EUROPA VERANO 2025
BRUJERIA, ARCANE VEIL
11.08.2025, Viper Room Wien
BRUJERIA sind mehr als nur eine Band – sie sind ein Phänomen, das extreme Musik mit lateinamerikanischer Identität, bissigem Humor und politischer Schärfe verbindet. Seit Jahrzehnten mischt das Kollektiv aus anonym maskierten Musikern Grindcore, Death Metal und Groove zu einem explosiven Gebräu, das auf der Bühne seine volle Wucht entfaltet. Im Viper Room Wien entluden sie am 11. August diese geballte Energie – und sorgten für ein Konzert, das rohe Gewalt, unbändige Spielfreude und ausgelassene Publikumsaktionen in einem rauschhaften Abend vereinte.
Das Konzert, präsentiert und veranstaltet vom Viper Room Wien.
ARCANE VEIL
Opener des Abends waren die Lokalmatadore ARCANE VEIL, mit wuchtigem Sound, Tempowechseln und aggressiven Vocals. Viel findet man über sie nicht – außer, dass sie sich selbst als „Modern Death Metal from Austria“ bezeichnen und ihre Social-Media-Posts mit Schlagworten wie Metal, Death Metal, Metalcore oder Deathcore versehen. Genug, um eine grobe Vorstellung vom Sound zu bekommen.
Gegründet 2024 in Wien, beschäftigen sich ihre Texte mit antiker Mythologie, alternativer Geschichtsschreibung und vergessenen Legenden – und fordern die Hörer dazu auf, festgefahrene Wahrheiten zu hinterfragen. Ein interessanter Ansatz. Als lokale Band hatten sie natürlich viele Freunde im Publikum und begrüßten diese vor dem Auftritt noch herzlich. Danach ging es los – mit einer sehr theatralischen Bühnenpräsenz, Growls und Screams, und für die ersten Songs des Abends beeindruckendem Drumming. Während der Saal sich langsam füllte, herrschte eine freundliche, entspannte Stimmung.
Zu Beginn war das Ganze nicht gerade melodisch – nahe am Death Metal, aber nicht wirklich dort einzuordnen, weil viele andere Elemente im Sound auftauchten: melodische Leadgitarren, groovige Passagen, thrashige Momente, pure Noise-Ausbrüche, ja sogar kurze Jazz-Anklänge. Kein klar erkennbarer, einheitlicher Stil – vielleicht auch der Grund für die vage Selbstbeschreibung. „Modern Metal“ ist eben ein großer Hut, unter dem sich viele Spielarten verstecken.
Live spielen ARCANE VEIL mit zwei Gitarren, aber ohne Bass – und das hört man. Der Sound war nicht überwältigend, aber solide. Die Growls des Sängers lagen im Mix etwas zu weit hinten. Er wechselte zwischen Growls und Screams und bemühte sich sichtlich, das Publikum mitzureißen – allerdings blieb dieses auf Distanz, mehrere Meter vor der Bühne. Schade, denn sie gaben sich Mühe. Zum Ende hin wirkte die Band etwas erschöpft, das Tempo fiel ab.
Und dann die große Überraschung: „My Heart Will Go On“ – ja, genau, der weltbekannte Celine-Dion-Song – als Rausschmeißer. Nein, bei den ersten Akkorden gab es keine Jubelstürme, eher ungläubiges Staunen. Wieder einmal eine Band, die ihr Publikum nicht richtig einschätzt. Natürlich war der Song massiv verfremdet, mit Growls und extremer Aggression – aber diese paar erkennbaren Originaltakte reichten, um Verwunderung zu stiften.
Setlist
01. Intro
02. Phaistos
03. Sands Of Time
04. The Black Death
05. Anachronist Cult
06. The Emperor’s Flames
07. Northern Druids
08. Mercury And Stone
09. Into Oblivion
10. Downfall
11. Stars Of Nazca
12. My Heart Will Go On
BRUJERIA
Der große Name des Abends: BRUJERIA – und die versprachen ein echtes Spektakel. Ihr Mix aus Grindcore, Death Metal und Groove, kombiniert mit einer ordentlichen Portion lateinamerikanischem Spirit, ist immer ein Garant für Energieexplosionen.
Natürlich wollte jeder wissen, wer an diesem Abend tatsächlich auf der Bühne stehen würde. Bekanntlich hat die Band kein festes Line-up – wer aus dem Freundes- und Musikerumfeld gerade Zeit hat, wird eingeladen. Die Masken dienen zusätzlich dazu, die Identität zu verschleiern. Musik steht an erster Stelle. BRUJERIA inszenieren sich als mexikanische Drogenbarone, verwenden Pseudonyme und bleiben offiziell anonym – auch wenn man allgemein davon ausgeht, dass die kursierenden Namen zutreffen. Bestätigt wird das natürlich nie – doch meinen Informationen zufolge standen an diesem Abend El Sangrón (Vocals), El Criminal (Gitarre), El Sangriento (Bass) und El Sativo (Drums) auf der Bühne.
Noch bevor es losging, liefen mexikanische Traditionals vom Band – doch mit den ersten Akkorden von „Brujerizmo“ begann sich die Stimmung aufzuladen. „El desmadre“ ließ sie schließlich explodieren. Was für eine Energie und Dynamik! Und was für eine Resonanz vom Publikum: eine treue Fangemeinde, die in Shirts, Caps oder gar Masken mit Bandlogo erschienen war. Sofort bildete sich der erste Moshpit, der bis zum Ende nicht mehr verschwand.
Jeder weiß, wie BRUJERIA klingen – aber live? Noch aggressiver, noch dynamischer. Diese Musik ist gemacht für die Bühne. Die Band war pure Energie, ständig in Bewegung. Der Sänger kommunizierte viel zwischen den Songs, meist auf Spanisch, und die Fans sangen die bekannten Refrains lautstark mit.
Als „Ángel de la frontera“ erklang, passierte etwas, das man im Viper Room selten sieht: Crowdsurfing – und, noch seltener, Stagediving. Die Stimmung war jetzt am Siedepunkt.
Ein sehr emotionaler Moment folgte, als die Band verkündete, dass jedes zukünftige Konzert Juan Brujo und Pinche Peach gewidmet sei – beide 2024 verstorben, beide Gründungsmitglieder. Nach einer kurzen Gedenkminute ging es nahtlos weiter mit dem Abriss.
Im extremen Metal sind BRUJERIA einzigartig. Zu sagen, ihre Musik bestünde nur aus Rhythmus und Shouts, wäre viel zu einfach – aber diese beiden Elemente sind prägend. Hinzu kommen politisch und sozial explizite Texte mit einer ordentlichen Portion schwarzem Humor. Technische Gitarrenarbeit, druckvoller Bass, gnadenloses Drumming – alles solide gespielt von erfahrenen Musikern. Und der Sound im Viper Room war an diesem Abend wirklich stark.
Songs wie „Cristo de la roca“, „Revolución“ oder zum Finale „Raza odiada (Pito Wilson)“ und „Matando güeros“ entfalteten live noch mehr Kraft als auf Platte. Und die ist schon alles andere als zahm. Mit „Marijuana“ endete das Konzert – ein würdiger Abschluss für einen energiegeladenen Abend.
Nach diesem Abend steht fest: BRUJERIA sind auch 2025 ein Garant für pure, unverfälschte Live-Energie. Sie verbinden musikalische Präzision mit rebellischer Attitüde und einer Bühnenshow, die keine Kompromisse kennt. Ob im Moshpit, beim Crowdsurfing oder im kollektiven Mitsingen – die Band schafft es, ihre Fans in einen Ausnahmezustand zu versetzen. Das Vermächtnis von Juan Brujo und Pinche Peach lebt nicht nur weiter, es pulsiert mit jeder Note, jedem Schrei und jedem Schlag auf die Drums. BRUJERIA haben gezeigt, dass ihre Geschichte noch lange nicht zu Ende ist – und dass jeder, der sie live erlebt, Teil dieser Geschichte wird.
Setlist
01. Brujerizmo
02. El desmadre
03. Hechando chingasos (Greñudos locos II)
04. Anti-Castro
05. Vayan sin miedo
06. La migra (Cruza la frontera II)
07. Ángel de la frontera
08. Chingo de mecos
09. Cristo de la roca
10. Desperado
11. Colas de rata
12. La ley de plomo
13. División del norte
14. Revolución
15. Consejos narcos
16. Raza odiada (Pito Wilson)
17. Matando güeros
* Marijuana