TRYGLAV, MISANTHROPIC MIGHT – 14.11.2025 – Live Review

TRYGLAV, MISANTHROPIC MIGHT, WELTENBRECHER

14.11.2025 – Live Review

Misanthropic Might Live Poster

Drei unterschiedliche Ansätze, aber vollständig im Zeichen des Black Metal: ein Abend, an dem technische Fähigkeiten, starke Atmosphären und gutes Songwriting aufeinandertrafen, und alle drei Bands in ihrer jeweiligen Form beeindruckten.

WELTENBRECHER

Die lokale Wiener Band WELTENBRECHER eröffnete den Abend. Eine junge Formation, gegründet 2024, jedoch bereits seit 2020 unter dem Namen Veloth aktiv. „True to the Chaos Void“ lautet ihre Selbstbeschreibung, und genau das spiegelt ihre auffällige, okkult geprägte Bühnenästhetik wider. Ulfheðnar, der Sänger, tritt mit priesterähnlichen Accessoires auf, inklusive eines großen Metallkreuzes, das optisch dominiert; alle Mitglieder tragen Corpsepaint.

Weltenbrecher 01

Der Konzertauftakt verlief allerdings holprig: erhebliche Verzögerungen beim Einlass und beim Start. Doch es lohnte sich zu warten. Sobald die Musik einsetzte, zeigte sich ein überraschend voller und klarer Livesound, und die Art von Black Metal, die WELTENBRECHER spielen, wirkte live deutlich überzeugender als auf dem Debütalbum „Adumbratio“ (Juli 2025). Die Live-Version ihrer Songs ist komplexer, dynamischer und deutlich schwerer als auf dem veröffentlichten Material.

Weltenbrecher 02Melodieführung und Druck überzeugten sofort. Besonders hervorzuheben ist die Gitarrenarbeit von Arzagh, dessen Solos und Lead-Linien große Wirkung entfalteten. Auch die Bühnenpräsenz von Ulfheðnar war beeindruckend. Bekannte Stücke wie das aggressive „Kathedrale“ oder „Shadows of Prypjat“ wurden vom Publikum sofort erkannt, darunter auch Freunde und langjährige Unterstützer der Band. Ulfheðnar entpuppte sich als starker Frontmann, der das Publikum bewusst einband. Valravn lieferte am Schlagzeug einen klaren, dynamischen Klang; einzig die Keyboards waren zu leise gemischt, was schade war, da ihr Beitrag essenziell ist.

Die Zwischenansagen wirkten wie Predigten in einer finsteren Kapelle – ein Effekt, der durch Hall und Atmosphäre intensiviert wurde. „Depression“ brachte einen deutlich introspektiveren, melodischeren Moment, weit weniger schwarzmetallisch als auf Platte, aber dennoch wirkungsvoll. Ähnlich verhielt es sich mit „Alone in the Forest“: weniger Black Metal, dafür aggressiver und grooviger. Auch in ruhigeren Passagen behielten sie Präsenz, doch die schweren Momente funktionierten live wesentlich besser.

Insgesamt boten WELTENBRECHER starke Rhythmen, gute Melodien und solide Kompositionen. Eine sehr talentierte Band mit sympathischer Ausstrahlung, die ein überzeugendes und hochwertiges Set spielte. Sehr gut.

MISANTHROPIC MIGHT

Für viele Besucher waren MISANTHROPIC MIGHT die eigentlichen Headliner des Abends, nicht zuletzt wegen des neuen Albums „Qualzucht“, das hier offiziell präsentiert wurde. Die Band setzt auf eine starke visuelle Identität, mit Corpsepaint und Masken, die ihre Bühnenpersona verstärken.

Misanthropic Might 01

Die Stimmung war von Beginn an entspannt: Scherze, gemeinsames Biertrinken mit dem Publikum – eine vertraute Nähe, wie sie für lokale Kultbands typisch ist. MISANTHROPIC MIGHT sind eine selten auftretende Wiener Institution, das Black-Metal-Pendant zur bekannteren Band Parental Advisory. Beide teilen technische Präzision und einen sehr engen Bandsound. Und ja, auch die Aufteilung der Vocals zwischen Haupt- und Backingstimme erinnert an das Schwesterprojekt. Doch an diesem Abend zeigten MISANTHROPIC MIGHT sich publikumsnäher und zugänglicher – sicherlich auch situationsbedingt.

Misanthropic Might 02Musikalisch boten sie extrem aggressive, zugleich hochwertige Songs. Am härtesten Ende des Black Metal angesiedelt, aber fest im traditionellen Klang verankert, lieferten sie starke Riffs von Maschine (Otto), komplexe Lead-Arbeit von Sic und das präzise, unermüdliche Schlagzeugspiel von Slavetrader. Zentral blieb jedoch Purgatory (Marathon), dessen schrille, zielgenaue Schreie und sein präzises Bassspiel den Kern des Auftritts bildeten. Technisch konnten alle erneut voll überzeugen.

Der Set konzentrierte sich auf das aktuelle Album „Qualzucht“, das den etablierten Bandsound konsequent weiterführt. Live wirkten die neuen Songs noch druckvoller. Die Instrumentierung war eng verzahnt und hochpräzise, die beiden Stimmen harmonierten hervorragend: Sics tiefer, dunkler Hintergrundgesang setzte die nötigen Kontraste zu Purgatorys expressiven Schreien.

Das Publikum erlebte tatsächlich eine Wand aus Sound: mehr als nur Black Metal, zugleich melodisch und massiv. Die Drums lagen etwas im Hintergrund, aber funktionierten dennoch gut – die Gitarren und der Bass erhielten den nötigen Raum. Otto blieb wie immer im Hintergrund konzentriert, aber akustisch essenziell. Sic überzeugte mit beeindruckender Technik, egal ob Solos, Tremolo-Picking oder Rhythmusarbeit. Eine äußerst professionelle Band.

MISANTHROPIC MIGHT erwiesen sich erneut als Schatz der Wiener Underground-Szene. Das Publikum reagierte leidenschaftlich: Schreie, Fäuste, Applaus, Begeisterung durch das gesamte Set. Nach dem angekündigten letzten Stück „Morningstar“ wurden sie vom frenetischen Jubel zurück auf die Bühne geholt. Mit „1679“, einem ihrer stärksten Stücke, und „The Harvest“, einem Höhepunkt des neuen Albums, endete ein auf ganzer Linie beeindruckendes Black-Metal-Set.

Setlist

01. Praeludium Excruciationis
02. Pestgrube
03. Succubus Witchcraft
04. Those Who Judge
05. Deathbell
06. Feindt
07. Flakturm
08. Qualzucht
09. Menschenhasser
10. Misanthropic War
11. Morningstar
12. 1679 (Der schwarze Tod)
13. The Harvest

TRYGLAV

Die Messlatte lag nach den beiden ersten Bands sehr hoch. TRYGLAV, als nominelle Headliner angekündigt, mussten dieses Niveau halten, um ihre Position zu bestätigen.

Tryglav 02

Interessanterweise bauten sie die Bühne vollständig um: Alles wurde entfernt, nur ein Teppich mit Markierungen unter dem Drumset und ein Mikrofon blieben. Keine Monitore, keine Kabel, alles drahtlos – sehr modern. Auch auf einen Soundcheck verzichteten sie.

Tryglav 03Der Auftritt begann mit elektronischen Samples und einem stark synthetischen Intro. Musikalisch lag ihr Stil genau zwischen den ersten beiden Bands: melodisch, aber mit aggressiven Ausbrüchen, dazu eine atmosphärisch orientierte Spielweise. TRYGLAV ist das Solo-Projekt von Boris Behara, der für sämtliche Musik der Studioalben verantwortlich ist. Das Projekt bewegt sich zwischen Italien und Norwegen, wird aber meist als kroatische Band geführt und existiert seit 2018. Zwei Alben haben ihnen bereits eine solide Fangemeinde und sehr positive Kritiken eingebracht.

Live überzeugten sie mit inspirierten Akkorden, guten Melodien, Tremolo-Linien und sehr dynamischem Schlagzeugspiel. Timo Kosi lieferte eine extrem talentierte und professionelle Performance, auch wenn die Drums zu laut im Mix lagen. Giuseppe Taormina an der Gitarre – ein erfahrener Musiker aus Projekten wie Ellende, Metalucifer, Crystal Viper oder früher Xenos A.D. – war ein zentrales Element des Auftritts. Auch Bassist Uroš Apat beeindruckte durch Spiel und starke Bühnenwirkung. Doch die dominante Präsenz blieb Boris Behara, stimmlich und als Frontmann.

Tryglav 04Der Set konzentrierte sich auf das aktuelle Album „The Ritual“. Stücke wie „Under My Skin“ oder „The Evocation“ zeigten das typische Wechselspiel zwischen Tempo und Melodie, zwischen aggressiven und atmosphärischen Passagen. Der Livesound hatte weniger Druck als auf dem Album, und im Vergleich zu MISANTHROPIC MIGHT war spürbar weniger Kraft vorhanden. Moderne Technik brachte zudem Probleme: zeitweise fiel der Bass aus, später versagte das Mikrofon, sodass ein halber Song ohne Vocals blieb. Doch letztlich beeinträchtigte dies das Set nicht wesentlich.

In der zweiten Hälfte des Auftritts wurden die Songs schwerer und intensiver. „The Redemption“ beeindruckte durch enorme Gitarrenwucht und ein sehr agiles Schlagzeugspiel. Behara zeigte starke vokale Dynamik zwischen Schreien und hohen, klagenden Screams. „Night of Whispering Souls“, einer ihrer beliebtesten Titel, bildete den überzeugenden Abschluss. Sehr gute Musiker, sehr gute Musik, ein eindrucksvolles und stimmiges Set.

Tryglav 05

Der Abend zeigte drei sehr unterschiedliche Facetten aktuellen Black Metals und wie unterschiedlich dieses Genre live funktionieren kann. WELTENBRECHER präsentierten sich als junge, ambitionierte Band mit starkem Auftreten und musikalischer Entwicklung, die auf der Bühne deutlich an Tiefe gewinnt. MISANTHROPIC MIGHT lieferten den intensivsten und technisch stärksten Auftritt, getragen von Routine, Erfahrung und einem klar ausgearbeiteten Stil, der live noch schärfer wirkt als auf Platte. TRYGLAV rundeten den Abend mit einer modernen, vielseitigen Interpretation des Genres ab, musikalisch detailreich und getragen von einer beeindruckenden Musikerbesetzung, auch wenn technische Probleme und eine weniger wuchtige Abmischung den Gesamteindruck etwas bremsten. Zusammen ergab das ein vielfältiges Live-Panorama, das eindrucksvoll zeigte, wie unterschiedlich Black-Metal-Bands heute an Klang, Atmosphäre und Ausdruck herangehen.

Setlist

01. Intro
02. The Ritual
03. Under My Skin
04. Deadline
05. Evil Dead
06. The Plague
07. The Evocation
08. The Vengeance
09. The Repentance
10. The Vision
11. The Redemption
12. Night of Whispering Souls

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