Mit »Liito Hengen Ja Veren« präsentiert DARK DIVINATION ein Black-Metal-Solo-Projekt, bei dem Dark Divinator selbst für Gesang und alle Instrumente verantwortlich ist. Das Album ist ein eindrucksvolles Beispiel für die DIY-Mentalität der Szene: rohe Produktion, kompromisslose Atmosphäre und eine klare künstlerische Handschrift. Gleichzeitig zeigt es die Grenzen eines Solo-Projekts, das alles auf eine einzige kreative Stimme stützt.
Dunkle Visionen aus Finnland
Der Sound des Albums ist typisch nordischer Black Metal: kalt, unbarmherzig, oft schleppend und gleichzeitig mit überraschend melodischen Momenten durchsetzt. Bereits der Opener »Selvännäkijä« legt die Tonalität fest: schnelle Tremolo-Riffs treffen auf schneidende Blastbeats, während Dark Divinators kehlige Vocals eine düstere Erzählung einleiten. Es wirkt wie ein Aufbruch in eine frostige Landschaft, in der die Musik die Leere und Isolation unterstreicht.
»Pride of Victory« und »Burn« folgen klassischen Mustern des Genres, kombinieren jedoch atmosphärische Passagen mit aggressiven Ausbrüchen. Besonders in »Burn« zeigt sich die Fähigkeit, Spannung zu erzeugen, bevor die Songs in chaotische, wütende Klangströme übergehen. Die Produktion ist roh, zeitweilig fast ungeschliffen, was dem Album Authentizität verleiht, aber gelegentlich Details verschluckt. Fans, die klare, polierte Gitarrensounds erwarten, könnten hier enttäuscht werden.
Titeltrack als Herzstück
Mit »Dark Divination« als zentralem Stück des Albums tritt die konzeptionelle Kraft des Projekts deutlich zutage. Hier bündelt sich die düstere Energie, die in den vorherigen Songs angedeutet wurde. Die Gitarrenlinien wechseln zwischen hypnotischen Läufen und aggressiven Akzenten, während der Gesang zwischen Grollen und Schreien oszilliert. Dieses Stück zeigt, dass Dark Divinator trotz Solo-Besetzung ein Gespür für Dynamik und dramatischen Aufbau hat.
Atmosphärische Experimente
Einige Tracks wie »Kohti ikuista tuhoa« und »Katse menneisyyteen« heben sich durch experimentelle Elemente ab. Langsame Passagen wechseln mit abrupten Tempiwechseln, was die Spannung hält. »Kohti ikuista tuhoa« wirkt beinahe episch, mit einem bedrohlichen Unterton, der die nordische Schwarzmetall-Tradition aufgreift. Bei »Katse menneisyyteen« mehr Wert auf Melodik gelegt, die sich wie ein melancholischer Schleier über die harten Riffs legt.
Das neunte Stück »Fall From Power« schließt das Album mit einer Mischung aus Reflexion und Aggression ab. Hier spürt man die Ambition, das Werk nicht nur als Sammlung einzelner Songs zu präsentieren, sondern als in sich geschlossene Erzählung.
Sprachliche und thematische Ausrichtung
Die Songtitel, teils in Finnisch, teils in Englisch, spiegeln das Spannungsfeld zwischen lokaler Verwurzelung und internationalem Black-Metal-Diskurs. »Liito Hengen Ja Veren«, der namensgebende Track, steht thematisch für ein Bündnis aus Geist und Blut, ein Bild, das sowohl ritualistisch als daneben persönlich interpretiert werden kann. Die Texte bleiben kryptisch, laden im Kontrast hierzu gerade deshalb zu eigener Interpretation ein. Das Spiel mit Mythos, Aggression und innerer Dunkelheit ist durchgehend spürbar.
Solo-Projekt mit Vor- und Nachteilen
Als Soloprojekt hat DARK DIVINATION einige Stärken, demgegenüber erkennbare Schwächen. Die kohärente Vision sorgt dafür, dass das Album einen einheitlichen, unverwechselbaren Charakter besitzt. Allerdings fehlt es an Abwechslung in der Instrumentierung: Gitarren, Bass und Schlagzeug klingen zuweilen ähnlich, was die Songs näher zusammenrücken lässt, gleichwohl bisweilen eintönig wirken kann. Ein weiterer Punkt ist die Produktion: authentisch, hingegen vereinzelt etwas matschig, was vor allem bei schnelleren Passagen auffällt.
»Liito Hengen Ja Veren« ist kein Album für die breite Masse, sondern für Black-Metal-Puristen, die rohe Energie und düstere Atmosphäre zu schätzen wissen. Es zeigt das Talent von Dark Divinator, Atmosphäre und Aggression zu verbinden, leidet nichtsdestoweniger unter den typischen Beschränkungen eines Solo-Projekts. Der Hörer bekommt ein authentisches Werk, das experimentelle Ansätze wagt, sich manchmal außerdem in sich verliert.
Mit 3 von 5 Punkten ist das Album solide, indessen nicht herausragend. Die Stärken liegen in der konsequenten Umsetzung und der düsteren Atmosphäre, die Schwächen in der Produktion und der begrenzten klanglichen Variation. Für Fans des Genres bietet es dagegen genug, um es mindestens einmal aufmerksam durchzuhören, insbesondere wegen der Tracks »Dark Divination« und »Kohti ikuista tuhoa«, die die Vision des Projekts am besten verkörpern.
DARK DIVINATION liefert mit »Liito Hengen Ja Veren« ein eigenständiges, stimmiges Werk ab, das in seiner rohen Form sowohl beeindruckt sowie irritiert. Die Mischung aus Tradition und kleinen experimentellen Momenten macht das Album zu einem interessanten Beitrag in der nordischen Black-Metal-Szene, wenngleich es in seiner Gesamtheit nicht das volle Potenzial ausschöpft.
Fazit: DARK DIVINATION liefert mit »Liito Hengen Ja Veren« eine dunkle, atmosphärische Platte, die vor allem durch ihre Authentizität und Intensität überzeugt.
Tracklist
01. Selvännäkijä
02. Pride of Victory
03. Burn
04. Dark Divination
05. Hymn of Hate
06. Kohti ikuista tuhoa
07. Katse menneisyyteen
08. Liitto hengen ja veren
09. Fall From Power
Besetzung
Dark Divinator – Vocals & all Instruments

