Mit »Make Mittelalter Great Again« veröffentlicht die norddeutsche Mittelalter-Rockband VOGELFREY ihr neuestes Studioalbum – und bleibt sich dabei weitgehend treu. Zwischen Geigenriffs, Celloklängen und modernem Rocksound bewegt sich das Sextett erneut in dem Spannungsfeld zwischen Tradition und Zeitgeist, das sie seit über einer Dekade prägt. Der provokante Titel des Albums deutet bereits an, dass es der Band nicht um Nostalgie, sondern um eine augenzwinkernde Neuinterpretation des Genres geht.
Mischung aus kraftvollem Folk-Rock, metallischen Einflüssen
Das aktuelle Line-up besteht aus Jannik Schmidt (Gesang), Dennis Walkusch (Gitarre), Christopher Plünnecke (Bass), Johanna Heesch (Cello), Alexander Suck (Violine) und Dominik Christiansen (Schlagzeug). Gemeinsam präsentieren sie eine Mischung aus kraftvollem Folk-Rock, metallischen Einflüssen und humorvoll-ironischen Texten, die das Mittelalter-Thema in ein modernes Klanggewand kleiden.
Schon beim eröffnenden Titeltrack »Make Mittelalter Great Again« wird deutlich, worum es VOGELFREY geht: ein energiegeladener, hymnischer Einstieg, der mit verzerrten Gitarren und treibender Geige arbeitet. Der Song verbindet klassische Rockstrukturen mit folktypischen Melodien, ohne zu sehr in Klischees zu verfallen. Die Produktion ist klar und druckvoll, wobei vor allem die Streicher deutlich im Vordergrund stehen.
Im Vergleich zu früheren Alben wirkt der Sound insgesamt moderner, dichter und etwas härter. Das Zusammenspiel von Violine und Cello mit E-Gitarre und Schlagzeug schafft eine dichte Textur, die live sicherlich gut funktionieren dürfte. Gleichzeitig bleibt Raum für akustische Passagen, die den typischen VOGELFREY-Charakter bewahren.
Satirische Überzeichnung
Inhaltlich bewegen sich die Texte erneut zwischen satirischer Überzeichnung, Alltagsbeobachtung und gesellschaftskritischen Momenten. Songs wie »Nein, Mann!« und »Alle sagen das« greifen moderne Floskeln und Verhaltensmuster auf – mit einem ironischen Unterton, der an frühere Werke der Band erinnert. Dabei gelingt es VOGELFREY, das Spagat zwischen Unterhaltung und Reflexion zu halten, ohne in moralische Belehrung abzurutschen.
Mit »Trollwut« und »Nacht über Leben« finden sich zwei Stücke, die eher in die dunklere, mystischere Richtung gehen. Hier dominiert ein düsterer Grundton, unterstützt von tiefem Cello und rhythmischer Percussion. »Trollwut« überzeugt durch seine dynamische Steigerung und den charakteristischen Wechsel zwischen aggressiven und verspielten Momenten.
Der Song »How Much Is the Fish?« dürfte dagegen als augenzwinkernde Hommage an SCOOTER verstanden werden – oder zumindest als bewusste Provokation. Ob man diesen humorvollen Bruch als gelungen empfindet, hängt vom persönlichen Geschmack ab. Musikalisch ist der Track solide umgesetzt, textlich aber eher als Gag einzustufen.
Interessant sind die Versuche, neue Einflüsse in das bekannte Klangbild zu integrieren. So wagt sich die Band in »Mittelalter Dance Metal« an eine Mischung aus elektronischen Beats und Folk-Elementen, die überraschend gut funktioniert. Der Song wirkt wie ein Experimentierfeld, auf dem VOGELFREY ihre Grenzen austestet, ohne den roten Faden zu verlieren.
»Gott Mensch« wiederum zeigt eine ernstere Seite der Band. Hier werden religiöse und moralische Themen aufgegriffen, eingebettet in ein wuchtiges Arrangement. Die Violine übernimmt eine tragende melodische Rolle, während Gesang und Percussion den dramatischen Charakter verstärken.
Im späteren Verlauf des Albums sorgen Stücke wie »Dr. met« und »Kloppt euch doch« für die typischen VOGELFREY-Momente: humorvoll, energetisch und mit eingängigen Refrains versehen. Der Abschluss »Dunkelheit« rundet das Album mit einem nachdenklicheren Ton ab – atmosphärisch dicht und mit einem gelungenen Spannungsbogen, der das Werk harmonisch ausklingen lässt.
Verbindung aus rockiger Härte, mittelalterlichen Instrumenten und ironischen Texten funktioniert weiterhin gut
Mit »Make Mittelalter Great Again« legen VOGELFREY ein solides Album vor, das ihre bisherigen Stärken bestätigt und punktuell neue Impulse setzt. Die Verbindung aus rockiger Härte, mittelalterlichen Instrumenten und ironischen Texten funktioniert weiterhin gut. Besonders die instrumentale Vielfalt und die professionelle Produktion sorgen für ein rundes Gesamtbild.
Allerdings bleibt die große Überraschung aus: Trotz einiger Experimente wirkt vieles vertraut, manche Songideen scheinen Variationen früherer Themen. Die Balance zwischen Humor und Tiefgang gelingt zwar meist, nichtsdestoweniger stellenweise fehlt es an emotionalem Risiko.
Insgesamt ist »Make Mittelalter Great Again« ein Album, das Fans der Band zufriedenstellen dürfte, ohne neue Maßstäbe zu setzen. VOGELFREY beweisen erneut, dass sie ihr Handwerk verstehen – und liefern ein Werk ab, das die Mittelalter-Rock-Szene zwar nicht revolutioniert, im Gegensatz hierzu auf hohem Niveau unterhält.
Fazit: VOGELFREY gelingt es mit »Make Mittelalter Great Again«, das Mittelalter mit einem modernen Twist neu zu interpretieren.
Tracklist
01. Make Mittelalter Great Again
02. Nein, Mann!
03. Alle sagen das
04. Trollwut
05. Nacht uber Leben
06. How much is the Fish?
07. Gott Mensch
08. Mittelalter Dance Metal
09. Dr. met
10. Kloppt euch doch
11. Dunkelheit
Besetzung
Jannik Schmidt – Vocals
Dennis Walkusch – Guitar
Christopher Plünnecke – Bass
Johanna Heesch – Cello
Alexander Suck – Violin
Dominik Christiansen – Drums

