut und Charakter.
Tracklist
01. The Sun Will Always Shine
02. Little Fountains
03. Stay a Little Longer
04. Infinite Presence
05. To Not Grow Old
06. I Want You Here
Besetzung
Dragos – guitar
Cosmin – guitar
Istvan – bass, voice
Abel – drums
Victor – voice, engineering