Wenn eine Band wie FROZEN LAND nach drei Jahren Funkstille abermals ein vollständiges Studioalbum vorlegt, fragt man sich unweigerlich, ob sie ihren früheren Funken erneut entzünden können. Die Finnen haben sich im melodischen Power-Metal längst eine kleine, treue Nische geschaffen. Ihr neues Werk »Icemelter« zeigt deshalb vor allem eines! Das Quintett hat nichts an Spiellust verloren. Der Mix aus hymnischen Refrains, leicht überdrehten Keyboard-Linien und einer Rhythmusgruppe, die lieber treibt als trägt, wirkt von Anfang an vertraut. Gleichzeitig spürt man, dass die Musiker ein gutes Gespür dafür haben, wie sich ihr Sound weiterentwickeln kann, ohne den eigenen Kern anzutasten.
Schnelle, kantige Läufe und melodische Ausschmückungen
Sänger Tony Meloni steht diesmal besonders im Mittelpunkt. Seine Stimme hat immer noch diese warme, leicht raue Färbung, die sofort heraussticht, freilich wirkt er breiter aufgestellt als früher. Die Übergänge zwischen den hohen, fast triumphierenden Linien und den ruhigeren Passagen sitzen deutlich sauberer. Gitarrist Tuomas Hirvonen und Bassist Eero Pakkanen bauen ihm ad hoc ein stabiles Fundament. Hirvonen variiert oft zwischen schnellen, kantigen Läufen und melodischen Ausschmückungen, während Pakkanen die Songs mit präzisen, gut gefüllten Bassspuren erdet.
Keyboarder Lauri Nylund bleibt derjenige, der das Geschehen auffächert und den Stücken diese leicht ironische, videogamehafte Note verleiht, die man an FROZEN LAND entweder sofort liebt oder nie ganz versteht. Matias Rokio hält das Ganze mit einem klaren, druckvollen Schlagzeugspiel zusammen. Der Einstieg mit »The Carrier« setzt auf vertraute Zutaten. Der Song arbeitet sich zügig nach vorn, als wolle die Band zeigen, dass sie es beständig noch kann. Die Bridge öffnet sich zu einem Refrain, der das Potenzial hat, sich bei Livekonzerten durchzusetzen. Der Track liefert genau die Art von Energie, die man von einem Albumauftakt erwartet: nicht überladen, hingegen selbstbewusst.
»Dead End« legt eine Spur düsterer los. Die Produktion rückt die Gitarren enger in den Vordergrund und lässt die Keys einigermaßen weiter nach hinten gleiten. Dadurch entsteht ein härterer Einschlag, ohne dass die Band ihre melodische Basis verliert. Besonders der spitze Gitarrenlauf im Mittelteil bleibt hängen.
Keyboardteppiche schaffen einen melancholischen Rahmen
Mit »Dream Away« nimmt die Platte zum ersten Mal Tempo heraus. Die Stärke des Stücks liegt in der unaufgeregten Atmosphäre. Meloni trägt die ruhigen Vocals sicher, und Nylunds Keyboardteppiche schaffen einen melancholischen Rahmen, ohne in Kitsch abzurutschen. Der Song wirkt wie ein kurzer Blick über die Schulter, bevor der nächste Sturm losgeht.
»Chosen, Corrupt And Cancerou« ist die wütendste Nummer der Tracklist. Der Titel klingt brachial und der Song hält dieses Versprechen ein. Rokios Drums treiben kompromisslos nach vorn, die Gitarren sind bissig, und Meloni singt mit einer Schärfe, die man von ihm eher selten hört. Trotz des aggressiven Tons gelingt es der Band, einen eingängigen Refrain einzubauen, der nicht wie ein Fremdkörper wirkt.
»Losing My Mind« kehrt nochmals stärker zu den typischen Power-Metal-Formeln zurück. Die Nummer ist nicht die spektakulärste des Albums, funktioniert im Kontrast hierzu durch ihre klare Struktur und ein Solo von Hirvonen, das die passende Balance zwischen Virtuosität und Melodie findet.
Der Titeltrack »Icemelter« bildet den Kern des Albums. Hier spielt das komplette Line-Up seine Stärken aus. Der Song wirkt wie das stilistische Destillat von FROZEN LAND: schnelle Strophen, ein breiter Refrain, Zwischenspiele, in denen sich Keyboard und Gitarre gegenseitig hochschaukeln, und eine Produktion, die die einzelnen Ebenen sauber voneinander trennt. Wer nur einen Track hören will, um das Album einordnen zu können, ist hier richtig.
Feines Gefühl für Dynamik
»Haunted« schlägt die melancholische Seite wieder an. Die Band zeigt ein feines Gefühl für Dynamik, lässt Stellen bewusst offen und hebt dadurch bestimmte Melodiebögen hervor. Das Stück profitiert stark vom Zusammenspiel von Bass und Schlagzeug, die hier weniger treiben, sondern den Stimmungen Raum geben.
Den Abschluss bildet »Black Domina«, ein kraftvoller, etwas düsterer Track, der den Kreis zum härteren zweiten Song schließt. Hirvonens Gitarrenarbeit sticht hervor, und Meloni liefert eine der stärksten gesanglichen Leistungen der Platte.
»Icemelter« zeigt FROZEN LAND in guter Form. Das Album hat kleine Längen, aber kein Ausfallstück. Die Band bleibt erkennbar sie selbst und bietet gleichzeitig genug frische Ideen, um das Ganze lebendig zu halten. Eine Bewertung von 4 von 5 Punkten wirkt absolut angemessen: stark, spielfreudig und mit Wiederhörwert.
Fazit: FROZEN LAND gelingt es mit »Icemelter« eine überzeugende Power-Leistung abzugeben und den Hörer auf eine eisige Reise mitzunehmen.
Tracklist
01. The Carrier
02. Dead End
03. Dream Away
04. Chosen, Corrupt And Cancerous
05. Losing My Mind
06. Icemelter
07. Haunted
08. Black Domina
Besetzung
Tony Meloni — vocals
Tuomas Hirvonen — guitars
Eero Pakkanen — bass
Lauri Nylund — keyboards
Matias Rokio — drums

