Formlos – Dein Platz

Formlos – Dein Platz

formlos - dein platz - album cover

Band: Formlos
Titel: Dein Platz
Label: Boersma-Records
VÖ: 04. Juni 2021
Genre: deutschrockige Kunstgeschichte

 

Bewertung:

2/5

Nie war es auf diesen Seiten einfacher, als Deutschrockkapelle ordentlich wegzukommen!
Und zwar, weil ich als einziger wirklicher Symphatisant in der Redaktion mir mittlerweile alle Promos aus diesem Genre unter den Nagel reiße. Und meine Ansprüche sind diesbezüglich auch nicht hoch:
Ein wenig (Schein-) Revoluzzertum, gute griffige Riffs, ein wenig Gruppennarzissmus und wenn möglich ruhig ein paar genrefremde Einflüsse mitverwursten, fertig ist der Lack.
Und an sich machen die Jungs aus meiner ehemaligen Heimat Sachsen – Anhalt da einiges richtig. Das Eröffnungsstück bietet die typische „Wir halten alle zusammen“ – Thematik und geht ganz gut ab, der Text im folgenden Missgeschick hat leichte philosophische Anwandlungen und bietet angenehm reinlaufenden Radiorock mit gewohnten „Oho“- Chören und ein belangloser, jedoch gut gespielter Sommersong im Die Ärzte – Stil wie Party am Strand tut auch keinem weh.
Des weiteren gibt es leichte Modern Metal – Einschläge in Hasta La Vista, guten Sprechgesang in Still, Ska in Nie wieder? Mal wieder!, man könnte also voll des Lobes sein.

Doch ab Helga wird klar, dass es textlich nicht besser wird. Sich bei den Vorbildern zu bedienen ist legitim, aber der Text mit dem Humor aus meiner Jugend (und ich stehe kurz vor der Vierzig!),
der weder damals besonders lustig war noch heute ist, hat aktuell nicht einmal Studentenhumor – Niveau. Oder dieser ist so lustig wie Was ich darf sensationell rebellisch ist. Apropos rebellisch:
Deine größten Helden verteidigt die Videospielgeneration, die angeblich starker Kritik ausgesetzt ist.
Wo man früher die Gewalt auf den Straßen, politische Extreme oder relevante Gesellschaftsmissstände zum Thema hatte, sind es heute also Sprüche wie „Du musst mal an die frische Luft!“ oder „Deine Augen sind schon viereckig!“? Wer soll das bitte ernst nehmen?

Im anschließenden Nie wieder? Mal wieder! scheitert man abermals am Versuch lustig zu sein und legt den debilsten Text der letzten Jahre im Deutschrock vor. Selbst Fans in der Pupertät, die ich anhand der meisten Texte als die Hauptzielgruppe vermute, finden das Stück wahrscheinlich eher zum Fremdschämen.
Das mit Coldplay – Rhythmen überzeugende Tagebuch sowie auch das sehr gelungene Alles halb so schlimm sind danach drauf und dran, das Album noch zu retten, doch dann kommt mit Still das Referenzstück schlechthin, denn es spiegelt das Problem der Platte gut wieder:

Musikalisch ist hier von Durchschnitt bis großartig alles drin, aber textlich gibt es zumeist Humor der nicht greift oder Gejammer über alltägliche Normalitäten und Luxusprobleme.
So langsam wird es qualitativ eng im Deutschrock, auch wenn ich hier öfter an Bands wie Die Ärzte oder Böhse Onkelz, Freiwild, Troopers, Artefuckt und Unherz denke. Allerdings im Zusammenhang mit einem Zitat, welches dem eisernen Kanzler zugeschrieben wird:

„Die erste Generation schafft Vermögen, die zweite verwaltet Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte, und die vierte verkommt vollends.“

DEIN PLATZ verwaltet gelegentlich recht ordentlich, ist aber leider überwiegend Kunstgeschichte!

Tracklist

01. Dein Platz
02. Missgeschick
03. Party am Strand
04. Helga
05. Was ich darf
06. Deine größten Helden

07. Nie wieder? Mal wieder!
08. Tagebuch
09. Alles halb so schlimm
10. Still
11. Ein Leben lang
12. Hasta la vista

Internet

Formlos – Dein Platz CD Review

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