Wenn man Death-Metal hört, denkt man automatisch an brutale Riffs, tiefe Growls und eine unverblümte Aggression, die direkt ins Mark trifft. Mit ihrem aktuellen Album »Antihuman Artist« liefern WOUNDED IN FOREST genau das – und noch ein bisschen mehr. Die Band aus Finnland zeigt, wie man das Genre nicht nur bedient, sondern ihm neue Nuancen verleiht.
Das Line-up bleibt stabil und bestens eingespielt: Joni Moisanen übernimmt den Gesang und die Gitarren, unterstützt von Joonas Kokkoniemi an der Gitarre. Miikka Pyykkönen sorgt am Bass nicht bloß für den tiefen, druckvollen Unterbau, sondern steuert gelegentlich auch Gesang bei. Jussi Tuomisto schließlich hält am Schlagzeug alles zusammen, mit präzisem Blastbeat-Spiel und einem Timing, das die gnadenlose Dynamik der Songs perfekt trägt. Dieses Zusammenspiel ist sofort hörbar – die Musiker verstehen einander blind und das wirkt auf »Antihuman Artist« wie eine gewachsene Einheit, die jeden Song trägt.
Gitarren wälzen sich wie eine dunkle Flut
Schon der Opener »The Growth« ist ein Statement. Die Gitarren wälzen sich wie eine dunkle Flut über die Rhythmussektion, während Moisanens tiefe Growls eine Atmosphäre schaffen, die gleichzeitig bedrückend und magnetisch ist. Die Band nutzt hier nicht isoliert Brutalität als Mittel, sondern setzt subtile Nuancen ein: kleine Tempowechsel, dissonante Harmonien und dynamische Pausen sorgen dafür, dass der Song mehr ist als eine simple Ansammlung von Riffs. Es ist der Auftakt zu einem Album, das in sich geschlossen wirkt, aber nie eintönig wird.
»Take the Son of a Bitch« treibt diese Intensität weiter. Hier wird die rohe Gewalt mit einer annähernd punkigen Direktheit kombiniert. Das Schlagzeug hämmert unbarmherzig, die Gitarren schneiden sich durch die Mixebenen, und der Gesang schwankt zwischen growlendem Untergang und wütendem Schreien. Man spürt die Energie der Band, die scheinbar jede Note aus sich herauspresst, ohne dass es nach Mühe aussieht. Gleichzeitig zeigt sich eine gewisse Struktur, die den Song nicht uneingeschränkt zu einem wilden Gebräu macht, sondern zu einem präzisen geschnitzten Angriff auf die Sinne.
Mit »Virent Carnes« wird die dunkle, beinahe schon morbide Seite von WOUNDED IN FOREST sichtbar. Das Stück ist langsamer, bedrohlicher, approximativ hypnotisch. Hier zeigt sich, dass die Band mehr kann als unbedeutend Geschwindigkeit und Brutalität. Kleine melodische Motive, die sich zwischen den dröhnenden Riffs verstecken, sorgen für Spannung und geben dem Song eine unterschwellige Dramatik. Man merkt, dass die Band über das Genre hinausdenkt, ohne es zu verraten.
Gebündelte Energie
»Godspeed Filthy Warrior« dagegen ist wieder ein schnellerer, härterer Track, der klassische Death-Metal-Elemente aufgreift, ohne dabei altbacken zu wirken. Die Gitarrenarbeit ist hier besonders hervorzuheben: Moisanen und Kokkoniemi ergänzen sich perfekt, wechseln zwischen brutalem Power-Chording und schnelleren Lead-Passagen, die das Ohr fordern und gleichzeitig fesseln. Die rhythmische Basis aus Bass und Schlagzeug hält alles zusammen und gibt den Songs eine klare Richtung, wenngleich sie durch die komplexen Riffs vielschichtig wirkt.
Mit »Altar of Needles« geht die Band in eine experimentellere Richtung. Das Tempo wechselt, die Stimmung schwankt zwischen bedrückender Dichte und angenähert doomartigen Momenten. Es ist ein Song, der zeigt, dass WOUNDED IN FOREST nicht in einem Schema gefangen ist. Die Band wagt kleine Brüche im Songaufbau, die hingegen immer organisch wirken, niemals erzwungen.
Den Abschluss bildet »The Last Leg«, ein Stück, das die bisherige Energie bündelt und noch einmal alles gibt, was die Band auszeichnet: Wucht, Präzision, Atmosphäre. Der Song wirkt wie ein finales Statement – hier klingt die Band nicht allein wütend, sondern daneben selbstbewusst, streckenweise reflektierend. Es ist ein Abschluss, der das Album rund macht und den Hörer erschöpft, im Kontrast hierzu zufrieden zurücklässt.
Insgesamt hinterlässt »Antihuman Artist« einen starken Eindruck. WOUNDED IN FOREST zeigen, dass sie ihr Handwerk verstanden haben, ohne auf bloße Brutalität zu setzen. Das Album ist abwechslungsreich, durchdacht und handwerklich sauber umgesetzt. Die Produktion unterstützt die Musik perfekt: Alles klingt klar und druckvoll, jeder Schlag sitzt, jede Gitarrenspur hat Raum. Gleichzeitig bleibt die rohe Energie erhalten, die Death Metal ausmacht.
Starkes Statement in der Death-Metal-Szene.
Wenn man einen kleinen Kritikpunkt anbringen will, dann vielleicht, dass die Band noch ein bisschen mutiger in Richtung Eigenständigkeit gehen könnte. Einige Passagen erinnern stark an klassische Genregrößen, und manchmal wünscht man sich, dass sie noch ein Stück weiter in eigene Klanglandschaften vorstoßen. Doch das ist eher ein Schönheitsfehler, denn musikalisch stimmt hier fast alles.
»Antihuman Artist« ist ein Album für Liebhaber von Death-Metal, die neben purer Aggression desgleichen ein Gespür für Dynamik und Struktur schätzen. WOUNDED IN FOREST liefern mit diesem Werk eine starke Visitenkarte ab und zeigen, dass finnischer Death-Metal nicht stupide brutal, sondern darüber hinaus intelligent sein kann.
Fazit: »Antihuman Artist« von WOUNDED IN FOREST ist ein starkes Statement in der Death-Metal-Szene.
Tracklist
01. The Growth
02. Take the Son of a Bitch
03. Virent Carnes
04. Godspeed Filthy Warrior
05. Altar of Needles
06. The Last Leg
Besetzung
Joni Moisanen – guitar & vocals
Miikka Pyykkönen – bass & vocals
Joonas Kokkoniemi – guitar
Jussi Tuomisto – drums

