Interview mit Marvin Mehrländer (u. a. Prowler, Blindgänger, Steelclad)

Seit Jahren spricht man vom sogenannten Generationenwechsel. Die Scorpions und Judas Priest „Farewellen“ schon seit geraumer Zeit, Lemmy steht eigentlich schon mit zwei Beinen im Grab, AC/DC sind nur noch aus kommerzieller Sicht wirklich erwähnenswert und wie lange Iron Maiden noch machen, weiß man auch nicht.
Oberflächlich gesehen hat die harte Musik wohl doch nur eine begrenzte Haltwertzeit. Der Freund zeitlos guter Musik weiß es natürlichch besser, denn auch Bands jüngeren Datums haben amtliche Alben (manche sogar zukünftige Klassiker) am Start und in ihren Reihen nicht nur Musiker, welche ihr Instrument beherrschen.
Es sind echte Originale dabei, ausdrucksstarke Charaktere, die der Leidenschaft Heavy Metal exzessiv fröhnen. Wie beispielsweise ein Rob Halford, Steve Harris und Rudolf Schenker haben auch sie Charisma, eine eigene Meinung und leben ihren Traum ohne Kompromisse.
In unregelmäßigen Abständen werden wir Euch einige dieser Verrückten vorstellen.
Den Anfang macht Marvin Mehrländer, ein Tausendsassa der u. a. bei den Leipzigern Prowler die mächtige Basskeule schwingt. Der äußerst sympathische, beinharte Metalfan hatte einige interessante Antworten parat:

01 BlindgängerMarv, wann und wie bist du zum Heavy Metal gekommen?

Ich bin dank meines Vaters schon von Geburt an dem Heavy Metal nahe gekommen.
Mein Vater war schon zu DDR – Zeiten in seiner Lehre und später im Tagebau durch Freunde und Kollegen auf diverse Platten von Iron Maiden, Judas Priest, Running Wild, Faithful Breath, Sodom, Kreator, Destruction oder auch DDR Bands wie Formel 1, Babylon, Blitzz und MCB gestoßen.
Ich musste also nur in das Plattenregal greifen und hatte jegliche Musik die ich brauchte.
Meine Mutter hörte Anfang der 90er Jahre eher Platten von Madonna, Prince und Pet Shop Boys. Da waren mir harte Klänge aus dem Heavy Metal Bereich lieber.

Welche Bands waren deine Faves?

Absolute Lieblingsband, damals wie heute, ist Accept. Aus der Thrash Ecke Bands wie Overkill, Exodus, Kreator und Sodom. Aus der Hair Metal Region Ratt, Skid Row und Mötley Crüe.

Wann hast du begonnen in einer Band zu spielen? 

Meine musikalische Karriere begann in der 2. Klasse mit Akkordeon. Meine Großeltern wollten das so… Später stieg ich auf Gitarre und Klavier um und spielte in der 5. Klasse schon in der ersten Band, die Lebende Jugend hieß.
Damals haben wir uns zu sechst zusammen getan und einfach drauf los gespielt. Nur ein paar Typen, die irgendein Instrument spielen konnten.

„Schlagzeug und Bass sind eine Einheit. Der Bass ist praktisch der Überträger von Rhythmus zur Melodie. Diese Position in einer Band möchte ich nicht mehr missen.“

Und wie bist du darauf gekommen, ausgerechnet Bass zu spielen? Es läuft doch bekanntlich folgerndermaßen:
Der Sänger und der Gitarrist greifen immer die meisten Groupies ab, die Ausschußware bekommt der Drummer. Da bleibt nix verwertbares mehr übrig…

Hehe, was soll ich dazu sagen, ich bin seit kurzem verheiratet.
Nein ich habe angefangen Bass zu spielen, weil damals in unserer Underground Bandszene kein tauglicher Basser zur Hand war und ich das Angebot hatte, bei circa 20 Bands einzusteigen. Irgendwie waren nur Schlagzeuger und Gitarristen um uns herum.
Mir gefiel diese unglaubliche Power des Bassklangs und ich wusste auch was das wichtigste am Bass spielen ist:
Schlagzeug und Bass sind eine Einheit. Der Bass ist praktisch der Überträger von Rhythmus zur Melodie. Diese Position in einer Band möchte ich nicht mehr missen.

Wer ist als Bassist dein Vorbild und warum?

Absolute Vorbilder sind Peter Baltes von Accept und Steve Harris von Iron Maiden.
Bei Peter inspirierte mich sein Basssound und seine Tightness.
Bei Steve seine Fingerspieltechnik und dieser knackige, Maiden – typische Fendersound sowie dieser herrliche Galopprhythmus.

Das funkeln in deinen Augen, als du deinen neuen (Fender) Bass das erste Mal angespielt hast, ist somit auch erklärt.
In wie vielen Bands hast du eigentlich bisher gespielt?

Aktuell sind es meines Wissens vier, bei der Encyclopedia Metallum stehst du noch als Bassist von Steelclad drin.

Ich spielte in den letzten 12 Jahren ungefähr in 13 verschiedenen Bands.
Aktuell spiele ich bei Prowler, Blindgänger und Bellbreaker als festes Mitglied.
Nebenprojekt von Prowler ist die Manowar Tribute Band Stallions of War.
Bei Steelclad helfe ich nur noch aus, wenn ein paar Livesachen anstehen, die in meinen Terminkalender passen.

„So läuft das heutzutage nunmal im Underground. Jeder weiß, dass du mit deiner Musik kein Geld verdienen kannst. Aber es geht darum viele, viele Metalheads glücklich zu machen und vor allem uns selbst.“

Lass uns die Bands mal nach und nach abarbeiten:

Fangen wir mit Steelclad aus Dresden an. Wie bist du vor 2 Jahren zu der Band gestoßen?
Dresden und Leipzig sind zwar nicht weit entfernt, aber nebenbei gehst du ja einer regulären Arbeit nach…

Ich wurde damals von Mike Steel (Sänger von Steelclad) angerufen, ob ich als Basser bei denen anfangen würde, da sie sich gerade von ihrem Basser getrennt hatten.
Zuvor haben wir mit Prowler und Steelclad als Vorband von Exciter in Dresden gespielt. Dadurch wusste Mike Steel, dass ich ein fähiger Basser war.
Bei Steelclad standen einige Konzerte an und somit zog ich mir ein 50 Minuten Liveset auf die Ohren und wir trafen uns einmal im dresdner Proberaum zur Generalprobe. Dann haben wir uns nur zu Konzerten auf der Bühne getroffen und ich war praktisch ein bezahlter Sessionmusiker.
Ich vereinbarte mit Mike Steel, dass ich eigentlich keine Zeit habe um mit Steelclad Studiogeschichten, oder Songwritingsachen zu unternehmen. Wie du schon sagst, arbeitstechnisch und durch meine Anstellung bei den 3 anderen Bands habe ich sehr, sehr wenig Zeit für weitere Geschichten.
Wir einigten uns darauf, dass ich weiterhin bis heute eigentlich nur Aushilfsbasser bin. Trotzdem ließ er mich auf der ersten LP “ Heavy Metal“ im Booklet als festes Mitglied abdrucken.

Was für deine Güte spricht! Anders als mit deinen anderen Bands spielst du mit Blindgänger eher modernen, teilweise punkigen Metal. Wie kommt`s?

Mit Blindgänger haben wir in den fast 10 Jahren Bandgeschichte eine starke Entwicklung vom stupiden Garagendeutschpunk bis zum Macbeth – lastigen Schwermetal durchlebt. Wir spielen seit vielen Jahren in der gleichen Besetzung und da wir 5 verschiedene Musikgeschmäcker und Einflüsse haben, entwickelte sich im Laufe der Zeit nun dieser moderene, metalpunkige Sound.

Eine meiner Liebllingskapellen der jüngeren Generation sind neben Stallion und Blizzen auch die bei Pure Steel Records beheimateten Prowler. Bei denen bist seit 5 Jahren am Bass. Somit hast du das Business also in seiner ganzen „Pracht“ kennengelernt.
Wie ist es, unter professionellen Bedingungen und einem Label im Rücken?

Professionell bin ich durch die letzen 12 Jahre Banderfahrung und spielen von hunderten Konzerten geworden.
Wir haben mit Prowler bei Pure Steel Records unterschrieben, weil dies ein Label ist, welches sich um den Underground kümmert und keiner von uns seine Seele verkaufen will.
Pure Steel machen für uns International Publicity und haben die kompletten Kosten für Coverartwork, Druck und Pressung übernommen. Dafür verdienen wir leider im Gegenzug nur wenige Prozente an einer verkauften CD im Plattenladen.
Wir werden jetzt zwar praktisch in Griechenland, Neuseeland, Chile, Argentinen sowie Frankreich gehört, verdienen aber nur an Merchendiseartikeln, die wir auf unseren Konzerten verkaufen.
So läuft das heutzutage nunmal im Underground. Jeder weiß, dass du mit deiner Musik kein Geld verdienen kannst. Aber es geht darum viele, viele Metalheads glücklich zu machen und vor allem uns selbst.

„Der Heavy Metal, dessen Bands, deren Fans und überhaupt auch die ganze Szene im Underground sind der Antrieb meines Lebens.“

Hat sich für euch seitdem wenigstens irgendetwas in Sachen Liveanfragen getan?

Es kommen hier und da auch Angebote für Shows und kleinere Festivals Deutschlandweit wie zum Beispiel das Konzert 2016 auf dem Bavarian Metalheads Open Air.
Ich weiß allerdings nicht, ob die Veranstalter auf uns zukommen, weil wir bei Pure Steel sind, oder ob sich die stundenlange E – Mail und Telefonarbeit unsererseits doch langsam rentiert.

Mit Stallions Of War bist du zudem bei „Eurasiens bester Manowar Coverband“ ab und an auf der Bühne. Wie seid ihr auf diese verückte Idee gekommen?

Kurz und knapp, wir sind alle absolute Manowar Fans der ersten 4 Platten und dachten uns bei einem Bier: „Lass uns die Songs nochmal aufleben und Live performen.“
Schließlich gibt es meines Wissens nach, in Deutschland keine Manowar Cover – , oder Tributeband.
Wir betrachten dies als Nebenprojekt, aus Spaß an der Freude und mal sehen was sich daraus entwickeln könnte.

Na ja, zumindest fällt mir neben Stallions Of War nur noch Men Of War ein, aber ich weiß nicht ob die noch existieren…
Neben Stallions Of War gibt es noch eine Coverband, bei der du involviert bist.
Einige Leser kennen die AC/DC Coverband Bellbreaker sicher, bei der du seit einiger Zeit sogar singst!
Hätte ich dir garnicht zugetraut. Wie bist du denn da hineingeraten?

Mike „Willy“ Neumann (Klampfer von Bellbreaker) kennt mich seit einiger Zeit durch diverse Konzerte mit Prowler und Stallions of War.
Der eigentliche Sänger von Bellbreaker hat auch sehr viel um die Ohren, da er auch in mehreren, darunter auch Bruce Springsteen Projekten, tätig ist.
So rief mich eines Tages Mike Neumann an und fragte ob Ronny (Sänger bei Prowler, Ex – Stallions of War) nicht Zeit und Lust hätte bei Bellbreaker als Ersatzsänger einzusteigen, weil Bellbreaker viele Konzerte absagen mussten aufgrund der terminlichen Differenzen.
Ich sagte Mike, ohne Ronny zu fragen, dass Ronny keine Zeit dafür habe und habe das Ding selbst in die Hand genommen. Ich stellte mich sehr gut an und bin nun mittlerweile Hauptsänger von Bellbreaker.

Hehe, Frechheit siegt anscheinend immer. Beschreibe mir doch bitte abschließend deine Sicht auf die Szene. Was denkst du über sie, was hältst du von ihr.

Der Heavy Metal, dessen Bands, deren Fans und überhaupt auch die ganze Szene im Underground sind der Antrieb meines Lebens.
Tag für Tag verleiht dieser Zusammenhalt und diese Art von Musik mir so dermaßen Kraft, um eben viele Höhen und Tiefen zu überwältigen. Ohne die Szene wären wir nichts.
Ich hoffe, dass auch zukünftig der Kontakt zu vielen Freunden und Fans bestehen bleibt und weiterhin viele schöne Konzerte organisiert werden. Den Sommer werden wir auch weiterhin, mit Band oder privat, auf Festivals verbringen.
Ich bin sehr stolz darauf, dass sich diese Art Musik seit nunmehr 40 Jahren durch die Geschichte zieht und noch nicht an Bedeutung verloren hat.
Damit das so bleibt meine Bitte an Euch:

Geht auf Konzerte, unterstützt die Bands durch Merchkäufe.
Unterstützt kleine Clubs und deren Veranstalter.
Vielen Dank, Ich liebe Euch. Cheerz.

Ich danke, besser kann man ein Interview nicht abschließen!

Rezensionen zu den aktuellen Alben von Prowler und Blindgänger findet Ihr im Archiv. Da sind auch, wie gewohnt, die Links zu den Internetseiten der Bands zu finden.

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