5RAND – Interview

5rand_-_bandlogo

Interview: Robert RESCH Fotos: 5RAND

Julia Elenoir lässt keine halben Sachen zu – ihre Stimme, die mal kraftvoll schreit, mal gefühlvoll flüstert, ist das Herzstück ihrer Band 5RAND. Zwischen harten Riffs, modernen Metalbeats und überraschend eingängigen Melodien steckt jede Menge Energie und Persönlichkeit. Wir haben mit ihr über ihre Musik, den Kopf hinter den Songs und die Leidenschaft, die auf der Bühne spürbar ist, gesprochen.

„Ordhalia“ scheint ein sehr stimmiges Album zu sein. Gab es von Anfang an ein klares Konzept oder hat es sich während des Entstehungsprozesses entwickelt?

Das Konzept war von Anfang an da, auch wenn es zunächst nicht ganz rational war. Ich wusste, dass ich eine ganz bestimmte persönliche Reise durchlebte und dass Musik der Weg sein würde, diese Geschichte zu erzählen. Während des Schreibprozesses wurde das Konzept immer klarer: Die Songs begannen miteinander zu kommunizieren, wie Etappen derselben Reise. Zu diesem Zeitpunkt war „Ordhalia“ nicht mehr nur eine Idee, sondern eine Notwendigkeit.

Der Albumtitel klingt fast mythisch. Was bedeutet „Ordhalia“ für dich und warum passt dieser Name zu den Songs?

Ordhalia ist ein Konzept aus der Kurzzeittherapie: eine Aufgabe, der sich der Patient stellen muss, um eine echte, positive Veränderung zu erreichen. Historisch gesehen war eine Tortur ein Ritual, das das Schicksal einer Person bestimmte. Für mich fasst dieser Name die Bedeutung der Songs perfekt zusammen, denn jeder Track steht für eine Prüfung, eine Passage durch Schmerz, Angst und Transformation. Es ist ein Titel, der davon handelt, etwas zu durchleben, statt davor zu fliehen.
5rand_-_Julia_Elenoir
Phot Credit: Julia_Elenoir 5RAND

Textlich bewegst du dich zwischen persönlichen Themen und weiter gefassten Visionen. Wie autobiografisch ist dieses Album wirklich?

Es ist zutiefst autobiografisch. Selbst wenn die Texte abstrakt oder symbolisch erscheinen, basieren sie immer auf etwas, das ich tatsächlich erlebt habe. Depressionen, Identitätsverlust, das Gefühl der Leere, nachdem die Musik plötzlich aufgehört hat – all das ist real. Symbole und Bilder helfen dabei, eine persönliche Erfahrung in etwas Universelles zu verwandeln.

Im Vergleich zu früheren Werken klingt ihr fokussierter, aber auch härter. War das eine bewusste Entscheidung?

Ja, aber keine kalkulierte. Es war eine natürliche Folge dessen, was wir durchgemacht haben. Wenn man so intensive Momente durchlebt, kann man keine „leichte“ Musik schreiben. Die Fokussierung und Härte kamen von selbst, aus dem Bedürfnis heraus, direkt, ehrlich und ohne Filter zu sein.

Modern Metal ist ein sehr breites Feld. Wo seht ihr euch innerhalb dieses Genres?

Wir sehen uns als Teil des Modern Metal, wollen uns aber nicht in eine bestimmte Schublade stecken lassen. Wir nehmen Elemente aus dem Melodic Death Metal, Modern Metal und Deathcore auf, aber was für uns wirklich zählt, ist die emotionale Wirkung. Wenn ein Song emotional funktioniert, dann ist er genau dort, wo er hingehört.

Wie verteilt sich das Songwriting innerhalb der Band? Gibt es klare Rollen oder ist alles gemeinschaftlich?

Die Musik stammt hauptsächlich von Pierluigi und mir: Er ist ein unglaublicher Komponist, und zusammen legen wir den Grundstein für die Songs. Die Texte stammen von mir und entspringen einem sehr persönlichen Bedürfnis. Dann arbeiten wir als Band an den Arrangements und der endgültigen Identität jedes Tracks.

Viele Songs spielen mit dem Kontrast zwischen Härte und Melodie. Was fasziniert euch an dieser Spannung?

Es ist eine Spannung, die das Leben selbst perfekt widerspiegelt. Melodie steht für Verletzlichkeit und Menschlichkeit. Härte ist Wut, Schmerz und Kampf. Beides zusammen zu bringen bedeutet, ehrlich zu sein. Wir sind nie nur das eine oder das andere.

5RAND - Ordhalia - album coverGab es während der Produktion einen Moment, in dem ihr dachtet: Jetzt werden aus guten Songs ein starkes Album?

Ja. Als wir anfingen, uns die Songs nacheinander anzuhören und die Produktion Gestalt annahm, wurde uns klar, dass es eine starke Erzählung gab. Zu diesem Zeitpunkt waren es keine einzelnen Songs mehr, sondern Kapitel einer einzigen Geschichte.

Welche musikalischen Einflüsse haben euch bei „Ordhalia“ konkret begleitet, auch außerhalb des Metal?

Über den modernen Metal hinaus haben mich Filmmusik und Soundtracks stark beeinflusst. Auch Philosophie und Psychologie spielten eine große Rolle: Mehr als musikalische Einflüsse waren es emotionale und konzeptionelle Einflüsse.

Die Produktion klingt sehr direkt und transparent. Was war euch in Bezug auf den Sound besonders wichtig?

Wir wollten einen kraftvollen, aber ehrlichen Sound. Jedes Element musste klar und verständlich sein, ohne unnötige Schichten. Die Produktion sollte Emotionen verstärken, nicht überdecken.

Wie viel wurde im Studio im Vergleich zu den Original-Demos verändert?

Viel, vor allem in Bezug auf Arrangements und Details. Die Grundstrukturen waren bereits vorhanden, aber im Studio sind wir tiefer gegangen und haben die Songs vielschichtiger und ausgereifter gemacht.

Gibt es einen Song auf dem Album, der euch technisch oder emotional besonders herausgefordert hat?

Emotional gesehen fast alle. Diese Songs zu singen bedeutete, sehr schwierige Momente meines Lebens noch einmal zu durchleben. Technik und Kontrolle werden zweitrangig, wenn man mit solchen Emotionen konfrontiert ist.

Deine Texte lassen viel Raum für Interpretationen. Ist das eine bewusste Entscheidung?

Ja. Ich möchte, dass die Zuhörer ihre eigene Bedeutung finden können. Meine Geschichte ist der Ausgangspunkt, aber ich möchte keine einzige Interpretation vorschreiben.
5rand_-_bandphoto2
Photo Credit: 5RAND Band

Wie reagiert ihr darauf, wenn Hörer Bedeutungen in Songs finden, die ihr selbst so nie gedacht habt?

Ich finde das schön. Das bedeutet, dass der Song nicht mehr nur mir gehört, sondern auch ihnen.

„Ordhalia“ wirkt stellenweise düster, aber nicht hoffnungslos. Spiegelt das eure aktuelle Sicht auf die Welt wider?

Ja. Die Welt ist hart, komplex und oft ungerecht. Aber ich glaube nicht an sterile Verzweiflung. Ich glaube an Verwandlung. Dunkelheit existiert, aber sie ist nicht das Ende. Man braucht den Mut, durch sie hindurchzugehen, um das Licht zu finden.

Welche Rolle spielt Aggression für euch musikalisch? Ventil, Stilmittel oder beides?

Sie ist sowohl ein Ventil als auch eine Sprache. Sie hilft dabei, Dinge loszulassen, aber sie ermöglicht es auch, Emotionen auszudrücken, die sanfte Worte nicht vermitteln können.

Hat die Arbeit an diesem Album die interne Dynamik der Band verändert?

Ja, es hat uns näher zusammengebracht. Wir haben schwierige Momente durchlebt und sind daraus sowohl als Menschen als auch als Band bewusster hervorgegangen.

Wenn ihr auf eure Anfänge zurückblickt, was unterscheidet 5RAND auf „Ordhalia” von früher?

Das Bewusstsein. Wir wissen, wer wir sind, was wir sagen wollen und warum wir es tun.

Wie setzt ihr so vielschichtige und komplexe Songs live um?

Wir arbeiten viel an den Live-Arrangements und legen dabei immer Wert auf die emotionale Wirkung. Live muss alles direkter und emotionaler sein.

Wenn jemand „Ordhalia” zum ersten Mal hört, in welchem Moment sollte er verstehen, worum es euch als Band geht?

In dem Moment, in dem er aufhört, nur mit dem Kopf zuzuhören, und anfängt, mit dem Herzen zu fühlen. Dann wird 5RAND wirklich zu dem, was sie sind.

5RAND – Interview

Vorheriger Artikel
Nächster Artikel
Robert
Roberthttps://www.metalunderground.at
Soldat unter dem Motto morituri te salutant sich als Chefredakteur bemühender Metalverrückter. Passion und Leidenschaft wurden fusioniert in der Verwirklichung dieses Magazins.

Related Articles

- Advertisement -spot_img

Latest Articles