Nadir Over Europe 2025
GROZA, THE SPIRIT, NORNÍR, ANTIKVLT
14.12.2025, Viper Room Wien
Ein weiterer intensiver Konzertabend im Viper Room Wien stand ganz im Zeichen dunkler Intensität und stilistischer Vielfalt innerhalb des extremen Metal. Mit einem sorgfältig kuratierten Line-up führte der Abend von roher Energie über rituelle Atmosphäre bis hin zu emotional verdichtetem Black Metal auf höchstem Niveau. TON-Music Productions zeichnete auch hier als Veranstalter verantwortlich und fügte der ohnehin beachtlichen Reihe hochkarätiger Extreme-Metal-Konzerte in Wien einen weiteren überzeugenden Abend hinzu.
ANTIKVLT
Der Abend begann mit einem äußerst energiegeladenen Auftakt durch die Eröffnungsband ANTIKVLT. Musikalisch auf Black Metal basierend, aber offen für zahlreiche weitere Einflüsse, entfaltete die Band von der ersten Minute an eine spürbare Wucht. Wut und Dringlichkeit bestimmten den Auftritt, die Bühnenpräsenz war intensiv und zog das Publikum sofort in ihren Bann. Der Viper Room war bereits zu diesem frühen Zeitpunkt nahezu vollständig gefüllt.

Gegründet wurde ANTIKVLT 2023 und wird angeführt von Chris Marrok, bekannt unter anderem durch Anomalie. Darüber hinaus ist er in verschiedenen weiteren Projekten aktiv, darunter Harakiri for the Sky, Schammasch und Austere. Live übernimmt Marrok ausschließlich den Gesang, während er auf dem Album sämtliche Instrumente selbst eingespielt hat. Am Schlagzeug steht Daniel Johansson, Gründungsmitglied der Band, ebenfalls bekannt durch Aspernamentum, Draconian und als ehemaliges Mitglied von Wormwood. Die beiden weiteren Musiker der Live-Besetzung werden später am Abend auch mit den Headlinern erneut auf der Bühne stehen.
ANTIKVLT befinden sich noch in einer Entwicklungsphase, zeigen jedoch bereits ein deutlich erkennbares Profil. Das Album wurde sehr positiv aufgenommen und transportiert eine hohe emotionale Dichte. Marrok ist auf der Bühne vollkommen in der Musik versunken, der Vortrag wirkt direkter und natürlicher als in manchen seiner anderen Projekte. Das Material des Abends passt hervorragend zu seiner Stimme und Ausstrahlung, getragen von einem modernen, punkbeeinflussten Impuls, der gut mit dem Grundgerüst der Songs harmoniert. Besonders die klagenden Refrains setzen emotionale Akzente. Insgesamt ein leidenschaftlicher, überzeugender Auftakt, der das Publikum sichtbar mitnahm und den Raum frühzeitig auf Betriebstemperatur brachte.
Setlist
01. What Love Can’t Buy
02. Red Light Suicide
03. No Rest for the Sacred
04. In Darkness They Trust
05. Crossed Lines
06. In Despendency
NORNÍR
Als zweite Band des Abends betraten NORNÍR aus Freiberg die Bühne. Ihre tiefe Verankerung in der nordischen Mythologie war sofort erkennbar – nicht nur durch die Körper- und Gesichtsbemalung, sondern auch durch das vom Band eingespielte Intro. Danach folgte direkter Black Metal mit dunklen Klangtexturen und treibenden Rhythmen.

Frontfrau Lethian überzeugte mit einer eindrucksvollen Gesangsleistung: schrille Schreie, intensive Ausbrüche, stark mit der Musik verwoben und glaubwürdig transportiert. Auch an der Gitarre prägte sie den Sound mit kraftvollem Riffing.
Live zeigte sich die Band deutlich aggressiver als auf ihren Veröffentlichungen. Wer die Alben kennt, hätte eher ein stärker atmosphärisch geprägtes Set erwartet. Stattdessen dominierte – abgesehen von teils umfangreichen Tape-Passagen, die gerade zu Beginn etwas überhandnahmen – ein direkter, roher Zugriff. Gleichzeitig fehlte ein Teil der melodischen Ausprägung der Studioaufnahmen, was dem Auftritt jedoch eine eigene Dynamik verlieh.
Die Songstrukturen folgten meist einem ähnlichen Muster: atmosphärische Einleitungen, dann ein plötzlicher Wechsel in ein schnelleres, grooviges Tempo. Vorhersehbar, aber effektiv – und live funktionierte dieses Konzept durchgehend gut. Inhaltlich bewegen sich NORNÍR in Themenfeldern wie Natur und Spiritualität, kraftvoll vermittelt durch die teils unmenschlich wirkenden Schreie der Sängerin. Unterstützt wurde sie von Gitarrist Angrist mit verzweifelten Backing Vocals, eine wichtige Ergänzung im Gesamtbild.
Die Rhythmussektion bestand aus zwei Live-Musikern. Schlagzeuger Herbst agierte sehr souverän und routiniert, während der Bass hingegen kaum Präsenz zeigte – weder klanglich noch optisch. Dennoch war Lethian klar die treibende Kraft der Band und führte den Auftritt mit großer Intensität. Das Publikum reagierte positiv, mit viel Applaus und spürbarer Beteiligung.
Setlist
01. Vígr
02. Krigsrop
03. Pest
04. Galdr
05. Høst, du ville kraft
06. Dedicated to the Night
07. Ere the World Falls
08. Valr
THE SPIRIT
Aus Saarbrücken stammend, betraten THE SPIRIT die Bühne und präsentierten ihren charakteristischen Mix aus Death- und Black Metal. Bereits der Opener „Against Humanity“ machte deutlich, wofür die Band steht: massive Growls, technische Präzision und eine unnachgiebige Aggression.

MT an Gitarre und Gesang zeigte sich wie gewohnt vollkommen in der Musik aufgehoben. Am Schlagzeug überzeugte MS mit hoher Präzision, sauberer Koordination und dynamischem Spiel. Insgesamt wirkte der Sound sehr aggressiv, auch wenn atmosphärische Passagen fest in die Kompositionen integriert sind. Die Grundstimmung blieb jedoch wütend, aufgeladen und energisch.
Der Set begann mit neueren Stücken, die live deutlich druckvoller wirkten als auf dem letzten Album. Während das Debüt mit seiner Eigenständigkeit noch besonders auffiel, tendieren die folgenden Veröffentlichungen stellenweise zu Wiederholungen, bleiben aber interessant. MT trägt den Auftritt mit voller Hingabe, während die übrigen Musiker eher distanziert wirkten. „Repugnant Human Scum“ etwa überzeugte in Teilen, verlor live jedoch durch längere ruhige Abschnitte etwas an Dynamik.
Trotzdem wirkten die Songs im ersten Teil des Sets sehr geschlossen, mit schnellen Riffs, tiefen Growls und intensiven Spannungsbögen. Auffällig war, dass vor allem Gesang, Gitarre und Schlagzeug das Klangbild bestimmten; Bass und zweite Gitarre traten kaum hervor. Dafür funktionierte die Interaktion mit dem Publikum ausgezeichnet – insbesondere beim kollektiven Headbangen.
„Illuminate the Night Sky“ entfaltete live eine besondere Wirkung. Stücke wie „Cosmic Rain and Human Dust“ und „The Clouds of Damnation“ bleiben weiterhin Highlights im Repertoire, auch wenn ihre atmosphärischen Passagen stellenweise den Fluss bremsen. Insgesamt ein professioneller, technisch starker Auftritt, getragen vor allem von MTs intensiver Präsenz.
Setlist
01. Against Humanity
02. Room 101
03. Repugnant Human Scum
04. Celestial Fire
05. Pillars of Doom
06. Illuminate the Night Sky
07. Cosmic Rain and Human Dust
08. The Clouds of Damnation
GROZA
Mit GROZA betrat schließlich eine der derzeit meistbeachteten Black-Metal-Bands die Bühne. Dichter Nebel, Masken und das vertraute Bühnenbild waren sofort präsent, doch entscheidend war die Wirkung der Musik: Von den ersten Akkorden an entfaltete sich ein atmosphärischer, zugleich dynamischer Sound.

Gegründet 2016 als Ein-Mann-Projekt von P.G., war die Band anfangs deutlich von Acts wie Mgła oder Uada geprägt. Inzwischen hat sich GROZA jedoch deutlich weiterentwickelt. Das aktuelle Album „Nadir“ zeigt mehr emotionale Tiefe, größere Räume und eine reifere Komplexität. Mit den ersten Songs dieses Albums setzte der Auftritt ein und zog das Publikum unmittelbar in die typische GROZA-Atmosphäre, ohne dabei konstruiert zu wirken.
Die besondere Stärke der Band liegt in ihrer Balance: emotional, ohne ins Überzeichnete zu kippen; aggressiv, ohne die Kontrolle zu verlieren. Diese Ausgewogenheit hebt GROZA innerhalb des Genres hervor. Die instrumentale Leistung war durchgehend auf hohem Niveau, besonders das Schlagzeug von T.H.Z. stach hervor – technisch versiert, präzise und mit ausgezeichnetem Sound. Auch Licht und Ton waren an diesem Abend hervorragend abgestimmt und unterstützten den professionellen Gesamteindruck.
Das Publikum reagierte entsprechend intensiv, denn die Musik ist persönlich und emotional zugänglich. Zentraler Motor der Band ist P.G. selbst, verantwortlich für Gesang und Bass. Ein äußerst aktiver Musiker innerhalb der Szene, der mit Authentizität, Ausdrucksstärke und markanten Growls den Kern von GROZA verkörpert.
Auch die Gitarrenarbeit von S.R. und U.A. überzeugte durch Routine und Präzision, ergänzt durch stimmige Backing Vocals. Nach einem Mittelteil mit älteren Stücken widmete sich das Finale wieder dem aktuellen Album: „Deluge“ und „Daffodils“, letzteres Mike gewidmet, dem ehemaligen Bassisten der Band, der vor zwei Jahren verstorben ist. Eine bewegende Geste und zugleich ein starker musikalischer Abschluss.
Der Auftritt spannte einen weiten Bogen zwischen Zurückhaltung und Ausbruch, Melancholie und Härte. Ein vollständiges, eindrucksvolles Set, das eindrucksvoll zeigte, warum GROZA derzeit zu den relevantesten Namen ihres Genres zählen.

Setlist
01. Soul : Inert
02. Asbest
03. Ouroboros
04. Elegance of Irony
05. The Redemptive End
06. Equal. Silent. Cold.
07. Dysthymian Dreams
08. Unified in Void
09. Deluge
10. Daffodils

