Mit »Öröklét« legt das Duo WITCHER ein Album vor, das sich Zeit nimmt. Zeit für Atmosphäre, für leise Verschiebungen, für Stimmungen, die nicht sofort greifbar sind, sich immerhin festsetzen. Atmospheric-Black-Metal ist hier weniger Genre-Schublade als Ausgangspunkt. Gere Karola und Neubauer Roland nutzen dessen Mittel, um etwas sehr Eigenes zu formen, verwurzelt in osteuropäischer Melancholie, im Gegensatz hierzu offen für klassische und experimentelle Einflüsse.
Nichts beiläufig
WITCHER besteht aus zwei Personen, was man der Musik anmerkt, allerdings nicht im Sinne von Reduktion. Gere Karola steuert Synths und Gesang bei, Neubauer Roland übernimmt Gitarre, Schlagzeug und ebenfalls Gesang. Diese klare Aufteilung sorgt für eine bemerkenswerte Geschlossenheit. Nichts wirkt überladen, nichts beiläufig. Jede Spur scheint bewusst gesetzt, jede Wiederholung gewollt.
Der Opener »Ӧrökség« (Heritage) führt behutsam in die Welt des Albums ein. Kalte Synthflächen legen sich über ein zurückhaltendes Gitarrenmotiv, das Schlagzeug bleibt zunächst im Hintergrund. Der Track baut weniger auf Spannung als auf Stimmung. Man hört eher Landschaften als Songs. Die ungarischen Titel und Texte verstärken diesen Eindruck. Sie geben der Musik eine regionale Färbung, ohne folkloristisch zu werden. Es geht nicht um Tradition als Zitat, sondern um Herkunft als Gefühl.
»Szélhozó« (Windbringer) zieht das Tempo leicht an. Hier zeigt sich deutlicher die Black-Metal-Seite der Band. Tremolo-Gitarren treten hervor, das Schlagzeug arbeitet mit treibenden, im Kontrast hierzu nie hektischen Rhythmen. Der Gesang bleibt distanziert, approximativ geisterhaft, und fügt sich mehr als weiteres Instrument ein, statt eine klassische Frontrolle zu übernehmen. Gerade das macht den Reiz aus. WITCHER erzählen nichts, sie deuten an.
Mit »Röghöz kötött« (Soil-bound) wird das Album erdiger. Die Gitarren klingen schwerer, das Tempo sinkt wieder. Der Song lebt von Wiederholung und subtilen Variationen. Kleine Veränderungen im Synth-Teppich oder in der Dynamik des Schlagzeugs reichen aus, um den Hörer bei der Stange zu halten. Hier zeigt sich, wie gut das Duo Spannung ohne klassische Dramaturgie aufbauen kann.
Dichte Atmosphäre, authentische Umsetzung
Der Titeltrack »Öröklét« (Eternity) bildet das emotionale Zentrum der Platte. Über weite Strecken wirkt der Song beinahe meditativ. Lang gezogene Akkorde, zurückgenommene Percussion, darüber schwebende Synths. Der Gesang tritt nur sparsam in Erscheinung und wirkt mehr wie ein fernes Echo. Der Begriff Ewigkeit wird hier nicht pathetisch ausgespielt, sondern ruhig, fast resigniert betrachtet. Das passt zur Grundstimmung des Albums, das eher nach innen schaut als nach außen.
Eine besondere Rolle nimmt das abschließende Stück ein: »Piano Trio No. 2 – Andante con moto«, eine Bearbeitung von FRANZ SCHUBERT. Die Entscheidung, ein klassisches Werk ans Ende eines Atmospheric-Black-Metal-Albums zu stellen, wirkt zunächst überraschend, ergibt im Kontext hingegen Sinn. Die Band reduziert Schubert nicht auf bloße Stimmung, sondern integriert das Stück respektvoll in den eigenen Klangkosmos. Sämtliche Melancholie und das langsame Voranschreiten des Originals fügen sich nahtlos in die vorherige Dramaturgie ein. Es ist weniger Cover als Kommentar, weniger Bruch als leiser Ausklang.
Bewusst rau, aber nicht roh
Produktionstechnisch bleibt »Öröklét« bewusst rau, aber nicht roh. Die Instrumente haben Raum zu atmen, die Synths überdecken die Gitarren nicht, das Schlagzeug klingt natürlich und nicht getriggert. Man hört, dass hier kein Studio-Perfektionismus angestrebt wurde, sondern Authentizität. Das kommt der Atmosphäre zugute, verlangt demgegenüber Geduld vom Hörer.
»Öröklét« ist kein Album für den schnellen Konsum. Es entfaltet seine Wirkung über Zeit und Wiederholung. Wer klassische Songstrukturen oder sofortige Höhepunkte erwartet, wird hier nicht fündig. Wer sich jedoch auf langsame Entwicklungen, dichte Klangbilder und eine konsequent durchgezogene Stimmung einlassen kann, findet in WITCHER’s neuem Werk einen stillen, freilich nachhaltigen Begleiter.
Fazit: »Öröklét« von WITCHER ist ein Album, das durch seine dichte Atmosphäre, authentische Umsetzung und kreative Neuinterpretationen besticht.
Tracklist
01. Ӧrökség (Heritage)
02. Szélhozó (Windbringer)
03. Röghöz kötött (Soil-bound)
04. Ӧröklét (Eternity)
05. Piano Trio No. 2 – Andante con moto (Franz Schubert cover)
Besetzung
Gere Karola – Synths/Vocals
Neubauer Roland – Guitars/Drums/Vocals











Der Opener
Auch die schnelleren Momente wirkten insgesamt eher träge. Der Bass war deutlich zu laut abgemischt, was im Publikum sichtlich Unmut verursachte – viele reagierten kopfschüttelnd, sobald die tiefen Frequenzen den Raum überwältigten. Der Sänger gab sich freundlich und suchte immer wieder den Kontakt zum Publikum, erhielt aber kaum sichtbare Resonanz. Es war noch früh am Abend, und angesichts des langen Programms musste die Show zeitig beginnen.
Musikalisch lässt sich NIGHTFALL schwer einordnen. Ein Mix aus melodischem Death Metal, der nie ganz melodisch wird, und Balkan-inspirierten Melodien, die den Songs eine folkloristische Note verliehen. Das muss nicht negativ sein. Der Rhythmus funktionierte stellenweise gut, es gab vereinzelt melodische Momente, und entscheidend: Das Publikum hatte sichtbar Freude. Das ist letztlich der Zweck – und diesen erfüllten sie.
Von Beginn an zeigte Nick, dass er das Publikum vollkommen im Griff hat. Er wusste exakt, wann er was tun musste, um die Menge zu bewegen. Moshen, Headbangen – endlich passte die Musik wieder perfekt zu dieser Art von Energie. Leidenschaftliche Darbietung, treibender Rhythmus, großartige Riffs, starke Melodien. Und ja, gute Solos – aber…
Am Bass: David Vincent. Der legendäre Ex-Sänger und Bassist von Morbid Angel, aber hier – wie ursprünglich – ausschließlich Bassist. Seine Linien waren präzise, druckvoll und spieltechnisch auf höchstem Niveau. Eine beeindruckende Darbietung. Und am Schlagzeug: Pete „Commando“ Sandoval. Eine Ikone. Ex-Morbid Angel, einer der schnellsten und präzisesten Drummer der Metalgeschichte. Seine Leistung war unfassbar punktgenau, kraftvoll und rhythmisch straff.
Der Großteil des Sets bestand aus dem Debütalbum „World Downfall“ von 1989 – ihrem besten Werk und einem der wichtigsten Grindcore-Alben überhaupt. Das gesamte Album wurde vollständig gespielt. Mit perfektem Sound, exzellenter musikalischer Umsetzung und einer solchen Konzentration an Klasse wirkte das Konzert beinahe surreal – fast schon ein Idealbild dessen, wie eine Live-Show klingen kann.
In einer dichten Nebelwolke betrat die Band die Bühne und eröffnete mit älteren Songs. Im Publikum herrschte sofortige Ekstase. Jeff erinnerte daran, dass ihr letzter Wien-Auftritt 40 Jahre zurücklag – ein unglaubliches Intervall für ihre alten Fans, die zahlreich erschienen waren.
Mit den ersten Noten des Albums erreichte die Stimmung im Saal ein neues Hoch. Song für Song, in Originalreihenfolge, entfalten sich die Highlights. Es war mehr als ein historisches Reenactment – es war großartige Musik, präzise gespielt. Die Gitarren wirkten straff und energisch, der Bass hatte Gewicht, das Schlagzeug trieb alles nach vorne, und Jeffs Stimme dominierte das Gesamtbild. Hohe Growls, Schreie, ein unverwechselbares Timbre.






Technisch agierten GRACELESS äußerst souverän, das Zusammenspiel wirkte routiniert und geschlossen. Die Musiker erzeugten einen druckvollen Gesamtsound, ergänzt durch markante Solos und aggressive Uptempo-Riffs. Die doomigeren Passagen waren präsent, erreichten live jedoch nicht ganz die Tiefe der Albumversionen. Nach dem rasanten Auftakt wirkten die langsameren Momente etwas weniger zwingend, was nach dem intensiven Anfang jedoch nachvollziehbar ist. Insgesamt entfaltete das Material live mehr Direktheit und Wucht als auf Platte.
Nach einem etwas chaotischen Beginn und längerer Umbauphase fand die Band in einen kraftvollen Flow. Das mittlerweile gut aufgewärmte Publikum reagierte direkt auf die komplexe, teils technisch geprägte Mischung aus Death Metal mit teils dissonanten, nicht immer melodischen Passagen. Einige unsaubere Übergänge führten stellenweise zu einem zerfahrenen Gesamteindruck. Die Growls hingegen überzeugten durchweg. Einzelne Instrumente klangen jeweils stark, als Gesamtbild jedoch nicht immer geschlossen. Hinzu kam, dass der Sound im Viper Room an diesem Abend nicht optimal war – was sich besonders bei PESSIMIST bemerkbar machte. In der Summe wirkten manche Songs auf Album nachvollziehbarer als live.
Gitarrist Walter Tjwa setzte mit seinen technisch sauberen, durchdachten Solos weitere Akzente. Im Zentrum stand jedoch wie immer Aad Kloosterwaard – Gründungsmitglied und einzige Konstante in der Bandgeschichte. Mit seinen markanten Growls und starker Bühnenpräsenz hatte er das Publikum fest im Griff. Ein äußerst starker Auftakt.
Ein massiver Sound, ein druckvolles Rhythmusfundament und aggressive Präzision trugen den Auftritt bis zum Schluss. „The Masquerade of an Angel“ und „Deformation of the Holy Realm“ bildeten ein starkes Finale: wilde Growls, ein kurzes, prägnantes Bass-Solo und messerscharfe Gitarren, die sich unerbittlich – im besten Sinne – durch den Raum schnitten. Bei einer derart starken Songbasis fällt es leicht, ein überzeugendes Live-Set zusammenzustellen.



