NOISE TRAIL IMMERSION melden sich zurück mit Tutta La Morte In Un Solo Punto – einem höllischen und unnachgiebigen Album, das den Hörer direkt in den Abgrund zieht.
Dissonanter, aggressiver Sound, komplexe Kompositionen und eindrucksvokale Gesangsarbeit
Ein sehr direkter Einstieg ins Album. „Divampa L’Ignoto“ ist dissonant, lärmend und aggressiv – genau das, was man von einer Mathcore-Band mit Post-Black-Metal-Einschlag erwarten darf. Natürlich gibt es zahlreiche Tempowechsel, dazu verzweifelte, gequälte Vocals und ein nicht-melodisches Gitarrensolo. Und dennoch: Der Song strahlt rohe Energie und Leidenschaft aus.
„Spire Di Sangue“ ist deutlich langsamer und legt den Fokus auf Atmosphäre – eine bedrückende, geradezu erdrückende. Der Song wirkt etwas melodischer, bleibt aber intensiv. Wieder stehen die gequälten Vocals im Zentrum, dazu technisch anspruchsvolle Gitarren und ein komplex arbeitendes Rhythmusfundament. Die Post-Black-Metal-Elemente dominieren das Klangbild. Ein beeindruckendes Stück mit einer verstörenden, obsessiven Stimmung – ein Highlight des Albums.
NOISE TRAIL IMMERSION stammen aus Turin und existieren bereits seit 2013. Mit Alben wie Symbology of Shelteroder oder Curia, die sowohl von Kritikern als auch von Fans hoch geschätzt wurden, hat sich die Band einen Namen gemacht. Tutta La Morte In Un Solo Punto stellt den bislang gereiftesten Punkt ihrer Diskografie dar – trotz (oder gerade wegen) des ambitionierten Anspruchs, über ein Jahrzehnt musikalischer Entwicklung in einem einzigen Werk einzufangen.
Direkt an den vorherigen Track anknüpfend, führt „Arde E Respira“ den eingeschlagenen Weg konsequent weiter. Wieder ein starker Song, etwas melodischer angelegt. Die vertrackten, zerklüfteten Rhythmen erzeugen ein Gefühl permanenter Anspannung und Wut. Das Album bleibt stilistisch auf dieser Linie: verstörende Stücke, komplexe Kompositionen. „Lo Spettacolo“ fällt insbesondere durch seine facettenreichen und eindringlichen Vocals auf.
Technische, chaotische Klanglandschaften mit dominanten Gitarren und Vocals
Die Produktion folgt den typischen Genrestandards: klar, auf Kontraste ausgerichtet, mit starkem Fokus auf Lärm und Dissonanz. Die Gitarren klingen roh, ambientartige Klänge sind deutlich zu hören – das erzeugt eine chaotisch-atmosphärische Klanglandschaft. Die Band agiert technisch auf hohem Niveau, Gitarren und Gesang dominieren das Geschehen, während das Schlagzeug kaum durchzudringen scheint.
Mit „Sogno A Sé Stante“ folgt dann ein radikaler Bruch. Fast schon ein akustisches Stück – ein Moment der Ruhe mitten im Chaos. Die Vocals klingen wie ein ferner Nachhall, kaum hörbar. Auch „Culla E Bara“ bleibt zunächst ruhiger, mit komplexer Instrumentierung und eindrucksvollem Gesang. Gegen Ende kehrt der Wahnsinn zurück.
„Finzione“ beginnt erneut dissonant, diesmal stehen kreischende Gitarren im Vordergrund. Eine clevere und gelungene Methode, das Klangbild leicht zu verschieben. Melodische Momente tauchen auf in einem Meer aus Dissonanzen – ein starker Song. „Precipizio Consapevole“ behält diesen Ansatz bei: Nach anfänglichen melodischen Ansätzen entwickelt sich der Song in eine introspektivere Richtung – trotz Screams und einem obsessiven Gitarrensolo mit Picking-Technik.
Drei Gründungsmitglieder sind weiterhin Teil der Band: Daniele Vergine (Gitarre), Lorenzo Sirotto (Bass) und Fabio Rapetti (Gesang). Sie bilden das kreative Zentrum und zeichnen für die Kompositionen verantwortlich. Ergänzt wird das Line-up durch Nebil Jabnoun (Gitarre) und Simone Crivello (Schlagzeug).
Ein reifes Album mit kontrolliertem Chaos
„Tutta La Morte In Un Solo Punto“ – Titeltrack und gleichzeitig letzter Song des Albums – ist kompositorisch nochmals komplexer aufgebaut. Unterschiedliche Gesangsstile wechseln zwischen Screams und Growls und fungieren dabei als ordnendes Element im Songgefüge. Die orchestrale Ausarbeitung neigt hier mehr in Richtung Post-Metal, mit einem fast schon ambientartigen Finale, das von abrupten Klangabbrüchen durchzogen ist – fast wie technische Störungen. Doch hinter den Lärmeffekten steckt ein durchdachtes musikalisches Konzept. Besonders die leidvollen, eindringlichen Vocals bleiben im Gedächtnis.
Im Rhythmus wechselt das Stück zwischen getragenen Passagen und dynamischeren Abschnitten – ein Versuch, dem chaotischen Klang eine gewisse Ordnung zu verleihen. Und tatsächlich: Zum Ende hin verdichten sich alle Elemente in einer klareren, strukturierteren Melodielinie. Das wirkt wie ein Umkehrpunkt – ein Streben nach Entwicklung, das nicht durch die Unterdrückung des Chaos, sondern durch seine bewusste Auseinandersetzung erreicht wird.
Ein Album, das eine gereifte Band zeigt, die sich über die Jahre ein solides Fundament erarbeitet hat. Tutta La Morte In Un Solo Punto ist ihr aggressivstes und gleichzeitig kompositorisch anspruchsvollstes Werk. Chaos ist nach wie vor zentrales Element – aber gezielter kanalisiert. Die Vocals decken eine breite Palette ab, von gequälten Black-Metal-Screams bis zu gutturalen Death-Metal-Growls. Die Gitarrenlinien sind komplex, aber eingängig, mit raffinierten Harmonien und einem ständigen Wechsel der stilistischen Herangehensweise. Ambient-Elemente bewegen sich zwischen Dissonanz und Melodie.
Fazit: Ein wütendes, technisch brillantes Klangchaos mit Tiefe und Struktur – NOISE TRAIL IMMERSION auf einem neuen Level.
Tracklist
01. Divampa L’Ignoto
02. Spire Di Sangue
03. Arde E Respira
04. Lo Spettacolo
05. Sogno A Sé Stante
06. Culla E Bara
07. Finzione
08. Precipizio Consapevole
09. Tutta La Morte In Un Solo Punto
Besetzung
Daniele Vergine – Guitars
Lorenzo Sirotto – Bass
Fabio Rapetti- Vocals
Simone Crivello – Drums
Nebil Jabnoun – Guitars