Das zehnte Studioalbum der US-Alternative-Band CHEVELLE ist nach zahlreichen und langen Verzögerungen endlich erschienen. Ein heiß erwartetes Werk mit ihrem unverwechselbaren, nur schwer einzuordnenden Sound.
Zwischen Alternative, Metal und Melodie
In den USA seit Jahren ein fester Name, in Europa dagegen nur Insidern ein Begriff, lassen sich CHEVELLE musikalisch kaum in eine Schublade stecken. Seit ihrer Gründung 1995 durch Pete Loeffler (Gesang, Gitarre) und seinen Bruder Sam Loeffler (Schlagzeug) haben sie immer wieder den Stil gewechselt – von Alternative Rock, Post-Grunge und Hard Rock bis zu Alternative Metal. Dabei reichen die Songs von radiotauglich bis beinhart. Die Position am Bass wurde mehrfach neu besetzt, zuletzt spielt Kemble Walters als Live- und Studio-Musiker, der auch alle Songs des Albums mitproduziert hat.
Mit über sechs Millionen verkauften Alben und Hits, die in großen US-Serien platziert wurden, feierte die Band besonders in den 2000ern große Erfolge. 2016 folgte mit The North Corridor eine bewusst härtere, aggressivere Ausrichtung, die seitdem den Kurs bestimmt – auch wenn das 2021 erschienene Konzeptalbum NIRATIAS wieder mehr Melodie und Hooks ins Spiel brachte und Erinnerungen an ihr Meisterwerk Wonder What’s Next (2002) weckte. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an Bright as Blasphemy.
Von eingängig bis experimentell
Der Opener „Pale Horse“ startet vergleichsweise sanft und melodisch – eher eine emotionale Einstimmung als ein Song mit klaren Hooks. „Rabbit Hole (Cowards, Pt. 1)“ verbindet Direktheit mit melodischem Anspruch, guten Riffs und dynamischen Tempowechseln – der erste Single-Auskopplung und wohl ein Highlight der Platte. Der zweite Teil „Jim Jones (Cowards, Pt. 2)“ legt das Gewicht stärker auf Rhythmus und Härte, verzichtet aber weitgehend auf Eingängigkeit.
„Hallucinations“ reduziert den Sound auf Gesang und Gitarre, getragen von einer langsamen, melancholischen Stimmung. „Wolves (Love & Light)“ bringt groovige Rhythmen, einprägsame Basslinien und druckvolle Riffs – leicht aggressiver, aber mit Anleihen an ältere Songs der Band. Der chorartig geshoutete Refrain verstärkt den Druck, während die Gitarrenarbeit den stärksten Eindruck hinterlässt.
„Karma Goddess“ überrascht mit Sludge-Anklängen, tief gestimmten Gitarren und komplexem Songaufbau. „Blood Out In The Fields“ ist hingegen fast minimalistisch – langsames Tempo, reduzierte Instrumentierung, im Mittelpunkt allein Petes ausdrucksstarker Gesang.
„Al Phobias“ schlägt mit elektronischen Elementen und modernen Beats einen experimentellen Weg ein, der weder klar Metal noch Rock ist – ein Rückgriff auf die eklektische Seite von NIRATIAS. Den Abschluss macht „Shocked At The End Of The World“: dramatische Screams, tiefe Riffs, dynamische Wechsel und melodische Passagen formen ein düsteres, intensives Finale.
Ausdrucksstarke Vocals im Zentrum
Petes Stimme ist einmal mehr der Dreh- und Angelpunkt – warm und emotional, aber auch rau und zu aggressiven Screams fähig. Die Produktion ist makellos: klar, ausgewogen und professionell, jedes Detail sitzt. Dennoch lässt sich nicht überhören, dass manche Ideen weniger frisch wirken und manche Songs wie Selbstzitate klingen.
Guter Sound, durchwachsene Wirkung
Drummer Sam erwähnte mehrfach, dass die Entstehung des Albums schwierig und nicht gerade angenehm war – und diese Anspannung schwingt mit. Bright as Blasphemy behält den typischen CHEVELLE-Sound bei, wirkt aber streckenweise uninspiriert und selbstähnlich. Die Mischung aus Härte, Melodie und Atmosphäre bleibt vorhanden, doch nicht jeder Song zündet.
Für langjährige Fans ist es solide Kost, wenn auch nicht das kreativste Kapitel der Bandgeschichte. Neue Hörer werden hier wohl kaum den Drang verspüren, tiefer in das Werk von CHEVELLE einzutauchen.
Fazit: Kein Höhepunkt in der Bandgeschichte – „Bright as Blasphemy“ bleibt solide, aber ohne den Glanz früherer Tage.
Tracklist
01. Pale Horse
02. Rabbit Hole (Cowards, Pt. 1)
03. Jim Jones (Cowards, Pt. 2)
04. Hallucinations
05. Wolves (Love & Light)
06. Karma Goddess
07. Blood Out In The Fields
08. Al Phobias
09. Shocked At The End Of The World
Besetzung
Pete Loeffler – vocals, guitars
Sam Loeffler – drums