Dies ist die dritte Fassung dieser Rezension. Die erste entstand aus einer Mischung aus Amüsement und Irritation, getragen von Sarkasmus und Ironie angesichts der stark inszenierten Bildsprache der Band – unprofessionell und verworfen. Die zweite Version war nüchterner, blieb jedoch noch zu sehr vom Marketingbild beeinflusst und damit ebenfalls nicht ganz fair. Die vorliegende Fassung versucht bewusst, sich ausschließlich auf die Musik zu konzentrieren.
Die in Geheimnissen gehüllte Band aus Linz, HAGZISSA, meldet sich sechs Jahre nach ihrem Debüt mit neuem Material zurück. „Revelry of a Maltreated Jade“ ist jedoch kein neues Album, sondern eine kurze EP, bestehend aus zwei Songs sowie Intro und Outro. Stilistisch bleibt man den bisherigen Pfaden treu; die Band selbst bezeichnet ihre Musik weiterhin als „Old Witching Black Metal“.
Atmosphärischer Einstieg, hektischer Haupttrack, zerrissene Dramaturgie
Mit „Der Schwarze Teich (Introduction)“ eröffnen Bass und akustische Gitarre in einer sanften, melancholischen Melodie. Distanziert wirkende Hintergrundsounds unterstreichen die traurige Grundstimmung, der Bass sorgt für spürbare Tiefe. Ohne Übergang kippt die Atmosphäre jedoch in Aggression: „A Single Feather Coiling“ setzt ein – mit simplen Akkorden, rauen, hallgetränkten Vocals und einem deutlich punkgeprägten Drive.
Bereits früh wird der Fluss durch ein grooviges Schlagzeugfragment mit hallenden, klagenden Stimmen unterbrochen. Das Stück arbeitet mit permanenten Tempowechseln, springt von beinahe ruhigen Momenten zu einer Mischung aus Black Metal und Punk, ergänzt um ungewöhnliche, teils experimentelle Einschübe. Die Komposition wirkt sehr unruhig, voller Einflüsse und stilistischer Brüche. Eine klare melodische Linie lässt sich kaum ausmachen; stattdessen wechseln Genreansätze und Ausdrucksformen abrupt.
Gesprochene Passagen, eine sehr dominante Rhythmusgitarre, die andere Instrumente in den Hintergrund drängt, sowie ein Leadgitarrenteil, der eher an klassischen Heavy Metal erinnert, verstärken diesen Eindruck. Die Vielzahl an Ideen ist grundsätzlich interessant, doch mangelt es dem Song an einer geschlossenen Dramaturgie. Gute Ansätze tauchen auf, verschwinden jedoch ebenso schnell wieder. Die Haltung der Band ist deutlich hörbar, ebenso ihr Wille zur Eigenständigkeit – musikalisch bleibt vieles jedoch fragmentarisch.
Selbstbeschreibung statt Kontext
Versucht man, mehr über HAGZISSA und ihr aktuelles Line-up zu erfahren, stößt man lediglich auf einen einzigen, von der Band selbst veröffentlichten Text:
“Hagzissa is proud to revel its first musical output in years.
‘Revelry of a Maltreated Jade’ marks a troubled period of time when winds have been shaking the branchwoods truly and thus banned on wax and disc respectfully and honestly.
On this milestone the line-up has been as follows:
V. Adalbert II. (introducing)
A White Pawn (outroduction)
Mag. C. Rastelli
Hzg. B.v.Moser-Wampula
Materialized through Iron Bonehead Productions
19th December 2025
Mark the coming of the Witching Days and Magic Nights.”
Die Interpretation dieses Textes bleibt zwangsläufig dem Hörer selbst überlassen.
Minimalismus zwischen Ausdruck und Begrenzung
„Kingly Daughters Of The Alder-Wisp“ setzt den aggressiven Kurs fort und startet unmittelbar mit hohem Tempo. Chorale Elemente versuchen, eine kontrastierende melodische Ebene einzuziehen, bleiben jedoch eher skizzenhaft. Verzweifelte, geschriene Vocals mit starkem Hall dominieren das Klangbild, dahinter weiterhin ein punkaffiner Black-Metal-Ansatz.
Musikalisch ist der Song sehr reduziert, fast minimalistisch. Die Haltung wirkt eindringlicher als das tatsächliche Songmaterial. Repetitive Riffs, heulende Stimmen und eine insgesamt nervöse Grundstimmung bestimmen das Stück. Das Schlagzeug ist auffallend weit im Hintergrund, teils kaum wahrnehmbar, wodurch der Song im Wesentlichen von Gitarre und Gesang getragen wird. Ein kurzes Leadgitarrenmotiv taucht auf, erneut stilistisch eher außerhalb klassischer Black-Metal-Konventionen. Insgesamt bleibt der Eindruck überschaubar – und damit ist der eigentliche musikalische Kern der EP bereits abgeschlossen.
Die Produktion wirkt unausgeglichen. Mehrere Instrumente gehen im Gesamtklang unter, Übergänge zwischen den zahlreichen Tempowechseln fehlen weitgehend. Der bewusst rohe Ansatz führt zu einem verwaschenen, stark verhallten Sound, insbesondere bei den Vocals. Das erzeugt zwar eine gewisse Atmosphäre, geht jedoch auf Kosten von Klarheit und Durchsetzungskraft.
Das abschließende „Sic Transit (Gloria Mundi) / …Coda“ eröffnet eine neue Klangwelt. Perkussive Elemente, Windgeräusche und eine beinahe Jahrmarkt-artige Stimmung bestimmen den Beginn. Die letzten Momente bestehen aus kurzen Keyboardflächen, die an ein Streichinstrument erinnern, sowie der Stimme eines Kindes. In Atmosphäre und harmonischer Gestaltung schimmern klare Bezüge zum frühen norwegischen Black Metal durch. Als Outro funktioniert dieses Experiment, trägt jedoch kaum zum Gesamtgewicht der Veröffentlichung bei.
Ein Lebenszeichen ohne nachhaltige Wirkung
„Revelry of a Maltreated Jade“ ist letztlich ein sehr kurzes Lebenszeichen der Band, das vor allem bestehende Fans erfreuen dürfte. Musikalisch bleibt der Ertrag jedoch begrenzt. Intro und Outro sind experimentell angelegt, der zweite Song bewusst reduziert, sodass im Kern nur ein Stück bleibt, das tatsächlich Aufmerksamkeit beansprucht: „A Single Feather Coiling“. Dieser Song transportiert die bekannte Haltung der Band, wirkt in seiner Struktur jedoch überfrachtet und unentschlossen.
Die Vielzahl an Stilen und Ideen steht einer klaren Ausrichtung im Weg. „Old Witching Black Metal“ erweist sich hier als schwer greifbare, nur bedingt schlüssige Selbstverortung. Der Wille zur Eigenständigkeit ist spürbar, die Umsetzung bleibt jedoch unausgegoren.
Fazit: „Revelry of a Maltreated Jade“ ist vor allem ein kurzes, eklektisches Lebenszeichen von HAGZISSA – interessant in Ansätzen, jedoch ohne nachhaltigen Eindruck.
Tracklist
01. Der Schwarze Teich (Introduction)
02. A Single Feather Coiling
03. Kingly Daughters Of The Alder-Wisp
04. Sic Transit (Gloria Mundi) / …Coda
Besetzung
V. Adalbert II.
A White Pawn
Mag. C. Rastelli
Hzg. B.v.Moser-Wampula

