Die schwedische Ein-Mann-Band RUNEMAGICK meldet sich mit ihrem neuesten Werk »Cycle of the Dying Sun (Dawn of Ashen Realms)« zurück, einem Album, das sowohl die dunklen Traditionen des Death/Doom Metals als auch die atmosphärische Tiefe von epischem Doom Metal aufgreift. Hinter RUNEMAGICK steht seit jeher Nicklas Rudolfsson, der erneut sämtlichen Instrumente – Gesang, Gitarre, Bass, Synthesizer und Schlagzeug – eigenhändig eingespielt hat. Das Ergebnis ist ein Werk, das die Vorstellungskraft herausfordert und zugleich tief in melancholische, apokalyptische Klangwelten eintaucht.
Eindruck eines kosmischen Erwachens
Schon der Opener »Wyrd Unwoven« vermittelt den Eindruck eines kosmischen Erwachens. Langsame, drückende Gitarrenriffs verschmelzen mit düsteren Doom-Flächen, die wie ein endloser Nebel über einer sterbenden Welt wabern. Rudolfssons gutturaler Gesang schneidet wie ein scharfes Messer durch die dichte Klangkulisse, während die Rhythmussektion die Schwere des Death/Doom unaufhaltsam vorantreibt. Das Stück ist weniger Song im klassischen Sinn, mehr ein atmosphärischer Trip, der den Hörer auf das bevorstehende musikalische Epos vorbereitet.
»Old Bones« führt diese düstere Atmosphäre fort, konzentriert sich dabei aber stärker auf rhythmische Variation. Das Stück pendelt zwischen schleppenden Doom-Passagen und schnelleren Death-Metal-Interludien, ohne den narrativen Fluss zu verlieren. Besonders beeindruckend ist, wie Rudolfsson es schafft, trotz der Vielschichtigkeit der Instrumentierung eine klare emotionale Linie zu halten. Man spürt die Schwere vergangener Zeiten und die Vergänglichkeit alles Lebendigen.
Mit »The Hollow Chant of the Seer« öffnet sich eine weitere Dimension des Albums: mystische Melodien und sphärische Keyboardflächen dominieren die Komposition. Die Musik wirkt wie ein okkulter Ritualgesang, begleitet von bedrohlichen Gitarren- und Schlagzeugmustern. Dieses Stück ist ein Paradebeispiel für RUNEMAGICKs Fähigkeit, Doom-Metal nicht nur als Stilmittel, sondern als narrative Erfahrung einzusetzen.
Klangliche Weite
»The Runestone’s Lament« und »Womb of the Veiled Sun« vertiefen die Erzählung. Hier treffen archaische Riffs auf eine beinahe liturgische Rhythmik, während die Synthesizer eine klangliche Weite erzeugen, die den Hörer in einen Zustand melancholischer Reflexion versetzt. Beide Tracks vermitteln das Gefühl einer untergehenden Welt, die gleichzeitig faszinierend und bedrohlich wirkt. Rudolfssons Gesang schwankt zwischen Todesahnung und approximativ hypnotischer Entrücktheit – eine Technik, die das narrative Geflecht der Platte unterstützt.
Die zentrale, namensgebende Komposition »Ashen Realms« ist ein Höhepunkt des Albums. Die fast neunminütige Epik zeigt RUNEMAGICKs Meisterschaft im Verschmelzen von Death- und Doom-Elementen. Schwerfällige, doomige Riffs treffen auf rhythmisch komplexe Passagen, während melodische Lead-Linien die apokalyptische Stimmung unterstreichen. Hier wird das Konzept des Albums – der Kreislauf der Vergänglichkeit und die unaufhaltsame Macht der Natur – musikalisch greifbar.
Die zweite Hälfte des Albums widmet sich der zweiteiligen Komposition »Embers of the Unwritten Dawn«, die wie eine düstere Meditation wirkt. Während Part 1 die tiefste Dunkelheit erkundet, wirkt Part 2 wie ein schwacher Lichtschein am Horizont – dagegen bleibt die Schwere allgegenwärtig. Diese beiden Tracks verdeutlichen, dass RUNEMAGICK seine Stärke weniger in der Geschwindigkeit als in der atmosphärischen Verdichtung von Emotionen hat.
Abschließend bietet das Album noch »Beneath the Solar Embers (Demo)«, eine rohere, ungeschliffene Version, die den rohen Kern der Bandarbeit sichtbar macht. Gerade dieser Demo-Charakter verleiht dem Album Authentizität und zeigt, dass hinter der komplexen Instrumentierung desgleichen handwerkliche Direktheit steht.
Eepisch, melancholisch, unaufhaltsam
Insgesamt liefert RUNEMAGICK mit »Cycle of the Dying Sun (Dawn of Ashen Realms)« ein Werk, das die Essenz des Death/Doom-Metals in all seinen Facetten präsentiert: episch, melancholisch, unaufhaltsam. Die Stärke des Albums liegt in der atmosphärischen Dichte und der Fähigkeit, Geschichten allein über Klang zu erzählen. Gleichzeitig ist das Werk für manche Hörer möglicherweise zu langatmig, und die Monobesetzung kann stellenweise eine gewisse Homogenität in den Arrangements erzeugen.
Mit einer Bewertung von 3,5 von 5 Punkten verdient das Album Anerkennung für seine ambitionierte Komposition und die gelungene Umsetzung komplexer musikalischer Visionen, bleibt im Gegensatz hierzu in puncto Abwechslung und eingängiger Momente hinter den besten Veröffentlichungen des Genres zurück. Dennoch ist RUNEMAGICK ein Muss für Liebhaber von düsterem, atmosphärischem Death/Doom Metal, die bereit sind, sich auf epische Klanglandschaften einzulassen.
Fazit: Die One-Man-Band RUNEMAGICK zeigt mit »Cycle of the Dying Sun (Dawn of Ashen Realms)«, dass der Mastermind seiner Nische treu bleibt und dennoch neue Akzente setzen kann.
Tracklist
01. Wyrd Unwoven
02. Old Bones
03. The Hollow Chant of the Seer
04. The Runestone’s Lament
05. Womb of the Veiled Sun
06. Ashen Realms
07. Spires of the Drowned Horizon
08. Embers of the Unwritten Dawn (Part 1)
09. Embers of the Unwritten Dawn (Part 2)
10. Beneath the Solar Embers (Demo
Besetzung
Nicklas Rudolfsson – Vocals, guitars, bass, Synthesizers & drums

