Das Black-Metal-Projekt aus Lissabon präsentiert mit Curling Serpents Under Stone sein sechstes Studioalbum. ONIRIK hat sich mit früheren Veröffentlichungen nicht nur in der portugiesischen Szene einen Namen gemacht, sondern auch international Anerkennung in der Black-Metal-Gemeinde erarbeitet.
Klassischer Black Metal mit Kreischgesang und eindrucksvoller Gitarrenarbeit
Ein Chor, der fast wie klassische Musik klingt, begleitet von einem langsamen Gitarrensolo – so beginnt das Album mit dem Intro „Funeral March“. Eine düstere, stimmungsvolle Einleitung, beinahe ein eigenständiges Stück im Gesamtkontext – und ein vielversprechender Auftakt.
Mit „All Is Hell, Hell Is All“ folgt der eigentliche Opener. Kreischender Gesang und eine markante Leadgitarre bestimmen das Klangbild. Ganz im Stil des klassischen, norwegisch geprägten Black Metal. Ein tremoliertes Gitarrenmotiv verleiht den instrumentalen Passagen eine zusätzliche Tiefe. Die Drums setzen solide Akzente, und sowohl textlich als auch musikalisch entfaltet sich eine höllische Atmosphäre. Die Gitarrenarbeit sticht hervor – ein erfahrener Musiker mit deutlich spürbarem technischem Können.
ONIRIK ist ein Ein-Mann-Projekt: Hinter allem steht Gonius Rex – ein Name in der portugiesischen Black-Metal-Szene. Seit der Gründung 2002 verfolgt er eine klare künstlerische Vision. Auch wenn sich seine Musik stilistisch stark am norwegischen Old-School-Black-Metal orientiert, ist ein mediterraner Einfluss spürbar – persönlich gefärbt, atmosphärisch und eigenständig.
„Night of Nights“ startet etwas schneller. Wieder diese frostige Stimme, dieses kalte Kreischen. Melodisch ist der Song eher zurückhaltend, das Tempo bleibt gedämpft, die Drums stampfen stoisch nach vorn. Eine Midtempo-Gitarrenpassage bringt eine fast hoffnungsvolle Note in die Komposition – ein seltener Moment der Auflockerung.
Minimalistische Produktion, im Zentrum steht die mehrschichtige Leadgitarre
Die Produktion ist rau und reduziert. Die Drums liegen weit im Hintergrund, auch die Vocals treten selten deutlich in den Vordergrund. Das Album ist klar gitarrenfokussiert – oder besser: leadgitarrenfokussiert. Riffs sind kaum wahrnehmbar oder gar nicht vorhanden. Vielmehr wirkt das gesamte Album wie ein langes instrumentales Werk mit vereinzelten, eher zurückhaltenden Gesangspassagen, die sich dem dominanten Gitarrenspiel unterordnen. Eine minimalistische Produktion, durchzogen von einem leichten Hintergrundrauschen, das deutlich macht: Hier wurde offenbar in Eigenregie produziert oder aufgenommen.
„Undertaker of Men“ folgt dem bekannten Muster. Roh, karg, getragen von der Gitarre. Der klassische Klang und die Spielweise wirken fast feierlich. Die geisterhaft wirkenden Vocals fügen sich in das dichte Solospiel ein – mehrschichtig, eindringlich. Schlagzeug ist kaum wahrnehmbar, das bereits erwähnte Hintergrundrauschen verleiht dem Stück eine ungewöhnliche Stimmung.
„Argument With The Stars“ ist ein instrumentales Stück. Eine akustische Gitarrenkomposition, die als Intermezzo zur Albumhälfte dient – und erneut beweist, welche spielerischen Qualitäten Gonius Rex an seinem Instrument besitzt.
Eine völlig andere Klanglandschaft bietet das Titelstück „Curling Serpents Under Stone“. Es beginnt mit Blechbläser-Klängen – eine angenehme Abwechslung und ein vollkommen neuer Ansatz. Die Atmosphäre ist einzigartig und fesselnd. Die Drums treiben das Stück mit hohem Tempo voran, während die Leadgitarre eine melancholische, gut ausgearbeitete Melodielinie spielt. Textlich werden Symbole des menschlichen Verfalls thematisiert. Ein klarer Höhepunkt des Albums.
Das Album evoziert Melancholie und reflektiert über Leben, Narben und Tod
„To My Last Day On Earth“ kommt mit harschem Gesang daher. Das Tempo ist langsam, das Schlagzeug spielt streckenweise in einem leicht abweichenden Rhythmus zur Melodielinie – ein interessanter Kontrast. Tempowechsel bringen willkommene Dynamik, ansonsten bleibt der Song den bereits etablierten Mustern treu. Eine nachdenkliche Komposition über Leben, Narben und die Unvermeidlichkeit des Todes. Entfernte, geisterhafte Gesänge verstärken die melancholische Atmosphäre zusätzlich. Einer der stärksten Songs des Albums.
„Depois da Batalha“ – ein auf Portugiesisch gesungener Titel. Ruhiger, noch nachdenklicher, getragen von der bereits bekannten Melancholie der vorherigen Stücke. Repetitive Akkorde und eine fast schon funeralartige Stimmung dominieren. Am Ende steht ein traurig anmutendes Holzbläsermotiv, das das Album auf einer trostlosen Note beendet.
Kompositorisch ist das Album wenig abwechslungsreich – oft basiert ein Song auf einem Akkord oder einer kleinen Akkordfolge. Der Gesang ist meist rezitativ, mit geisterhaftem, rauem Kreischen vorgetragen. Etwas mehr Vielfalt wäre willkommen gewesen, denn grundsätzlich hat das Werk – wie auch frühere Veröffentlichungen von ONIRIK – durchaus Qualitäten. Viele Passagen bewegen sich an der Grenze zu Black Metal oder sogar jenseits davon.
Zweifellos ein gitarrengetriebenes Album. Und dieser Aspekt überzeugt. Die technische Versiertheit von Gonius Rex an der Gitarre ist beeindruckend – ebenso wie seine Leidenschaft für das Instrument. Abseits der langen Solopassagen bietet das Album jedoch wenig Abwechslung. Der Gesang erinnert an viele verwandte Stilrichtungen – bleich, hart, roh.
Fazit: Gitarrenzentriert, melancholisch, minimalistisch – ONIRIK liefern mit „Curling Serpents Under Stone“ eine persönliche Reise in dunkle Gefilde.
Tracklist
01. Funeral March
02. All Is Hell, Hell Is All
03. Night Of Nights
04. Undertaker Of Men
05. Argument With The Stars
06. Curling Serpents Under Stone
07. To My Last Day On Earth
08. Depois Da Batalha
Besetzung
Gonius Rex – All instruments, Vocals