Wer bei HAVAMAL sofort an nordische Mythologie denkt, liegt natürlich richtig. Die Band aus Schweden hat sich seit ihren ersten Veröffentlichungen fest im melodischen Death-Metal verankert, indessen ohne die überladenen Klischees vieler Viking-Acts zu bedienen. Auf »Age Of The Gods« zeigt das Quintett, wie man kraftvolle Riffs, klangliche Wucht und erzählerische Details sauber zusammenbringt, ohne dass etwas nach reiner Show wirkt. Die Besetzung mit Björn Larsson am Mikrofon, Tino Vesanen am Bass, Stefan Peltonen am Schlagzeug sowie dem Gitarren-Duo Lennie Spetze und Kjell Gilliusson wirkt eingespielt und zielstrebig. Man merkt vom ersten Ton an, dass jeder weiß, wann er Raum nehmen und wann er Platz lassen muss.
Breiter Gitarrensound, galoppierendes Schlagzeug
Der Einstieg »The Pagan Path« führt ohne Umschweife hinein ins Album. Ein breiter Gitarrensound, galoppierendes Schlagzeug und Growls, die weder brüllen noch flüstern, sondern klar artikuliert nach vorn gehen. HAVAMAL setzen hier schon ihr Markenzeichen: melodische Linien, die sich aus dem Riffing heraus entwickeln, statt separat darübergelegt zu wirken. Spetze arbeitet mit Keyboard-Akzenten, die eher Atmosphäre schaffen als sich in den Vordergrund drängen. Das verleiht dem Song einen offenen, beinahe erzählerischen Charakter.
»Wolfraiders« zieht das Tempo an. Peltonen hält den Song mit präzisen Kicks zusammen, während Vesanens Bass abermals kleine rhythmische Haken schlägt. Die Gitarren arbeiten hier deutlich schärfer, approximativ thrashig, behalten im Gegensatz hierzu die melodische Ader bei. Der Refrain trägt ordentlich und zeigt Larssons Gespür für Dynamik. Gerade weil seine Growls nicht auf reine Härte setzen, sondern in verschiedenen Nuancen schimmern, bekommt der Song einen festen Kern, der hängen bleibt.
Mit »The Day Of Reckoning« wird es räumlicher. Das Stück baut auf einem schweren Riff auf, das immer wieder von helleren Gitarrenlinien durchbrochen wird. Die Drums wirken hier weniger hastig und eher wie ein Puls, der sich durch den Song zieht. Die Band spielt in diesem Track stark mit Spannung und Entladung. Wenn der Song sich im Mittelteil öffnet und die Melodie nach vorne tritt, entfaltet sich ein angenehmer Sog.
Rhythmische Akzente und melodische Wendungen
»Sigmund Fafnirsbane« gehört klar zu den erzählerischsten Momenten des Albums. Die Band schafft es, mythologische Themen nicht wie reinen Fantasy-Kitsch wirken zu lassen. Stattdessen wird die Geschichte über rhythmische Akzente und melodische Wendungen getragen. Vor allem Gilliussons Lead-Arbeit hebt sich hervor. Die Gitarren klingen hier fast hymnisch, ohne ins Pathos abzurutschen. Larsson phrasiert die Vocals so, dass man die Handlung zwar nicht Wort für Wort verfolgen kann, im Gegensatz hierzu deutlich spürt, worum es geht.
Mit »The Shaman« zieht das Album die Stimmung einigermaßen dunkler. Keyboard-Flächen legen sich wie ein Nebel über die Gitarren, die Drums arbeiten viel mit Tom-Akzenten, und Larssons Stimme bekommt eine rauere Kante. Dieser Track lebt von einer Mischung aus Ritualhaftigkeit und treibendem Metal-Fundament. Besonders stark sind die Gitarrenharmonien im letzten Drittel, die nahezu Unruhiges, gleichwohl zugleich mitreißendes haben.
»Hymns Of The Fallen« schaltet wiederum in den Angriffsmodus. Der Song ist rhythmisch direkter als vieles zuvor und zeigt Peltonen von seiner härtesten Seite. Die Gitarren wechseln zwischen schnellen Läufen und breiten Akkorden. Der Refrain setzt auf eine klare Melodieführung, die im Kopf bleibt, ohne zu glatt zu wirken. Man spürt hier, wie gut die Band ihren Sound inzwischen im Griff hat.
Mit »Lokis Damnation« nähert man sich dem dramatischsten Moment des Albums. Der Song ist schärfer, kantiger und hat eine gewisse Wildheit, die perfekt zum Titel passt. Die Band schichtet hier mehrere Melodielinien übereinander, ohne dass der Song je ins Chaos kippt. Larssons Stimme ist hier besonders präsent und liefert die wohl beste Performance des Albums. Die Mischung aus Härte und strukturierter Melodie wirkt stimmig und druckvoll.
Den Abschluss macht »Ashwalker«. Der Song wirkt wie ein Auslaufen nach einer langen Reise, ohne in reine Balladenstimmung zu verfallen. Die Gitarren sind zurückhaltender, die Melodien wirken gesetzter, im Kontrast hierzu nicht weniger eindringlich. Der Track bringt die Themen des Albums noch einmal zusammen und schafft es, einen ruhigen, hingegen starken Ausklang zu setzen.
Dichtes, gut ausgearbeitetes Album
Insgesamt liefern HAVAMAL mit »Age Of The Gods« ein dichtes, gut ausgearbeitetes Album, das sowohl Fans des klassischen Melodic-Death als auch Hörer mit Vorliebe für mythologische Konzepte abholt. Der Sound ist klar, die Songs sind durchdacht und das Zusammenspiel der Musiker sitzt. Ein paar Passagen könnten mutiger sein, aber das mindert den Gesamteindruck kaum. Vier von fünf Punkten sind hier vollkommen verdient.
Fazit: Mit »Age Of The Gods« gelingt HAVAMAL ein beeindruckendes Werk, das sowohl musikalisch sowie thematisch tief in den Mythologien und dunklen Welten verwurzelt ist.
Tracklist
01. The Pagan Path
02. Wolfraiders
03. The Day Of Reckoning
04. Sigmund Fafnirsbane
05. The Shaman
06. Hymns Of The Fallen
07. Lokis Damnation
08. Ashwalker
Besetzung
Björn Larsson – Vocals
Tino Vesanen – Bass
Stefan Peltonen – Drums
Lennie Spetze – Guitars and Keyboards
Kjell Gilliusson – Guitars

