Wenn zwei Bass-Titanen beschließen, gemeinsam eine Band zu gründen und ein Album zu veröffentlichen, ist die Erwartungshaltung entsprechend hoch. Und hier sprechen wir von zwei der angesehensten Multi-String-Fretless-Bassisten der Metalszene: Steve DiGiorgio und Jeroen Paul Thesseling.
Tetradōm ist eine virtuose Demonstration progressiver Metal-Fusion-Kunst.
Das Album beginnt melodisch mit dem Track „Moksha“, der von Beginn an sehr technisch und mit komplexen Passagen daherkommt. Zur Orientierung: Es handelt sich um ein rein instrumentales Album. Die Instrumentierung ist anspruchsvoll, und schon früh wird klar, dass hier Virtuosen an ihren Instrumenten arbeiten. Die Tempos wechseln ständig, Basslinien weben eine vielschichtige, melodische Struktur, über die die Gitarre Akzente setzt. Das Schlagzeug steht nicht im Vordergrund, sondern betont dezent und gezielt einzelne Elemente. Ein Pianopart in der Mitte des Songs sorgt für eine ruhige, sehr stimmige Zwischenpassage.
Dies ist kein typisches Metal-Album. Vielmehr erinnert es in Struktur und Atmosphäre an ein klassisches Werk – oder noch treffender: an ein Jazzalbum. Zwar spricht man von Progressive Metal-Fusion, doch der Metal-Anteil steht nicht im Vordergrund – vielmehr die Fusion.
„Náströnd“ beginnt mit einem prägnanten Riff und bringt damit eine interessante Wendung im Klangbild. Die Bassspuren dominieren natürlich auch hier das Geschehen – man muss sich das wie endlose Basssolos vorstellen, auf allerhöchstem technischen Niveau. Tiefste Frequenzen wechseln sich mit höher gelegenen Melodielinien ab. Funkige Rhythmen, vielschichtige Soundschichten – es ist ein Album, das ganz klar für Musiker gemacht wurde.
Steve DiGiorgio und Jeroen Paul Thesseling – zwei Ausnahme-Bassisten mit beeindruckenden Karrieren.
QUADVIUM wurde 2019 gegründet, alle vier Mitglieder sind seit Beginn Teil des Projekts. Die Bedeutung der beiden Bassisten zeigt sich allein schon in den Bands, für die sie bisher aktiv waren.
Steve DiGiorgio (USA) war einer der ersten und langjährigsten Mitglieder der legendären Band Death – was allein schon für eine beeindruckende Karriere reicht. Darüber hinaus ist er fester Bestandteil von Testament und Gründungsmitglied seiner eigenen Band Sadus. Aktiv oder ehemals aktiv, im Studio oder live, hat er auf unzähligen Alben mitgewirkt – unter anderem bei: Act of Denial, Charred Walls of the Damned, Geoda, Gone in April, Mythodea, Control Denied, Obituary(live), Obscura (live), Artension, Ephel Duath, Soen, Faust, Memorain – und vielen weiteren. Eine fast unüberschaubare Liste – und ein Lebenslauf für die Geschichtsbücher des Metal.
Jeroen Paul Thesseling (Niederlande) blickt ebenfalls auf eine imposante Karriere zurück. Aktuell ist QUADVIUM seine einzige aktive Band, doch sein musikalisches Erbe spricht für sich. Bekannt wurde er in der technisch anspruchsvollen Phase von Pestilence, mit der er zwei Alben einspielte, ebenso mit der deutschen Band Obscura – drei Werke. Allein mit diesen beiden Engagements prägte er zwei Schlüsselmomente der progressiven Death-Metal-Geschichte. Weitere Stationen waren unter anderem Mayan, Salazh Trio und Ensemble Salazhar.
Die weiteren beiden Mitglieder des Projekts sind Eve Smith (Myth Of I, Kaathe) an der Gitarre und Yuma van Eekelen (ex-Exivious, ex-The New Dominion, ex-Brutus, ex-Mourn, Enma, Our Oceans, ex-Pestilence, ex-OneGodLess) am Schlagzeug. Beide sind äußerst versierte Musiker und ergänzen das Line-up perfekt.
Technisch-progressive und ambientartige Klanglandschaften mit beeindruckenden Basspassagen.
„Apophis“ ist ein technischer Song und zugleich der metallischste auf dem Album. Ein feines, fast fragiles Riff eröffnet das Stück, gefolgt von den typischen ineinander verschlungenen Bassläufen. Sehr melodisch, mit einem erneut klug gesetzten Piano-Part, der einen spannenden Kontrast erzeugt. Das ruhige Ende rundet diesen Höhepunkt des Albums eindrucksvoll ab.
„Ghardus“ bewegt sich wieder in eher ambientartigen Klangwelten. Eine jazzige Instrumentierung, getragen von – wie könnte es anders sein – beeindruckenden Basslinien. Die orchestrale Struktur ist sehr langsam, aber durch gezielte, kraftvolle Akzente aufgelockert.
Die Produktion ist – wie es sich für ein solches Projekt gehört – absolut hochwertig. Verantwortlich dafür ist Gitarristin Eve Smith, unterstützt von Yuma van Eekelen als Co-Produzent. Auch das Mixing übernahm Eve Smith. Ein durch und durch professioneller Sound, und als Nebennotiz: Smith war maßgeblich an der Komposition des Albums beteiligt.
„Adhyasa“ beginnt atmosphärisch, wird aber durch druckvolle Bassnoten sofort dynamischer. Die Basslinien erreichen hier ein technisches Niveau, das schlicht atemberaubend ist. Die Gitarre fügt sich perfekt in das Gesamtbild ein, alles wirkt rhythmisch und schwer – ein weiteres Highlight.
„Sarab“ ist ein Fusion-Stück mit härteren Momenten, das ruhige und energiegeladene Passagen gekonnt verbindet. Der Abschlusstrack „Eidolon“ startet mit Soundeffekten und entwickelt sich zu einem sehr langsamen, melodischen und technisch feinfühligen Song. Ein meditatives, fast elegisches Ende eines musikalisch tiefgründigen Albums.
Ein gelungenes Debüt zwischen Progressive- und Jazz-Fusion, mit dem Fretless-Bass im Mittelpunkt.
Ein rein instrumentales Album in einem so nischigen, an den Metal angrenzenden Genre zu veröffentlichen, ist keine leichte Aufgabe – doch QUADVIUM meistern sie mit Bravour. Auch wenn wir uns weit vom klassischen Metal entfernen, ist dies ein musikalisches Statement. Eine Band, die man sich unbedingt auch live vorstellen möchte: diese Komplexität der Klanglandschaften, diese Beherrschung der Instrumente – ein echtes Erlebnis für Musikliebhaber und Musiker*innen gleichermaßen.
Dieses Debütalbum ist überaus gelungen. Es ignoriert klassische Metal-Konventionen und lässt sich am besten als Progressive Fusion oder Jazz Fusion beschreiben. Das Line-up ist perfekt zusammengestellt, um dieses anspruchsvolle Klangbild mit höchster handwerklicher Qualität umzusetzen. Während in typischen Metalbands der Bass oft im Hintergrund verschwindet, rückt QUADVIUM ihn kompromisslos ins Rampenlicht – und bietet Fans dieser oft unterschätzten Klangfarbe ein wahres Fest.
Fazit: Ein progressives Bass-Monument für Fans technischer Musik – jenseits klassischer Metal-Konventionen.
Tracklist
01. Moksha
02. Náströnd
03. Apophis
04. Ghardus
05. Adhyasa
06. Sarab
07. Eidolon
Besetzung
Steve DiGiorgio – fretless bass
Jeroen Paul Thesseling – fretless bass
Eve Smith – guitars
Yuma van Eekelen – drums