European Flagellation Tour 2025
AFSKY, MÝRDAL
02.11.2025 – Viper Room Wien
Ein dunkler, verregneter Sonntagabend – was könnte da besser passen als ein Black-Metal-Konzert, bei dem man sich in die düsteren Tiefen infernaler Klangwelten fallen lassen kann? AFSKY und MÝRDAL sorgten im Wiener Viper Room für einen Abend voller Emotionen, Melancholie und eruptiver Wut – präsentiert von TON-Music Productions. Zwei Bands, die unterschiedlicher kaum sein könnten, aber beide auf ihre Weise zeigen, wie tief und emotional Black Metal sein kann..
MÝRDAL
Ohne Umschweife, ohne große Einleitung und ohne viel Drumherum begannen MÝRDAL ihr Set. Die Bühne war spartanisch: kaum Licht, kaum Dekoration, die Gitarrenboxen noch offen auf dem Boden – ein klares Zeichen, dass hier nur eines zählt: die Musik. Wo sonst in dem kleinen Raum des Viper Rooms kaum Platz für eine volle Band ist, standen diesmal nur zwei Musiker – und sie füllten den Raum mit einer beachtlichen Wand aus Lärm.

Das Leipziger Duo, erst 2022 gegründet, ist noch ein frischer Name in der deutschen Black-Metal-Szene. W.K. übernahm Gesang und Gitarre (auf den Alben auch den Bass), während O.F. an den Drums saß. Es ist immer interessant zu sehen, wie Zweimann-Projekte ihre Musik live umsetzen, ohne auf zusätzliche Musiker zurückzugreifen. Ganz im Sinne der alten Black-Metal-Tradition: minimalistisch, puristisch und roh – eine authentische Erfahrung.
Musikalisch zeigte sich das Duo weniger melodisch, sondern vielmehr aggressiv und unversöhnlich. Dämonische Schreie wechselten sich mit rauen, fast gesprochenen Passagen ab. In den Schreien fand der Gesang seine wahre Stärke, während die Gitarren mit ihrer abrasiven Direktheit das Klangbild dominierten. Das Spektrum reichte von simplen, repetitiven Riffs bis zu etwas komplexeren Momenten. Besonders beeindruckend war der Drummer, der mit schierem Einsatz und Ausdauer das Tempo vorgab. Zwar schlichen sich hier und da Unstimmigkeiten ein, doch gerade das machte den Live-Charakter dieser Performance aus.
Der Schlusssong „Teufelsfaust“ vom Debütalbum Helvíti blieb besonders im Gedächtnis – sowohl musikalisch als auch durch die rohe Energie, die er transportierte. Insgesamt aber blieb vom Set vor allem der Eindruck purer Aggression, während atmosphärische Elemente fast völlig ausgeklammert wurden. Zwischen kraftvollen Momenten blitzten immer wieder gute Riffs und kurze Solos auf, doch das Gesamtbild blieb eher eindimensional.
Unterm Strich war der Drummer, trotz kleiner Fehler, der treibende Motor des Konzerts. Leidenschaft war bei beiden Musikern unübersehbar, doch nur mit Gitarre und Schlagzeug stößt man live schnell an Grenzen – das zeigte sich auch in der verhaltenen Reaktion des Publikums. Kaum Interaktion zwischen Band und Zuschauern, eher ein stilles Beobachten. Trotzdem: ein junger, vielversprechender Act mit spürbarem Potenzial, der in Zukunft sicher stärker nachwirken wird.
Setlist
01. Martröð
02. Brand
03. VRDRBN
04. Frostriesze
05. Teufelsfaust
AFSKY
Schon vor Beginn des Sets zeigte sich, dass hier eine andere Klasse auf die Bühne kam. Während der Drummer noch mit dem Aufbau beschäftigt war, spielten die übrigen Musiker eine spontane Improvisation – locker, fast scherzhaft, und dennoch auf einem beeindruckenden musikalischen Niveau. Ein kleiner Vorgeschmack darauf, wie eingespielt die Band ist.

Nach dem langen, von Band eingespielten Intro entfaltete sich sofort ein deutlicher Kontrast zum Opener. AFSKY wirkten vom ersten Moment an atmosphärischer, dichter, emotionaler. Ole Pedersen Luks Schreie brannten sich durch den Nebel, voller Leidenschaft und Schmerz – genauso intensiv wie auf Platte. Klanglich tauchte man tief in die nordische Schwermut ein. Optisch allerdings übertrieb man es etwas mit dem Nebel: So sehr die Band auf Atmosphäre setzt, zu viel davon nimmt dem Publikum die Sicht – und letztlich wollen die Leute die Musiker auch sehen.
AFSKY, das dänische Ein-Mann-Projekt von Ole Pedersen Luk, hat sich in den letzten Jahren zu einer der faszinierendsten Erscheinungen des modernen Black Metal entwickelt. Seine Klangwelten – tief verwurzelt im nordischen Seelenleben – kreisen um Verzweiflung, Hoffnung, Tod und Erinnerung. Mit dem aktuellen Album Fællesskab hat Luk erneut bewiesen, wie intensiv und emotional Black Metal klingen kann.
Live wird diese Musik zu einem fast surrealen Erlebnis: wild, authentisch, schmerzhaft schön. Ole spielt mit technischer Präzision, aber vor allem mit einer spürbaren inneren Hingabe. Man sieht ihm an, wie sehr er in seiner Musik versinkt. Er lebt jeden Ton, jede Phrase. Seine Gitarrenlinien tragen dieselbe Qual und Zerrissenheit, die seine Stimme ausstrahlt.
Weniger überzeugend war dagegen der Bassist, der sich mehr um Licht und Nebel kümmerte als um seinen Sound. Auch die zweite Gitarre ging im Mix weitgehend unter. Vielleicht wäre – wie auf den Alben – das Duo aus Ole und Drummer Martin Haumann die stärkere Live-Besetzung. Haumann beeindruckte auch an diesem Abend mit dynamischem, kontrolliertem Spiel; zusammen mit Ole bildete er das Rückgrat des Auftritts.
Das Publikum reagierte deutlich lebhafter als zuvor: Jubel, Schreie, Begeisterung. Einige weniger metalerprobte Zuschauer sorgten mit Stadion-Gestik für zusätzliche Stimmung, doch das tat der Atmosphäre keinen Abbruch. Trotz der Melancholie, die AFSKYs Musik durchzieht, war die Energie im Raum spürbar.
Klanglich allerdings war der Abend nicht optimal. Der Viper Room bot schon besseren Sound – die Mischung blieb eher flach, lebte vor allem von den Drums. Zu viele introspektive Momente führten dazu, dass die Publikumsreaktionen mitunter ausblieben. Aber genau das ist AFSKY: introspektiv, melancholisch, fast depressiv. Keine Band, die zum Headbangen einlädt, sondern eine, die zum Fühlen zwingt. Ole blieb ganz in sich versunken, ohne jede Ansprache, aber das passte zur Authentizität seiner Performance.
Trotz des verhangenen Sounds und der kaum sichtbaren Bühne blieb das Konzert faszinierend. Die unmenschlichen Schreie und die unaufhaltsamen Drums verkörperten die Essenz dieser Musik. Besonders die neuen Songs wirkten live noch intensiver, noch verletzlicher. Die dominierenden Gitarren klangen wie Klagen und Schreie zugleich – eine pure, emotionale Katharsis.
Ein Abend der Gegensätze: MÝRDAL roh, laut und ungeschliffen, AFSKY emotional, intensiv und tief berührend. Zwei Generationen von Black Metal – eine junge Band auf der Suche nach ihrer Identität und ein etablierter Künstler, der seine Musik lebt und atmet. Trotz schwachem Sound ein faszinierendes Konzerterlebnis, das zeigt, dass Black Metal live immer noch Herz, Schmerz und Hingabe bedeutet.

Setlist
01. Velkommen til livet
02. Flaggelanternes sang
03. Natmaskinen
04. Frosne vind
05. Tyende sang
06. Vættekongen
07. Den der ingenting ved tvivler aldrig
08. Tak for alt
09. Svanesang
10. Stormfulde hav
11. Et sidste farvel

