Mit »zero.point.genesis« liefern THE PRETTY WILD ein Album ab, das seine Energie nicht versteckt. Schon der erste Durchlauf zeigt, wie konsequent die Band ihre Mischung aus Metalcore, Alternative-Metal-Einschlägen und melodischer Wucht ausspielt. Im Zentrum stehen die Schwestern Jyl Wylde und Jules Wylde, deren Stimmen sich weniger abwechseln als vielmehr gegenseitig hochschaukeln. Dieses Ping-Pong aus Härte, Melodie und kontrollierter Raserei ist das Rückgrat der Platte und sorgt dafür, dass wahrhaftig die wilderen Momente nie beliebig wirken.
Drückender Rhythmus der fesselt
Der Einstieg mit »PARADOX« macht klar, worauf man sich einlässt. Das Stück legt sofort los, ohne lange aufzuwärmen. Dichte Riffs, ein verschnürter Rhythmus und Vocals, die zwischen gefühlt zwei Atemzügen von klar zu völlig entfesselt wechseln. Es klingt nach einem Statement: Wir können Druck aufbauen und ihn in der Tat halten. Das Stück hat annähernd Nonchalantes, demgegenüber merkt man in seiner Struktur, wie bedacht die Band mit Spannungsbögen umgeht.
Der anschließende Titeltrack »zero.point.genesis« setzt die Linie fort, nur mit mehr Raum zwischen den Schichten. Die Gitarren schieben nicht permanent nach vorne, sondern öffnen Momente, in denen die Stimmen noch stärker wirken. Der Refrain packt, ohne kitschig zu werden, und die Produktion macht hier viel aus. Das Klangbild ist sauber genug, um Nuancen hörbar zu lassen, dagegen rau genug, um die Energie nicht glattzubügeln.
»living ded« spielt stärker mit elektronischen Akzenten, die allerdings keinesfalls als Fremdkörper wirken. Die Strophen sind fokussiert, der Song wirkt fast wie ein Hybrid aus modernem Metalcore und düsterem Alternative. Besonders auffällig ist die Art, wie der Refrain in eine Art kontrollierte Leere fällt. Ein kurzes Innehalten, dann zieht der Song nochmals an. Diese kleinen Brüche geben dem Album immer abermals frische Impulse.
Mit »button eyes« nehmen THE PRETTY WILD das Tempo halbwegs zurück, ohne die Intensität zu verlieren. Die Nummer wirkt introvertierter und lebt stark von Jyls Stimme, die hier einmal mehr zeigt, dass sie nicht bloß schreien, sondern auch tragen kann. Ein Track, der beim zweiten Hören größer wirkt als beim ersten, weil er sich nicht sofort komplett zeigt.
Zwischen Konfrontation und Einkehr
»priestess« schlägt anschließend deutlich härter zu. Die Riffs sind kantiger, die Shouts schärfer gesetzt, und das Schlagzeug treibt den Song approximativ unnachgiebig. Doch buchstäblich kommt dann ein melodischer Part, der die ganze Nummer ausbalanciert. Dieses Spiel zwischen Konfrontation und Einkehr ist ein Merkmal des Albums und besonders hier gut zu spüren.
»OMENS« bringt elektronische Texturen zurück ins Geschehen. Der Song hat eine latent bedrohliche Grundstimmung, die sich langsam steigert. Kein Ausbruch um jeden Preis, sondern ein kontrolliertes Anziehen der Schrauben. Es wirkt wie ein Zwischenschritt, der hingegen nötig ist, um das folgende »The Trial« umso wuchtiger zu machen. Dieses Stück ist einer der aggressiveren Momente des Albums. Es ist direkter, weniger verspielt, beinahe oldschool im Aufbau, indessen mit moderner Produktion.
»hALf aLiVE« gehört zu den melodischsten Songs der Platte. Auffällig ist die Klarheit der Gesangslinien, die im Kontrast zu den dichter gewebten Instrumentalparts stehen. Der Wechsel funktioniert hervorragend und wirkt auf keinen Fall erzwungen.
Der Gastbeitrag von MAGNOLIA PARK in »AFTERLIFE« fügt dem Album eine neue Farbe hinzu. Die Kooperation funktioniert erstaunlich gut, weil die melodischen Anteile der Gäste der Grundstimmung des Albums nicht entgegenstehen, sondern sie erweitern. Der Track wirkt wie ein kurzer Blick in eine etwas poppigere Richtung, bleibt immerhin fest im Gesamtklang verankert.
»INFRARED« dreht die Energie noch wiederholt nach oben. Einer der dynamischsten Songs des Albums, mit packendem Groove und hohem Wiederhörwert. Danach zeigt Persephone die erzählerischste Seite der Band. Der Song wirkt wie eine Reise durch mehrere emotionalen Ebenen und gehört zu den atmosphärischsten Momenten von »zero.point.genesis«.
Als physischer Bonus schließt »sLeepwALKeR« das Album ab. Die Nummer hat nahezu Traumwandlerisches, bevor sie plötzlich scharf wird. Ein spannender Abschluss, der wieder zeigt, wie viel Vielseitigkeit in dieser Band steckt.
Mischung aus Härte, Melodie und modernen Elementen
Unterm Strich wirkt »zero.point.genesis« wie ein Album, das genau weiß, was es sein will. Die Mischung aus Härte, Melodie und modernen Elementen funktioniert meist hervorragend. Nicht jeder Song zündet sofort, aber viele wachsen mit jedem Durchlauf. Mit 4 von 5 Punkten liegt die Band hier ziemlich klar im oberen Feld und bestätigt, dass sie im Metalcore-und-Alternative-Metal-Bereich ernst genommen werden sollte.
Fazit: Für Fans, die auf der Suche nach intensiven Klangwelten sind, ist »zero.point.genesis« von THE PRETTY WILD ein absolutes Muss
Tracklist
01. PARADOX
02. zero.point.genesis
03. living ded
04. button eyes
05. priestess
06. OMENS
07. The Trial
08. hALf aLiVE
09. AFTERLIFE (feat. Magnolia Park)
10. INFRARED
11. persephone
12. sLeepwALKeR (Physical Bonus)
Besetzung
Jyl Wylde – Vocals
Jules Wylde – Vocals & Guitar

