NOVEMBERS DOOM, die legendären Dark-Metal-Veteranen, veröffentlichen ihr zwölftes Album. Sechs Jahre nach ihrem gefeierten Werk Nephilim Grove (2019) hat die US-Band mit Major Arcana, einem Konzeptalbum, die Messlatte noch höher gelegt.
Melodisch und melancholisch
Ein zarter, ätherischer Pianopart eröffnet das Album. „June“ ist nur ein kurzes Intro, doch sehr eindringlich und unverkennbar in der NOVEMBERS-DOOM-Atmosphäre verankert. Darauf folgt der Titelsong „Major Arcana“, sehr melodisch, getragen, mit dem typischen Doom-Gefühl. Die Doppel-Vocals – clean und growlend – schaffen zusammen eine kontrastreiche und zugleich ergänzende Klangwelt. Die Riffs unterstreichen die Melodielinie, fügen zusätzlichen Kontrast und neue Dynamik hinzu. Ein Gitarrensolo fügt sich perfekt in das Stück ein – ein solides Lied, mit klarer, melancholischer Melodie und genug Hooks, um es zu einem klaren Highlight zu machen.
Gegründet 1989 in Chicago, Illinois, von Sänger Paul Kuhr, entwickelte sich NOVEMBERS DOOM über mehr als drei Jahrzehnte stetig weiter. Anfangs als eine der führenden amerikanischen Death-Doom-Bands bekannt, markierte ihr Debütalbum Amid Its Hallowed Mirth (1995) einen deutlichen Schritt in eine dunklere musikalische Richtung. Über die Jahre verfeinerten sie ihren Stil und prägten schließlich selbst den Begriff „Dark Metal“, um ihre einzigartige Klangsprache zu beschreiben.
Neben Gründer Paul Kuhr (ex-These Are They, ex-Laceration, ex-Subterranean Masquerade) am Gesang formierte sich die Band langsam: Larry Roberts (ex-Neurotoxin, ex-Shades of Grey) an Gitarren und Vocals, Vito Marchese (Divinity Compromised) an der Gitarre, Mike Feldman (Havron, ex-Subterranean Masquerade, ex-Degradation) am Bass und Garry Naples (Bear Mace, Contrition, Wizzo, ex-Kastasyde, ex-Black Sites) am Schlagzeug. Seit 2011 spielen sie in dieser stabilen Besetzung – eine durchaus bemerkenswerte Konstanz.
Dynamischer Sound mit beeindruckenden Gitarren und bedrückenden Riffs
„Ravenous“ zieht das Tempo an und wird auch deutlich härter. Gleichzeitig dynamischer, mit einer Reihe starker melodischer Riffs, die den neuen Rhythmus tragen. Sehr kraftvoller, roher und verzweifelter Gesang schafft eine bedrückende, trostlose Atmosphäre. Die Gitarren beeindrucken sowohl rhythmisch als auch solistisch – die Riffs sind tiefgestimmt und erdrückend, während das Solo etwas Licht ins Stück bringt. Ein weiterer starker und überzeugender Song, ein weiteres Highlight.
„Mercy“ kehrt zunächst zum melodischen Doom zurück, doch eine wuchtige Instrumentierung baut einen massiven Klang auf. Diese schweren Momente wechseln sich mit von cleanem Gesang dominierten Passagen ab – ein Lied voller Spannung und Entladung, bei dem beide Seiten sich umeinander drehen. Die untrügliche Stimmung von Zerbrechlichkeit und Hoffnungslosigkeit wird durch Komposition und Instrumentierung hervorragend vermittelt, der Gesang trägt dabei das meiste Gewicht.
Balance zwischen zarten und aggressiven Elementen
„The Dance“ hält die gleiche Atmosphäre und die typische NOVEMBERS-DOOM-Handschrift. Von zart bis aggressiv, von fragil bis kathartisch. „The Fool“ ist schwerer, ein wahres Ausrufezeichen an Aggression, mit massivem und soliden Sound. Die Vocals wirken sehr dunkel, fast schon im Gothic-Stil, aber eingebettet in eine gute melodische Linie, mit Rhythmus und prägnanten Hooks.
Die Produktion ist – wie erwartet – hervorragend. Eine Band wie NOVEMBERS DOOM muss auch in diesem Kapitel liefern, und das gelingt eindrucksvoll. Die Produktion bildet alles sehr klar ab, ein Beispiel dafür, wie ein ausgewogener Sound die Musik unterstützt. Nicht übermäßig glatt oder modern, sondern dem typischen Bandsound verpflichtet. Jedes Instrument tritt klar hervor und sitzt perfekt. Die Vocals – sowohl clean als auch growlend – stehen zwar im Vordergrund, verdienen dies aber auch. Gleichzeitig wird die gesamte Instrumentierung gleichwertig unterstützt, mit exzellenten Riffs und herausragenden Solos, die durch die Produktion noch stärker zur Geltung kommen. Absolut professionell.
Schmerzlich-sehnsüchtige Atmosphäre
Das längste Stück des Albums, „Bleed Static“, beginnt leichter als die übrigen Songs – mit flüsterndem Gesang und ferner Instrumentierung. Doch die Schwere kehrt in einem imposanten, fast epischen Aufbau zurück. Mit beinahe progressiven Gitarrenpassagen erschaffen Band und Gesang eine traurige, sehnsüchtige, schmerzvolle Atmosphäre. Midtempo, mit langsamen, unheimlichen Passagen – eine komplexe, aber durchdachte Komposition.
Textlich handelt es sich um ein Konzeptalbum, thematisch inspiriert von Tarot und Wahrsagerei. Dieses übergeordnete Thema spiegelt sich sowohl im Artwork und Design von Major Arcana als auch in den Lyrics wider.
Wieder schwerer wird es in „Chatter“, das eine melodische Linie mit rauem Gesang und Midtempo-Instrumentierung verbindet – ein gutes Beispiel für melodischen Doom. „Dusking Day“ wirkt dissonanter, mit einem melodischen Refrain, der im Kontrast zu den Strophen steht. Der letzte Song „XXII“ neigt stärker in Richtung Death Metal – treibender Rhythmus, gnadenlose Riffs, und Vocals, die Emotionen kraftvoll transportieren. Hart und zugleich melodisch – ein Stück, das die vielen Facetten der Band vereint und das Album mit einem kraftvollen Abschluss versieht.
Komplex, vielschichtig und emotional facettenreich
NOVEMBERS DOOMs unverwechselbarer Sound ist eine meisterhafte Verschmelzung von Death- und Doom-Metal-Wurzeln, mit Einflüssen aus Progressive, Folk und Classic Rock. Diese ständige Weiterentwicklung erlaubt es ihnen, ihrer typischen Atmosphäre und Klangästhetik treu zu bleiben, die seit jeher ein Markenzeichen der Band ist. In dieser Hinsicht ist Major Arcana eine sehr gelungene Veröffentlichung: neue Elemente fließen ein, ohne den unverwechselbaren Bandsound aufzugeben – ein äußerst vielseitiges, zugleich tiefgründiges Album.
Typisch für NOVEMBERS DOOM ist Major Arcana ein Karussell aus Emotionen und atmosphärischen Momenten. Sehr komplex in all diesen Ansätzen, mit den für die Band typischen verschlungenen Kompositionen, führt jeder Song den Hörer durch viele Stimmungen und Gefühlslagen. Wer die Band kennt, weiß das – und Major Arcana bildet da keine Ausnahme. Es ist ein solides Werk, ein starkes Statement der Veteranen und ein weiteres gelungenes Album. Bestätigungen brauchen sie längst nicht mehr, und doch liefern sie weiterhin verlässlich – Major Arcana zählt sicher zu ihren stärksten Arbeiten.
Fazit: NOVEMBERS DOOMs Major Arcana: Ein starkes, vielschichtiges Werk, das ihre Rolle als Meister des melodischen Doom/Death Metal bestätigt.
Tracklist
01. June
02. Major Arcana
03. Ravenous
04. Mercy
05. The Dance
06. The Fool
07. Bleed Static
08. Chatter
09. Dusking Day
10. XXII
Besetzung
Paul Kuhr – Vocals
Larry Roberts – Guitars, Vocals
Vito Marchese – Guitars
Mike Feldman – Bass
Garry Naples – Drums

