2025 brachte eine große Anzahl starker Veröffentlichungen hervor, von denen viele bereits frühzeitig auf Metalunderground besprochen wurden. Einige Alben jedoch blieben – aus unterschiedlichen Gründen – ohne Review. Zum Jahresende greifen wir diese Veröffentlichungen noch auf. Diese Retro-Reviews verstehen sich nicht als Korrektur, sondern als Ergänzung: Alben, die inhaltlich, stilistisch oder innerhalb ihres jeweiligen Genres Gewicht haben und das musikalische Profil des Jahres entscheidend mitgeprägt haben.
Das zweite Album der Grazer Band PILLARS OF CACOPHONY überrascht die Metal-Welt mit der Veröffentlichung von „Paralipomena“ – ein qualitativ sehr hochwertiger Technical Death Metal, eine Demonstration nicht nur von technischem Können, sondern auch mit guten Kompositionen und unvergesslichen Songs.
Disharmonisch, dissonant und technisch beeindruckend
Sehr disharmonisch, dissonant und ja, kakophonisch, aber sehr schwer und technisch eröffnet das Album mit „Of Plaques and Fibrils„. Mit kraftvollen Basslinien, scheinbar chaotischem Rhythmus, aber in den multiplen Tempowechseln, mit denen PILLARS OF CACOPHONY aufwarten, hält die Rhythmussektion konstant ein gutes Tempo und ergänzt die dissonanten Gitarren und Growling-Vocals. Am Rande von Technical Death Metal neigt sich die Musik zu zeitgenössischer Musik mit Jazz-Einflüssen – komplex und fordernd für den Hörer.
PILLARS OF CACOPHONY kommen aus Graz, tatsächlich ein Ein-Mann-Projekt von Dominik (Seduced, ex-Exanimalis), der alle Instrumente und Vocals spielt. Extrem talentierter Multiinstrumentalist, Dominik ist verantwortlich für alles rund um die Band, inklusive Songwriting und Texte, und er beeindruckt wirklich mit so komplexen und gut ausgeführten Kompositionen. 2020 gegründet, mit einem bereits im Jahr nach der Gründung veröffentlichten Album, offiziell beschrieben als Death/Black Metal, aber eine Musik, die so viele verschiedene Genres einbezieht. Ein interessantes Detail: Die Serie von Kreisen auf dem Album-Cover ist tatsächlich der Bandname geschrieben in Circular Gallifreyan, dem Schriftsystem aus dem Doctor-Who-Universum.
Der Begriff ‚Kakophonie‘ – vom griechischen ‚kakos‘ (schlecht) und ‚phone‘ (Klang) – beschreibt eine bewusst harte, dissonante Klangmischung. Genau das macht PILLARS OF CACOPHONY: absichtliches Aufeinanderprallen von Noten und Akkorden, um Chaos und Spannung zu erzeugen. Das Gegenteil von Euphonie eben.
Crescendo und bemerkenswerte Lead-Gitarren
Langsamere Eröffnungsakkorde in „4°C„, aber chaotische Rhythmen kehren bald zurück, mit soliden Riffs und massiver Instrumentierung. Eine Lead-Gitarre bringt einen Hauch Melodie ins Chaos. Ein Crescendo lässt den Hörer auf das entscheidende Riff warten, das den gut konstruierten und komponierten Song krönt. Verhallte Gitarren, von Doom-artigen Rhythmen zu entschiedenen, gnadenlosen – eine bemerkenswerte Lead-Gitarre kehrt immer wieder mit großer Wirkung zurück. Ein beeindruckender Song.
„The Cradle“ ist ein direkterer Song, aber ergänzt mit melodischen atmosphärischen Passagen, minimale Instrumente, aber wieder eine beeindruckende Demonstration von Technik und Kompositionsfähigkeiten. Massive Growls, sehr imposant, auch ein sehr guter Bass, und wie wir es gewohnt sind, bringt die Lead-Gitarre eine leicht melancholische Stimmung in den Song. Eine klarere melodische Struktur in der ziemlich chaotischen Klanglandschaft des Albums. Ein beeindruckender Song, ein Höhepunkt.
Die Produktion ist exzellent, die Fülle an Sounds und Instrumenten ist so gut ausbalanciert und kreiert einen kohärenten Sound. Als Ein-Mann-Projekt ist Dominik auch verantwortlich für Produktion, Mixing und Mastering. Und er hat einen sehr guten Job gemacht, alle Noten fallen genau an ihren Platz, der Sound ist sehr ausbalanciert. Die Aggression der Songs ist sehr gut eingefangen, aber auch die melodischen Momente ins Gesamtbild integriert. Professionell, die Produktion hilft enorm, dass der Sound voll und kohärent ist.
Jazz-Momente und überwältigende Instrumentierung
Mit einem melodischeren Start kommt „Retina“ wieder langsamer, scheinbar mit einer fast stillen Passage, aber genutzt als ein Moment der Spannungsaufbau, der bald in einer virulenten und dissonanten Gitarrenserie von Riffs und sehr tiefen Vocals explodiert. Technical Death Metal im Kern, ein guter Song.
„Mitosis“ wieder eine klarere Komposition – sicher bedeutet das nicht, dass alle chaotischen Sounds verschwunden sind. Ein Jazz-Moment in der Mitte des Songs gibt so eine kraftvolle Stimmung mit der delikaten Gitarre und kraftvollem Bass-Sound, der den Sound vervollständigt. Ein weiterer Höhepunkt.
„Cachexia“ bringt den aggressiven Sound zurück, der wieder auf ein Minimum reduziert wird, nur um wieder in Gewalt zu explodieren. Sehr dynamisch, ein höheres Uptempo nach langsameren vorherigen Songs, schnelle und sehr klare Riffs, dissonant und disharmonisch im Kern, mit geschrienen Vocals und überwältigender Instrumentierung. Schnelles Drumming, makabre Atmosphäre, ein sehr schwerer und erdrückender Song, aber gleichermaßen beeindruckend. Ein ähnlicher Ansatz in „Landscapes of Permanence“ – klare Riffs und Rhythmen wechseln sich mit ambienteren Passagen ab.
Massiver Bass und mahlende Rhythmen kommen in „The Discord„, ein voll aggressiver Track, ein weiteres Beispiel für viel Ordnung in einer umgebenden chaotischen Klanglandschaft, und es ist ein willkommener Wechsel mit den langsameren Doom-Rhythmen, hämmernden Drums, surrenden Riffs und delikaten, distanzierten Lead-Gitarren-Noten. Final Song „Maps of Disintegration“ mit zerrissenen Riffs, aber atmosphärischere Sounds kehren bald zurück. Komplexes Klavierspiel beendet das Album, kontrastiert mit dem Gesamtsound, aber wie das ganze Album ist Kontrast ein Schlüsselwort, um die Musik zu beschreiben.
Komplexe Hörerfahrung mit beeindruckenden Fähigkeiten
„Paralipomena“ ist so eine komplexe und vollständige Hörerfahrung, so eine Demonstration von technischem Können und kompositorischem Handwerk. Der Sound ist nie fade, auch wenn es ruhigere Momente gibt, das sind nur kurze – die Musik kehrt immer zur Komplexität zurück, zu mehrschichtigem Sound und verflochtenen Akkorden, alles verbunden mit natürlichen Übergangsmomenten. Der Flow ist konstant und sehr dynamisch. Sehr chaotisch und kakophonisch, dennoch so fokussiert, beeindruckende kompositorische Fähigkeiten und so gut ausgeführt.
Kein einfaches Hören, aber ein Album, das mit jedem Durchlauf wächst. Eine verstörende und unbequeme Atmosphäre für die meiste Zeit und verblüffende Strukturen, sehr kompliziert – sie offenbaren langsam die wirklich großartige Musik hinter dem scheinbaren Chaos. Sehr schwerer Sound, eine wilde und chaotische Atmosphäre, wild und brutal. Ein Muss für jeden, der komplexen Death Metal mag und die Musik von PILLARS OF CACOPHONY noch nicht gecheckt hat – ein wichtiges Album in der Gesamtlandschaft 2025.
Fazit: PILLARS OF CACOPHONY präsentieren mit „Paralipomena“ eine beeindruckende Technical Death Metal Reise – technisch, brutal und kompositorisch beeindruckend.
Tracklist
01. Of Plaques and Fibrils
02. 4°C
03. The Cradle
04. Retina
05. Mitosis
06. Cachexia
07. Landscapes of Permanence
08. The Discord
09. Maps of Disintegration
Besetzung
Dominik – All instruments, Vocals
Guitar solo on „Mitosis“ by Markus Steinrück

