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WITCHER – Öröklét

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witcher - oeroeklet - album cover
witcher - oeroeklet - album cover

Band: WITCHER 🇭🇺
Titel: Öröklét
Label: Filosofem Records
VÖ: 04/11/25
Genre: Atmospheric Black Metal

Bewertung:

4/5

Mit »Öröklét« legt das Duo WITCHER ein Album vor, das sich Zeit nimmt. Zeit für Atmosphäre, für leise Verschiebungen, für Stimmungen, die nicht sofort greifbar sind, sich immerhin festsetzen. Atmospheric-Black-Metal ist hier weniger Genre-Schublade als Ausgangspunkt. Gere Karola und Neubauer Roland nutzen dessen Mittel, um etwas sehr Eigenes zu formen, verwurzelt in osteuropäischer Melancholie, im Gegensatz hierzu offen für klassische und experimentelle Einflüsse.

Nichts beiläufig

WITCHER besteht aus zwei Personen, was man der Musik anmerkt, allerdings nicht im Sinne von Reduktion. Gere Karola steuert Synths und Gesang bei, Neubauer Roland übernimmt Gitarre, Schlagzeug und ebenfalls Gesang. Diese klare Aufteilung sorgt für eine bemerkenswerte Geschlossenheit. Nichts wirkt überladen, nichts beiläufig. Jede Spur scheint bewusst gesetzt, jede Wiederholung gewollt.

Der Opener »Ӧrökség« (Heritage) führt behutsam in die Welt des Albums ein. Kalte Synthflächen legen sich über ein zurückhaltendes Gitarrenmotiv, das Schlagzeug bleibt zunächst im Hintergrund. Der Track baut weniger auf Spannung als auf Stimmung. Man hört eher Landschaften als Songs. Die ungarischen Titel und Texte verstärken diesen Eindruck. Sie geben der Musik eine regionale Färbung, ohne folkloristisch zu werden. Es geht nicht um Tradition als Zitat, sondern um Herkunft als Gefühl.

 

»Szélhozó« (Windbringer) zieht das Tempo leicht an. Hier zeigt sich deutlicher die Black-Metal-Seite der Band. Tremolo-Gitarren treten hervor, das Schlagzeug arbeitet mit treibenden, im Kontrast hierzu nie hektischen Rhythmen. Der Gesang bleibt distanziert, approximativ geisterhaft, und fügt sich mehr als weiteres Instrument ein, statt eine klassische Frontrolle zu übernehmen. Gerade das macht den Reiz aus. WITCHER erzählen nichts, sie deuten an.

Mit »Röghöz kötött« (Soil-bound) wird das Album erdiger. Die Gitarren klingen schwerer, das Tempo sinkt wieder. Der Song lebt von Wiederholung und subtilen Variationen. Kleine Veränderungen im Synth-Teppich oder in der Dynamik des Schlagzeugs reichen aus, um den Hörer bei der Stange zu halten. Hier zeigt sich, wie gut das Duo Spannung ohne klassische Dramaturgie aufbauen kann.

Dichte Atmosphäre, authentische Umsetzung

Der Titeltrack »Öröklét« (Eternity) bildet das emotionale Zentrum der Platte. Über weite Strecken wirkt der Song beinahe meditativ. Lang gezogene Akkorde, zurückgenommene Percussion, darüber schwebende Synths. Der Gesang tritt nur sparsam in Erscheinung und wirkt mehr wie ein fernes Echo. Der Begriff Ewigkeit wird hier nicht pathetisch ausgespielt, sondern ruhig, fast resigniert betrachtet. Das passt zur Grundstimmung des Albums, das eher nach innen schaut als nach außen.

Eine besondere Rolle nimmt das abschließende Stück ein: »Piano Trio No. 2 – Andante con moto«, eine Bearbeitung von FRANZ SCHUBERT. Die Entscheidung, ein klassisches Werk ans Ende eines Atmospheric-Black-Metal-Albums zu stellen, wirkt zunächst überraschend, ergibt im Kontext hingegen Sinn. Die Band reduziert Schubert nicht auf bloße Stimmung, sondern integriert das Stück respektvoll in den eigenen Klangkosmos. Sämtliche Melancholie und das langsame Voranschreiten des Originals fügen sich nahtlos in die vorherige Dramaturgie ein. Es ist weniger Cover als Kommentar, weniger Bruch als leiser Ausklang.

Bewusst rau, aber nicht roh

Produktionstechnisch bleibt »Öröklét« bewusst rau, aber nicht roh. Die Instrumente haben Raum zu atmen, die Synths überdecken die Gitarren nicht, das Schlagzeug klingt natürlich und nicht getriggert. Man hört, dass hier kein Studio-Perfektionismus angestrebt wurde, sondern Authentizität. Das kommt der Atmosphäre zugute, verlangt demgegenüber Geduld vom Hörer.

»Öröklét« ist kein Album für den schnellen Konsum. Es entfaltet seine Wirkung über Zeit und Wiederholung. Wer klassische Songstrukturen oder sofortige Höhepunkte erwartet, wird hier nicht fündig. Wer sich jedoch auf langsame Entwicklungen, dichte Klangbilder und eine konsequent durchgezogene Stimmung einlassen kann, findet in WITCHER’s neuem Werk einen stillen, freilich nachhaltigen Begleiter.

Fazit: »Öröklét« von WITCHER ist ein Album, das durch seine dichte Atmosphäre, authentische Umsetzung und kreative Neuinterpretationen besticht.

Tracklist

01. Ӧrökség (Heritage)
02. Szélhozó (Windbringer)
03. Röghöz kötött (Soil-bound)
04. Ӧröklét (Eternity)
05. Piano Trio No. 2 – Andante con moto (Franz Schubert cover)

 

Besetzung

Gere Karola – Synths/Vocals
Neubauer Roland – Guitars/Drums/Vocals

 

Internet

WITCHER – Öröklét CD Review

MY DOMINION – Extinction

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My Dominion -Extinction - album cover
My Dominion -Extinction - album cover

Band: MY DOMINION 🇩🇪
Titel: Extinction
Label: Independent
VÖ: 28/11/25
Genre: Melodic Death Metal

Bewertung:

3/5

Mit »Extinction« legen MY DOMINION ein Album vor, das fest im Melodic-Death-Metal verankert ist und zugleich den Anspruch hat, mehr zu sein als bloße Genre-Pflichterfüllung. Die Band bewegt sich auf vertrautem Terrain, versucht aber immer wieder, kleine Akzente zu setzen und dem Material eine eigene Handschrift zu geben. Herausgekommen ist eine Platte, die handwerklich solide arbeitet, emotional düster bleibt und dennoch nicht frei von Schwächen ist.

Wuchtige Riffs und treibende Drums

Der Opener und Titeltrack »Extinction« macht direkt klar, wohin die Reise geht. Wuchtige Riffs, treibende Drums und eine dichte Atmosphäre bestimmen den Einstieg. Martin Rätzkes Gesang bewegt sich zwischen rauer Aggression und kontrollierter Härte, ohne in monotones Gebrüll abzurutschen. Schon hier zeigt sich die Stärke der Band im Zusammenspiel: Gitarren und Rhythmussektion greifen sauber ineinander, der Song wirkt geschlossen und zielgerichtet. Ein echtes Ausrufezeichen ist er allein noch nicht.

Mit »Riot!« wird das Tempo angezogen. Der Track setzt auf direkte Ansprache, kurze Hooks und eine spürbare Punk-Attitüde im Unterton. Die Wechsel zwischen melodischen Gitarrenläufen und härteren Passagen funktionieren gut, auch wenn der Song in seiner Struktur vorhersehbar bleibt. Ähnlich verhält es sich bei »Bastards«, dass sich thematisch wie musikalisch in einer Welt aus Wut und Frustration bewegt. Hier punktet vor allem die Gitarrenarbeit von Rätzke und Stefan Etscheid, die sich ergänzen, ohne sich gegenseitig zu überlagern.

»Digging The Grave« bringt erstmals annähernd mehr Tiefe ins Album. Das Midtempo-Arrangement gibt Raum für Atmosphäre, der Bass von Nico Dittelbach tritt deutlicher hervor und verleiht dem Song Gewicht. Die Melodieführung ist klarer, approximativ hymnisch, ohne kitschig zu wirken. Ein ähnlicher Ansatz findet sich bei »Desolation«, das durch seine melancholische Grundstimmung auffällt. Hier zeigt sich, dass MY DOMINION durchaus in der Lage sind, Emotionen jenseits von reiner Aggression zu transportieren.

Mit »Destroy The Old World Order« kehrt die Band zur kompromisslosen Seite zurück. Der Song lebt von seiner Direktheit und der klaren Botschaft, wirkt im Kontrast hierzu stellenweise halbwegs überladen. Die Ideen sind da, werden allerdings nicht anhaltend konsequent ausgespielt. »Absence Of Light« hingegen überzeugt durch Dynamik. Wechsel zwischen ruhigen, fast nachdenklichen Momenten und explosiven Ausbrüchen sorgen für Spannung, desgleichen wenn der Song mehr Mut zur Reduktion hätte vertragen können.

Funktionale Songs

Der wohl brutalste Moment des Albums findet sich in »Killing Spree: Rampage«. Hier regiert das Tempo, Jan Tackens Schlagzeugarbeit ist präzise und gnadenlos. Der Track erfüllt seine Funktion als reiner Aggressionsausbruch, bleibt im Gegensatz hierzu eher ein funktionales Stück als ein Song, der nachhaltig im Gedächtnis bleibt. »It Follows« nimmt anschließend etwas Druck raus und setzt stärker auf Groove. Die Gitarrenmelodien sind eingängig, der Refrain bleibt hängen, ohne sich aufzudrängen.

Den Abschluss bildet »Butchered«, ein Song, der noch einmal alle Elemente des Albums bündelt. Härte, Melodie und eine düstere Grundstimmung treffen aufeinander, gewiss fehlt dem Finale der letzte große Moment. Statt eines klaren Schlusspunkts bleibt ein Gefühl von „gut gemacht, demgegenüber nicht ausgeschöpft“.

Produktionstechnisch bewegt sich »Extinction« auf einem ordentlichen Niveau. Der Sound ist klar, druckvoll und genretypisch, ohne steril zu wirken. Kleine Ecken und Kanten bleiben erhalten, was dem Album zugutekommt. Die Songs sind sauber aufgenommen, die Balance zwischen Instrumenten stimmt größtenteils.

Mut zum Risiko fehlt

Unterm Strich ist »Extinction« ein solides Melodic-Death-Metal-Album, das seine Stärken im Zusammenspiel und in einzelnen atmosphärischen Momenten hat. MY DOMINION zeigen, dass sie ihr Handwerk verstehen und wissen, wie man Songs schreibt, die funktionieren. Was fehlt, ist der Mut zum Risiko und der eine Song, der wirklich herausragt. Für Fans des Genres ist die Platte freilich hörenswert und liefert genau das, was sie verspricht, nicht mehr, indessen nicht weniger.

Fazit: Fans des Genres werden mit »Extinction« von MY DOMINION eine ordentliche Platte finden, die jedoch keine bahnbrechenden Neuerungen liefert

Tracklist

01. Extinction
02. Riot!
03. Bastards
04. Digging The Grave
05. Desolation
06. Destroy The Old World Order
07. Absence Of Light
08. Killing Spree: Rampage
09. It Follows
10. Butchered

 

Besetzung

Martin Rätzke – Vocals, Guitar
Stefan Etscheid – Guitar, Vocals
Nico ​Dittelbach ​- Bass
Jan Tacken – Drums

 

Internet

MY DOMINION – Extinction CD Review

HECATONCHEIR – Nightmare Utopia

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cover artwork HECATONCHEIR Nightmare Utopia
cover artwork HECATONCHEIR Nightmare Utopia

Band: HECATONCHEIR 🇸🇰
Titel: Nightmare Utopia
Label: Violence In The Veins
VÖ: 16/12/25
Genre: Black/Death/Sludge Metal

Bewertung:

4/5

Mehr als ein Jahr nach der digitalen Veröffentlichung erhält „Nightmare Utopia“ nun auch eine physische Version auf Vinyl – vor allem als Anerkennung der Qualitäten, die das Debütalbum von HECATONCHEIR auszeichnen. Ein sehr eigenständiger Stil, eine komplexe Genre-Verschränkung und eine musikdelische Tiefe, die Zeit braucht, um sich vollständig zu entfalten.

Dichte Klangräume zwischen Black Metal, Sludge und Death

Ein dichter Sound mit vollständiger Instrumentierung eröffnet das Album. „Dreamless“ präsentiert düstere Vocals und einen rohen Black-Metal-Grundton, der sich zunehmend in sludgeartige Gefilde mit klarerer Struktur und melodischer Ausrichtung bewegt. Diese unterschiedlichen Klangwelten – ergänzt durch deathmetallische Elemente – wechseln sich im gesamten Stück ab. Atmosphärische Passagen sind dabei organisch eingebunden und sorgen für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Härte und Weite.

Unheimliche, dunkle Atmosphären prägen den Einstieg in „Nightmare Utopia (I: The Falsebound Kingdom)“, das als kurzes Interludium fungiert, bevor „Nightmare Utopia (II: Him In The Gulf)“ die Thematik fortsetzt. Die beklemmende Stimmung bleibt erhalten: langsames Tempo, eine Verbindung aus Sludge und Doom, stark heruntergestimmte Gitarren und tiefe Growls bestimmen den Charakter. Die Musik verzichtet auf klassische Melodik, entfaltet aber durch ihr drückendes, disharmonisches Midtempo eine faszinierende Eigenständigkeit – bedrückend, schwer, aber durchgehend fesselnd.

HECATONCHEIR stammen aus der Slowakei, „Nightmare Utopia“ ist ihr Debütalbum, erschienen im Februar 2024. Im Jahr seit der Veröffentlichung hat das Album sowohl bei Hörern als auch bei Kritikern Aufmerksamkeit und Anerkennung gewonnen. Auch wenn der Sound nicht durchgehend klassisch blackmetallisch ist, entspricht die Haltung der Band diesem Geist, inklusive einer bewusst gepflegten Aura des Ungewissen. Bekannt sind die Beteiligten dennoch: Matej Takáč an Gitarre und Gesang, Andrej Lencsés an Bass und Gesang sowie Alexander Turček am Schlagzeug. Als Trio erzeugen sie einen massiven, raumfüllenden Klang, der mit vergleichsweise einfachen Akkorden eine enorme Wirkung erzielt.

Mit „Sefirot Of Understanding“ setzt sich der eindringliche Hörfluss fort. Ein langsames, introspektives Grundgefühl trifft auf melodische Linien, die sich mit aggressiveren Passagen abwechseln. Tief gestimmte Gitarren, tiefe Growls und gezielt eingesetzte schnelle Riffs formen ein klug komponiertes Stück, in dem unterschiedliche Tempos ineinandergreifen. Ambientartige Momente und kurze Eruptionen von Wut ergänzen sich zu einem stimmigen Gesamtbild. In vielerlei Hinsicht ist dies der repräsentativste Track des Albums – eine gelungene Synthese aller Einflüsse und Stile. Starkes Songwriting, klarer Höhepunkt.

Unkonventionelle Produktion und kontrollierte klangliche Rohheit

Die Produktion ist ebenso ungewöhnlich wie die Musik selbst. Sie bewahrt die Eigenheiten und Abgründe der Kompositionen, ohne den Sound zu glätten oder zu entschärfen. In diesem Sinne eine sehr gelungene Umsetzung. Rohe Texturen treffen auf klar ausgearbeitete atmosphärische Ebenen. Stark verzerrte Gitarren und Basslinien fungieren als konstantes Fundament, das immer wieder von überraschenden Ambientpassagen durchbrochen wird, in denen sich der Klang vollständig verändert.

Mit „The Crowning Horror“ schlägt die Band ein aggressiveres Kapitel auf. Schnellere Rhythmen, härtere Riffs und ein unnachgiebiges Schlagzeug prägen das Stück. Trotz Dissonanz bleibt eine klare melodische Linie erkennbar, ohne in übertriebene Raserei oder unangenehme Härte abzugleiten. Nach der massiven Klangwand folgt ein nahezu stiller Abschnitt mit ausgeprägtem Doom-Einschlag – extrem langsam, extrem schwer. Der Kontrast ist drastisch, aber wirkungsvoll und macht den Song zu einem weiteren markanten Moment des Albums.

Der düstere, schleppende Charakter setzt sich in „Madness Of The Stars“ fort. Der Bass spielt hier eine tragende Rolle und eröffnet erneut ein eigenständiges, spannendes Klangbild. Die Rhythmussektion agiert druckvoll und präzise, während gequälte, verzweifelte Vocals die Atmosphäre weiter verdichten. Wie bereits zuvor führen atmosphärische Übergänge zu einem fließenden Wechsel zwischen langsamen und schnelleren Passagen, zwischen Melodik und Dissonanz. Nahtlos mündet der Track in das abschließende „The Watcher, The Witness“.

Das Finale setzt auf Minimalismus: hallende Bass- und Gitarrenspuren, entfernte, verhallte Stimmen und eine surreale Grundstimmung. In tiefer Lage verweben die Gitarren eine fremdartige Melodie, die das düstere Gefühl weiter verstärkt. Die Vocals wirken wie ein Echo der Instrumente – entrückt, beinahe abstrakt. Alles bewegt sich in einem schleppenden Tempo, mit wenigen, lange nachhallenden Tönen, die den Hörer langsam entlassen.

Stilistische Offenheit und nachhaltige atmosphärische Wirkung

Die Musik von HECATONCHEIR überzeugt durch ihren eigenständigen Charakter und die Fähigkeit, komplexe Ideen zusammenzuhalten, ohne sich in Beliebigkeit zu verlieren. Atmosphärisch dicht, verstörend und stellenweise morbide, bietet das Album kaum Lichtblicke, bleibt dabei jedoch durchgehend packend und interessant.

Eine eindeutige Genre-Zuordnung fällt schwer. Besonders die Sludge-Elemente hinterlassen nachhaltig Eindruck – ihre Schwere und erdrückende Präsenz wirken lange nach. „Nightmare Utopia“ überzeugt sowohl durch einzelne starke Momente als auch als geschlossenes Gesamtwerk. Eine klare Empfehlung für Hörer, die genreübergreifende, experimentell angelegte Klanglandschaften schätzen.

Fazit: HECATONCHEIRs „Nightmare Utopia“ ist ein eindringliches Debüt, das durch Atmosphäre, Konsequenz und starke kompositorische Momente überzeugt.

Tracklist

01. Dreamless
02. Nightmare Utopia (I: The Falsebound Kingdom)
03. Nightmare Utopia (II: Him In The Gulf)
04. Sefirot Of Understanding
05. The Crowning Horror
06. Madness Of The Stars
07. The Watcher, The Witness

Besetzung

Matej Takáč – Guitars, Vocals
Andrej Lencsés – Bass, Vocals
Alexander Turček – Drums

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HECATONCHEIR – Nightmare Utopia CD Review

DIMHOLT – MetaForm

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cover artwork DIMHOLT MetaForm
cover artwork DIMHOLT MetaForm

Band: DIMHOLT 🇧🇬
Titel: MetaForm
Label: Independent
VÖ: 13/12/25
Genre: Black Metal

Bewertung:

2,5/5

Bulgarischer Black Metal ist nichts, was man sehr oft hört. DIMHOLT, eine der repräsentativsten Bands des Genres auf der lokalen Szene, präsentieren ihr drittes Studioalbum: „MetaForm„.

Guter Start, fragwürdiges Ende

Melancholische Töne auf Gitarrenakkorden eröffnen das Album mit dem Titelsong „MetaForm„. Langsam, aber ziemlich komplexe Instrumentierung, gequälte Vocals irgendwo zwischen Growlings und Shrieks – guttural, aber wirkungsvoll. Die Komposition ist komplex, die Musik ist klar Black Metal, auch wenn der melodische Teil einen großen Anteil ihrer Musik einnimmt. Drums – unerbittlich und kraftvoll – fehlt es an Fantasie, sie schlagen stetig denselben Rhythmus immer und immer wieder. Sehr südeuropäische Black-Metal-Einflüsse kommen in Form eines Chors mit Folk-Melodie, und in dieser Passage wird die musikalische Qualität gemindert – wird simpel und repetitiv. Ein guter Songstart und ein zweifelhaftes Ende, nicht der wirkungsvolle Albumauftakt, den sie wollen würden.

DIMHOLT stammen ursprünglich aus Burgas, zogen später in die Hauptstadt Sofia. 2003 gegründet, zunächst als Zweier-Projekt mit Asen an Gitarren und Woundheir für Vocals. Sie entwickelten sich langsam zu einer vollständigen Band – neue Mitglieder waren Rumen an Gitarren und Yavor am Bass, als Letzter stieß 2006 Stanimir am Schlagzeug dazu. Ziemlich stabile Besetzung, sehr auf Live-Auftritte fokussiert und weniger auf Veröffentlichung neuen Materials.

Mit erneuter Wut kommt „Radiance of Dying Light“ – direkterer und aggressiverer Black Metal. Sogar mit modernen Einflüssen. Aber bessere Instrumentierung, selbst die Drums wirken besser im Song, mit sehr modernem Sound und vielleicht näher an verschiedenen Musikstilen. Aber aggressiv, nicht so melodisch wie der Opener – ein viel besserer und leidenschaftlicherer Song. Das Album setzt sich fort mit „Totem“ – voller Sound, sehr aggressiv und technisch beeindruckend, mit distanter Leadgitarre, die eine melodische Linie webt, ein kontrastierendes Element, das den Song interessanter macht. Negativ kompensierend sind wieder die Drums – zu laut und uninteressant, auch nicht wirklich mit der Musik verbunden. Ein insgesamt guter Song mit guten und schlechten Details, die seine finale Form prägen.

Anfängerfehler: Drums ersticken alles

Die Produktion wäre als gut zu betrachten, hätte sie nicht die nervigen Drums, die irgendwie die ganze Freude am Musikhören zerstören. Die Technik und Qualität des Drummings ist die Wahl der Band, aber sie so laut zu mixen, ohne dass jemand realisiert, dass sie die meisten Instrumente überdecken, ist ein Anfängerfehler. Auch der Albumsound ist zwischen den Songs nicht sehr gleichmäßig – manche sind roher produziert, manche viel klarer, fast als wäre das Album an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten aufgenommen und gemischt worden. Klar eine Musik, die mit anderer und sorgfältigerer Produktion einen viel besseren Sound haben könnte.

Reality in Timeless Comatose“ behält den bereits etablierten Sound bei. Gute Gitarren, gute Melodie und leidenschaftliche, infernalische Vocals. Viel atmosphärischer, mit langsamen Passagen, die den guten Fluss unterbrechen – zu viele ambiente irrelevante Momente. Auch nicht so beeindruckendes Songwriting, eine sehr gewöhnliche Art von Black Metal. „The Horrors of Maddened Eyes“ eröffnet unentschlossen, wird aber schnell sehr dynamisch und behält für den Großteil des Songs den besseren Teil des Band-Sounds bei. Einige Wechsel in der melodischen Linie bringen noch mehr Aggressivität – insgesamt ein ausgewogener und guter Song.

Langsam und minimal kommt „To Embrace Profound Stillness“ – sehr melodisch und emotional, besonders die Gitarrenparts, mit einer fast akustischen Mittelpassage. Aber abgesehen von einer guten melodischen Linie ein Song, der mit nichts überrascht, vielleicht schlagen die nervigen Drums lauter und uninteressanter als zuvor. Und dieser ‚Drums überdecken alles andere‚-Sound setzt sich in „Tomb of Molten Stars“ fort. Nicht einmal leidenschaftliches Growling kann bei so einer Schlagmaschine glänzen – derselbe Sound immer und immer wieder. Zu schade für die anderen vier Bandmitglieder, die ebenfalls versuchten, hier etwas auszudrücken – aber nein, nur Drums zählen.

Der finale Song des Albums, „Tapestry of Shapeless Eternity„, bringt einen anderen, dumpfen Drums-Sound, weil er weiterhin den Klang dominiert. Dahinter versuchen ein paar Gitarren, mit einer melodischen Linie zu kommen, die Vocals probieren verschiedene Ansätze. Melodische, atmosphärische, ambiente Passagen sind sehr lang und bringen nichts Neues, nur Ruhe – und ironischerweise sind es genau diese Passagen, die die Drums zum Schweigen bringen, was eine willkommene Abwechslung ist.

Potenzial durch Drum-Dominanz verschenkt

Nach katastrophalen Rezensionen über ältere Alben und die Band im Allgemeinen sollte man sehr schlechte Musik erwarten. So schlecht ist es nicht. Zumindest für das „MetaForm„-Album ist es nur schlecht produziert, sehr inkonstant im Sound, oszillierend zwischen melodischem Ansatz, einem rohen und sehr direkten, auch atmosphärische Passagen fehlen nicht. Wirkt wie eine Band, die noch nicht entschieden hat, welche Art von Musik sie spielen will.

Sie haben einen soliden Drummer, verstanden – aber das ist kein Drums-Album. Bedauerlicherweise überschattet die Betonung der Drums die anderen Instrumente, was zu einem repetitiven und monotonen Sound führt. Der nachhaltige musikalische Aufwand wird durch die übermäßige Fokussierung auf Drums beeinträchtigt.

Höchstwahrscheinlich Hunderte von Stunden Probe, Songwriting, und ein guter Künstler hat für sie ein schönes Cover-Artwork gemacht, aber alles, was wir bekommen, sind konstant hart zuschlagende Drums. Aber werden wir nicht zu hart mit nur einem Element ihrer Musik. Während dem Album revolutionäre Elemente fehlen, zeigt es Qualitäten von anständigem Black Metal. Leidenschaft ist vorhanden, sie haben ein paar gute melodische Ideen, und technisch demonstrieren sie Präzision und gute Fähigkeiten.

Fazit: „MetaForm“ von DIMHOLT ist anständig – melodisch und atmosphärisch, aber die unstoppbaren Drums überdecken alle musikalischen Bemühungen.

Tracklist

01. MetaForm
02. Radiance of Dying Light
03. Totem
04. Reality in Timeless Comatose
05. The Horrors of Maddened Eyes
06. To Embrace Profound Stillness
07. Tomb of Molten Stars
08. Tapestry of Shapeless Eternity

Besetzung

Woundheir – Vocals
Asen – Guitars
Rumen – Guitars
Yavor – Bass
Stanimir – Drums

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DIMHOLT – MetaForm CD Review

POSSESSED, TERRORIZER – 10.12.2025, ((szene)), Wien

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Possessed 01

MORBIDFEST 2025

POSSESSED, TERRORIZER, SUICIDAL ANGELS, NIGHTFALL, ATER

10.12.2025 – ((szene)), Wien

Morbidfest-2025 tour poster

Ein Abend, an dem zwei der prägenden Wegbereiter von Grindcore und Death Metal in der Szene Wien aufeinandertrafen – präsentiert von TON-Music Productions. Bands, deren Bedeutung weit über ihre Diskografie hinausreicht und die bis heute zeigen, wie lebendig, energiegeladen und charakterstark Metal von Beginn an war und wie zeitlos frisch er noch immer klingt. Eine Demonstration technischer Versiertheit, Leidenschaft und ungebrochener Intensität.

ATER

Eröffnet wurde der Abend von einer dunklen Szenerie aus langsamen Akkorden und schweren, drückenden Klangflächen. Die Musik wirkte stark doom-lastig und mystisch, begleitet von religiös anmutenden Gesten der Musiker. Alles entfaltete sich langsam und setzte den Grundton für den weiteren Verlauf.

Ater 01Der Opener ATER aus Chile bezeichnet sich selbst als Dark Metal, ein ohnehin sehr breites Feld, in dem Bands völlig unterschiedliche musikalische Ansätze verfolgen. Laut eigener Beschreibung besteht ihr Stil aus Elementen von Death, Black, Doom, Gothic und Progressive Metal. An diesem Abend lag der Schwerpunkt jedoch deutlich auf doomigem Death Metal.

Die Musik war getragen, atmosphärisch und stellenweise von Chorpassagen durchzogen, die eindeutig an religiöse Musik erinnerten. Die Band bemühte sich um ein mystisches Erscheinungsbild und blieb dank der Lichttechnik meist im Halbdunkel. Musikalisch passte ihr Stil allerdings nicht besonders gut zu den restlichen Bands des Abends.

Ater 02Auch die schnelleren Momente wirkten insgesamt eher träge. Der Bass war deutlich zu laut abgemischt, was im Publikum sichtlich Unmut verursachte – viele reagierten kopfschüttelnd, sobald die tiefen Frequenzen den Raum überwältigten. Der Sänger gab sich freundlich und suchte immer wieder den Kontakt zum Publikum, erhielt aber kaum sichtbare Resonanz. Es war noch früh am Abend, und angesichts des langen Programms musste die Show zeitig beginnen.

Starke Hallanteile und Playback bei Akustikgitarrenpassagen prägten den Klang. Die Musik war nicht unbedingt melodisch, aber die Intention dahinter durchaus interessant. Ob es vor allem an der schlechten Abmischung lag oder nicht, bleibt unklar. Der Gesang bestand aus langen Klagelauten, vermutlich Clean Vocals, jedoch war die Qualität des Sounds dafür wenig förderlich. Insgesamt war ATER als Opener solide – sie brachten Atmosphäre in den Abend, auch wenn ihre introspektive, dunkle Musik nicht ideal zum weiteren Line-up passte. Ihren Job erfüllten sie dennoch gut.

NIGHTFALL

Die nächste Band, NIGHTFALL aus Griechenland, war nach unserer Album review im Vorfeld vielleicht nicht die verheißungsvollste Live-Aussicht. Doch ein Platz in diesem Line-up deutet darauf hin, dass ihnen eine zweite Chance zusteht.

Nightfall 01

Das Konzert begann mit auf Band eingespielten Flüstern als Intro, und als die gesamte Band auf die Bühne kam, wurde das vertraute, leicht theatralische Bild erneut deutlich. Der Sänger mit teils maskiertem Gesicht, mehreren Lagen eines capeförmigen Gewands und einem Handschuh mit angebrachtem Messer – das war das Image, das sie kultivierten.

Nightfall 02Musikalisch lässt sich NIGHTFALL schwer einordnen. Ein Mix aus melodischem Death Metal, der nie ganz melodisch wird, und Balkan-inspirierten Melodien, die den Songs eine folkloristische Note verliehen. Das muss nicht negativ sein. Der Rhythmus funktionierte stellenweise gut, es gab vereinzelt melodische Momente, und entscheidend: Das Publikum hatte sichtbar Freude. Das ist letztlich der Zweck – und diesen erfüllten sie.

Der Leadgitarrist blieb mit seinem mediterranen, folkloristisch gefärbten Sound prägend, während der Rest der Band stärker Richtung Metal tendierte. Das Ergebnis war teils eine ungewöhnliche Atmosphäre. Inhaltlich drehte sich alles um Dunkelheit – Titel, Texte, Themen –, doch diese dramatische Inszenierung verlor schnell an Wirkung.

Eine klare kompositorische Richtung war schwer auszumachen; die Übergänge zwischen den einzelnen Elementen eines Songs waren oft brüchig. Es gab Momente gelungener Rhythmik und kohärenter Musik, doch ebenso viel Pathos ohne entsprechendes musikalisches Fundament. Live war es weniger kitschig als auf dem Album, aber wirklich Eindruck hinterließ die Darbietung nicht. Ein weiterer Opener – nicht mehr, nicht weniger. Bis hierhin kein herausragender Abend, doch mit den nächsten Bands sollte es spannend werden.

Setlist

01. I Hate
02. Darkness Forever
03. As Your God is Failing Once Again
04. The Cannibal
05. Traders of Anathema
06. Seeking Revenge
07. Witches

SUICIDAL ANGELS

Jetzt wurde es ernst. SUICIDAL ANGELS gehören zu den Bands, die live verlässlich abliefern. Direkt, geradlinig, aggressiv – Thrash der alten Schule mit starken Songs und markanten Momenten. Ihre Diskografie ist solide, ihre Live-Erfahrung groß. Alles spricht für eine starke Show.

Suicidal Angels 01

Allerdings hat die Band einen neuen Leadgitarristen. Der langjährige Gitarrist Gus Drax, einer der prägenden Musiker ihrer Live-Auftritte, hat die Band verlassen, um sich seiner Solokarriere zu widmen. Natürlich neben Nick Melissourgos – Gründer, Sänger, Gitarrist, Songwriter und sympathischer Frontmann – dem Herzstück der Band.

Suicidal Angels 02Von Beginn an zeigte Nick, dass er das Publikum vollkommen im Griff hat. Er wusste exakt, wann er was tun musste, um die Menge zu bewegen. Moshen, Headbangen – endlich passte die Musik wieder perfekt zu dieser Art von Energie. Leidenschaftliche Darbietung, treibender Rhythmus, großartige Riffs, starke Melodien. Und ja, gute Solos – aber…

Die alten Songs eröffneten das Set und funktionierten als pure Headbanger. Im Mittelteil folgten Stücke ihres letzten Albums, die live erstaunlich gut ankamen. Die Menge war komplett dabei, die Energie hoch. Ein Moshpit bildete sich sofort, wenig später folgte Crowd Surfing.

Apokathilosis“, ihr traditioneller Abschluss-Song, funktionierte live erneut hervorragend – inklusive eines Solos, das diesmal absolut überzeugen konnte. Eine dynamische Show, ein eingelöstes Versprechen. SUICIDAL ANGELS liefern live, und an diesem Abend sogar besonders stark. Jetzt war das Publikum auf Betriebstemperatur, und die großen Namen folgten.

Setlist

01. Capital of War
02. Bloodbath
03. Purified by Fire
04. The Return of the Reaper
05. When the Lions Die
06. Crypts of Madness
07. Apokathilosis

TERRORIZER

Die legendäre Band aus Los Angeles, Pioniere des Grindcore, beeinflussten unzählige Musiker – allen voran Morbid Angel und Napalm Death. Nach einer kurzen Frühphase, späteren Reformierungen und neuen, durchaus starken Alben stehen sie heute erneut auf der Bühne.

Terrorizer 01

Für viele im Publikum waren TERRORIZER die eigentlichen Headliner. Diese Besetzung live zu sehen, ist eine Seltenheit – und ein Ereignis. Am Mikrofon: Brian Werner, mit enormer Bühnenpräsenz und beeindruckender stimmlicher Bandbreite. Growls, Screams, permanente Bewegung, Kämpfe mit dem makabren Mikrofonständer. Als ehemaliger Sänger von Vital Remains oder Monstrosity besitzt er einen Stil, der die früheren Stimmen der Band hervorragend transportiert. Perfekte Besetzung. An der Gitarre Richie Brown – ein exzellenter Musiker, bekannt von Mindscar, mit Stationen bei Exmortus oder The Absence. Präzise, messerscharfe Riffs.

Terrorizer 02Am Bass: David Vincent. Der legendäre Ex-Sänger und Bassist von Morbid Angel, aber hier – wie ursprünglich – ausschließlich Bassist. Seine Linien waren präzise, druckvoll und spieltechnisch auf höchstem Niveau. Eine beeindruckende Darbietung. Und am Schlagzeug: Pete „Commando“ Sandoval. Eine Ikone. Ex-Morbid Angel, einer der schnellsten und präzisesten Drummer der Metalgeschichte. Seine Leistung war unfassbar punktgenau, kraftvoll und rhythmisch straff.

Ein Traum-Line-up auf der Bühne. Der Einstieg erfolgte mit “Hordes of Zombies”, die bereits die gesamte Halle fesselten. In klarer Sicht – ein Crew-Mitglied hatte vor der Show ausdrücklich darum gebeten, auf Nebel zu verzichten. Gut so. Die Musik wirkte roh, energisch, unglaublich klar abgemischt. Ein beeindruckender Auftakt.

Terrorizer 03Der Großteil des Sets bestand aus dem Debütalbum „World Downfall“ von 1989 – ihrem besten Werk und einem der wichtigsten Grindcore-Alben überhaupt. Das gesamte Album wurde vollständig gespielt. Mit perfektem Sound, exzellenter musikalischer Umsetzung und einer solchen Konzentration an Klasse wirkte das Konzert beinahe surreal – fast schon ein Idealbild dessen, wie eine Live-Show klingen kann.

Die punkige Grundhaltung kam live noch stärker zur Geltung: dynamisch, erbarmungslos energisch, voller Druck. Brian präsentierte David und Pete mit großer Wertschätzung – sichtlich eine Ehre auch für ihn, mit solchen Musikern die Bühne zu teilen. Während alle Augen naturgemäß auf Bass und Drums lagen, trug Richie Brown mit seinen Gitarrenparts entscheidend den musikalischen Fluss. Die Vocals waren grandios, mitreißend, und Brian war als Frontmann durchgängig präsent und nahe am Publikum.

Eine solche Performance zu übertreffen, ist nahezu unmöglich. Persönlich betrachtet: Gemeinsam mit dem Nailbomb-Auftritt war dies das Konzert des Jahres in Wien. Es fehlen fast die Worte, um den Eindruck zu beschreiben. Großartig.

Setlist

01. Hordes of Zombies

“World Downfall”
02. After World Obliteration
03. Storm of Stress
04. Fear of Napalm
05. Human Prey
06. Corporation Pull-In
07. Strategic Warheads
08. Condemned System
09. Resurrection
10. Enslaved by Propaganda
11. Need to Live
12. Ripped to Shreds
13. Injustice
14. Whirlwind Struggle
15. Infestation
16. Dead Shall Rise
17. World Downfall 

18. Evolving Era
19. State of Mind
20. Crematorium
21. Nightmares

POSSESSED

Nach dieser monumentalen Darbietung betraten die offiziellen Headliner die Bühne: POSSESSED aus San Francisco – legendäre Thrash-Metal-Pioniere, von manchen Historikern als erste Death-Metal-Band bezeichnet. Oder zumindest als erste Band, die den Begriff „Death Metal“ verwendete. Stilistisch waren sie aber stets näher am Thrash.

Possessed 02

Gegründet 1982, eng verbunden mit der Bay-Area-Szene, wurden sie spätestens ab 1983 mit Jeff Becerra als Frontmann weltbekannt. Mit „Seven Churches“ veröffentlichten sie 1985 ein wegweisendes Album. Nach schweren Schicksalsschlägen und langen Pausen reformierte sich die Band 2007 und arbeitete sich langsam zurück nach oben. Ein wichtiger Teil der Death/Thrash-Historie stand an diesem Abend in der Szene auf der Bühne.

Possessed 03In einer dichten Nebelwolke betrat die Band die Bühne und eröffnete mit älteren Songs. Im Publikum herrschte sofortige Ekstase. Jeff erinnerte daran, dass ihr letzter Wien-Auftritt 40 Jahre zurücklag – ein unglaubliches Intervall für ihre alten Fans, die zahlreich erschienen waren.

Jeff nach all seinen Rückschlägen wieder am Mikrofon zu sehen, war beeindruckend. Entscheidender aber: Seine Stimme besitzt noch immer die ursprüngliche, markante raue Färbung. Sie klang absolut authentisch – wie auf den frühen Aufnahmen. Anfangs führten technische Probleme dazu, dass beinahe ein gesamter Song sowie Teile des nächsten ohne Vocals blieben, doch das Set lief weiter und die Situation wurde schließlich behoben.

Gerade rechtzeitig – denn der Großteil des Auftritts bestand aus dem vollständigen Durchspielen von „Seven Churches“. Ein Album von enormer Bedeutung, mit Kultstatus, roh, aggressiv und für seine Zeit erstaunlich kühn. Und es klang auch heute noch frisch und relevant.

Possessed 04Mit den ersten Noten des Albums erreichte die Stimmung im Saal ein neues Hoch. Song für Song, in Originalreihenfolge, entfalten sich die Highlights. Es war mehr als ein historisches Reenactment – es war großartige Musik, präzise gespielt. Die Gitarren wirkten straff und energisch, der Bass hatte Gewicht, das Schlagzeug trieb alles nach vorne, und Jeffs Stimme dominierte das Gesamtbild. Hohe Growls, Schreie, ein unverwechselbares Timbre.

Der Sound war sehr gut – vielleicht nicht ganz so kristallklar wie bei TERRORIZER, aber dennoch stark. „Death Metal“, der bekannteste Song des Albums, beendete den Hauptteil. Danach folgte ein kurzer Zusatzblock mit neuen und alten Stücken.

Die nachhaltigste Erinnerung des Abends bleibt jedoch untrennbar mit „Seven Churches“ verbunden. Lange nach Konzertende hallte „Death Metal“ noch in Köpfen und Herzen nach. Ein großartiges Erlebnis und, wie erwähnt, eines der stärksten Konzerte in Wien in diesem Jahr.

Possessed 05

Setlist

01. The Eyes of Horror
02. Tribulation
03. Demon

“Seven Churches”
04. The Exorcist
05. Pentagram
06. Burning in Hell
07. Evil Warriors
08. Seven Churches
09. Satan’s Curse
10. Holy Hell
11. Twisted Minds
12. Fallen Angel
13. Death Metal

14. Graven
15. Seance
16. Swing of the Axe

DAWN OF A DARK AGE – Ver Sacrum

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cover artwork DAWN OF A DARK AGE Ver Sacrum
cover artwork DAWN OF A DARK AGE Ver Sacrum

Band: DAWN OF A DARK AGE 🇮🇹
Titel: Ver Sacrum
Label: My Kingdom Music
VÖ: 12/12/25
Genre: Atmospheric/Experimental Black Metal

Bewertung:

3,5/5

Die italienische Band DAWN OF A DARK AGE, bekannt für ihre atmosphärische und mystisch aufgeladene Musik, kehrt mit dem neunten Album zurück: „Ver Sacrum„. Ein neuer Ansatz für historische Themen und eine Musik, die aus den antiken volkstümlichen Wurzeln des Folk entspringt, um diese multiinstrumental und mit einigen Metal-Musik-Einflüssen neu zu interpretieren.

Soft und melodisch: Kaum Metal zu hören

Distante Wind- und Regengeräusche, Naturklänge und eine zarte akustische Gitarre eröffnen den ersten Song des Albums, „Il Voto Infranto (L’Ira Di Mamerte)“ – die Musik bleibt atmosphärisch und sanft. Langsam definiert eine Vielzahl von Instrumenten die Klanglandschaft, die immer aggressiver wird, aber ihre Komplexität behält. Gutturale Vocals, Akkordeon, ein Chor mit sehr dramatischen Vocals. Nicht viel Metal-Musik in diesem Song außer einer Serie von Riffs, und die nicht wirklich aggressiv. Klarinette, das Markenzeichen der Band, markiert auch im finalen Teil des Songs ihre Präsenz, wo Folk-Einflüsse den Sound dominieren. Ziemlich simple Musik.

DAWN OF A DARK AGE ist eine 2014 gegründete Avant-garde-Black-Metal-Band unter der Leitung des Multiinstrumentalisten Vittorio Sabelli. Als Jazz- und klassischer Musiker war Sabelli Pionier für die Rolle der Klarinette im Black Metal. Nach der Saga „The Six Elements“ und einer dreijährigen Pause kehrt die Band mit einer Tetralogie zurück, die den Samnitern gewidmet ist, dem antiken italischen Volk. Neben Vittorio Sabelli (auch bekannt als Eurynomos), der Klarinetten, Bassklarinette, Akkordeon, Gitarren, Bass, Orgel und Piano spielt, finden wir den neuen Vocalist Ignazio Cuga alias Brusiòre und Diego ‚Aeternus‘ Tasciotti am Schlagzeug.

Aggressivere Gitarre und Instrumentierung kommen im nächsten Song „Il Consiglio Degli Anziani (L’Oracolo)„, aber die melodische Linie wirkt eher wie eine Fortsetzung des vorherigen Songs. Folk-Melodien, antike Einflüsse halten die melodische Linie näher an den antiken volkstümlichen Wurzeln der Folkmusik. Die Tremolo-gepickte Gitarre ist das Einzige, was an Black Metal erinnert – ansonsten hört man die experimentelle Seite der Band. Chöre verdoppelt durch distante Growls und simple repetitive Rhythmen, die an tribale Klänge erinnern, gesprochene Vocals. Eine klare theatralische Atmosphäre, aber immer noch nicht sehr viel musikalische Substanz.

Vocals dominieren eine sanfte Klangwelt

Sehr langsamer Rhythmus und sehr leichte Melodie prägt „Il Rito Della Consacrazione„. Mit anderem Vocal-Ansatz, aber im Folk- oder antiken Musikmodus bleibend – sehr tiefe Growls kombiniert mit harschen, aber cleanen Vocals. Die Klanglandschaft ist simpel, nur eine Leadgitarre und distante, aber frenetische Drums. Interessant als Sound, aber in Struktur und insgesamt nicht sehr Metal. Vocals sind das dominante und ausdrucksstärkste Element in einem Song, der sanft und melodisch bleibt.

Die Produktion ist gut und klar, versucht eine dynamische Dimension einzufangen, die nicht immer in der Musik der Band existiert. Der gesamte „antike“ Sound bleibt simpel und erfordert nicht viel technische Fähigkeiten, um auf die Spur gebracht zu werden. Insgesamt ein ausgewogener Sound, bei dem in den meisten Passagen die Vocals das definitive Element in der Musik sind, aber auch volkstümliche Instrumente haben gute Momente auf dem Album. Die cinematischen Momente sind gut in den Sound integriert.

Das finale Stück des Albums, „Venti Anni Dopo: La Partenza (Nascita Della Nazione Sannita)„, bringt endlich etwas mehr Leben in die Musik von DAWN OF A DARK AGE – ein solider Rhythmus und bessere Riffs. Gesprochene Vocals, die ein Gedicht rezitieren, wieder mit Wurzeln im antiken Geist. Ein Akkordeon mit melodischer Linie geht in eine nur gesprochene Passage über – der gute Start des Songs verschwindet wieder in alten Gewohnheiten. Klanglich an französische Akkordeon-Musik erinnernd, übernimmt eine Vielzahl von Instrumenten den zentralen Platz und gibt ihn dann weiter: Violinen, Klarinette, das bereits erwähnte Akkordeon, Orgelmusik – alle wiederholen dieselbe musikalische Linie in verschiedenen Tonalitäten und mit mehr oder weniger Dynamik. Ein langer und melodischer Song mit seltenen Gitarrenmomenten, die daran erinnern, dass sie als Metal-Musik geführt werden. Ein schöner und besser komponierter Song, aber weit entfernt von der Black-Metal-Musik, die man erwartet.

Falsch etikettiert: Folk statt Metal

Sehr sanfte und leichte Musik, irgendwo zwischen volkstümlicher leichter Musik und Folk – selbst wenn wir ein paar Riffs haben, ist die Musik weit davon entfernt, wirklich aggressiv zu sein. Nicht besser oder schlechter als andere Werke der Band – sie machen weiter, was bei ihnen resoniert, und das ist sanfte Folk-Musik mit nur ein bisschen eindringlichen Gitarren oder schnellem Drumming.

Das Hauptproblem des Albums ist nicht die Qualität der Musik, sondern dass sie einfach falsch als Metal bezeichnet wird. Sicher versteht man unter Atmospheric Black Metal eine komplett andere Art von Musik. Aber klar, unter dem breiten Schirm von „experimentell“ kann sich alles verstecken. Und hier finden wir Folk, Pagan, mystische, rituelle Musik. Einmal gewarnt, findet der Hörer ein erfreuliches Musikerlebnis – ohne Erwartungen von Metal-Musik gibt es keine Enttäuschungen. Dramatisch, theatralisch, wie antike Riten klingende Musik, so wie sich die Musiker heute vorstellen, dass sie klingt.

Fazit: DAWN OF A DARK AGE setzen die musikalische Richtung älterer Werke fort und mischen Folk-Einflüsse mit vielen Instrumenten in ihrem neuen Release „Ver Sacrum“.

Tracklist

01. Il Voto Infranto (L’Ira Di Mamerte)
02. Il Consiglio Degli Anziani (L’Oracolo)
03. Il Rito Della Consacrazione
04. Venti Anni Dopo: La Partenza (Nascita Della Nazione Sannita)

Besetzung

Vittorio Sabelli – Clarinets, Bass Clarinet, Accordion, Guitars, Bass, Organ, Piano
Ignazio Cuga – Vocals And Choirs
Diego ‚Aeternus‘ Tasciotti – Drums

Guest musicians:
Alessandro Sforza – Choirs
Dora Chiodini – Flute
Antonio Varanese – Violin
Jacob Berzekis – Cello
Marco Molino – Percussions

Internet

DAWN OF A DARK AGE – Ver Sacrum CD Review

ROTTEN SOUND – Mass Extinction

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cover artwork ROTTEN SOUND Mass Extinction
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Band: ROTTEN SOUND 🇫🇮
Titel: Mass Extinction (EP)
Label: Season of Mist
VÖ: 12/12/25
Genre: Grindcore

Bewertung:

4/5

Die finnischen Grindcore-Legenden kehren zwei Jahre nach dem vorherigen Werk mit einer kurzen EP zurück. Überbleibsel vom letzten Album, sagen sie – Songs, die besser zusammenpassen, nicht weniger gute als die auf dem Album. Im unverkennbaren Sound, der ROTTEN SOUND seit über 30 Jahren zu einer der ikonischsten Grindcore-Bands macht, voller typischer Rage, ist „Mass Extinction“ eine kurze und sehr effektive Arbeit.

Komprimierte Wut auf höchstem Niveau

Massiver Sound, direkt, aggressiv. Das ist „Recycle„, ein abrupter EP-Opener. Auf vielen Vocal-Ebenen, mit furiosen Riffs, einer dominanten Rhythmussektion – bestrafend und schwer. Ein überzeugender Einstieg. Deutlich dissonanter, mit chaotischer Instrumentierung kommt „Ride of the Future“ – geschriene Vocals, unerbittliche Drums, nicht viel Instrumentierung. Bass und Drums bilden ein so solides Fundament für die Musik der Band. Die Schreie setzen sich in „Gone“ fort – verzweifelt, melodischer, falls so etwas im Genre existiert, mit falschem Ende, nur um noch einmal zurückzukehren und den Refrain zu schreien. Eine Band, die Spaß hat – man spürt die Freude hinter der Albumkreation.

ROTTEN SOUND wurden 1993 in Vaasa an der Westküste Finnlands gegründet. Seit sie mit ihrem Debütalbum „Under Pressure“ aus dem Underground auftauchten, hat sich die finnische Grinding-Maschine einen Ruf als eine der durchdringendsten Präsenzen der größeren Szene erarbeitet. Frühe Alben wie „Murderworks“ und „Exit“ werden noch immer weithin als Wegweiser für Grindcore zitiert. Gründungsmitglied und Gitarrist Mika Aalto (ex-O, ex-Vomiturition, ex-Havoc Unit, ex-…and Oceans, ex-Deathbound) bekam bald nach Bandgründung Gesellschaft von Vocalist Keijo Niinimaa (Age of Woe, Goatburner, Morbid Evils, ex-Vomiturition, ex-Medeia, ex-Nasum (live)) und ab 2005 von Drummer Sami Latva (Coughdust, ex-Deathbound, ex-Ghost Guard, ex-…and Oceans). Noch Teil der Band während der Albumaufnahme, hat Bassist und Backing Vocalist Matti Raappana (Fuck-Ushima, Bloated) die Band mittlerweile verlassen.

Professionelle Präzision in unter 10 Minuten

Schnell, dissonant kommt „Polarized“ mit heruntergestimmten Riffs, einer halb-ruhigen und atmosphärischen Passage in der Mitte des Songs – eine Neukalibrierung aller Instrumente, nur um bereit für einen neuen kurzen finalen Angriff zu sein. „Brave New World“ bringt gesprochene Vocals, eine cinematische Passage, weniger abrasiv, aber immer noch voller Rage und Furie – brutale Musik mit druckvollen Vocals, simple, aber effektive Riffs. „Empty Shells“ immer noch wütend und angepisst, aber mit langsameren Momenten. Frenetisches Drumming, langsame erdrückende Riffs – nach den intensiven ersten Songs wie ein Moment zum Luftholen.

Die Produktion ist typisch und gut. Der Sound ist sehr oft minimal, Drums sind vital für die Band, auch die Vocal-Performance ist definitiv. Aber gut ausbalanciert – nichts macht einen negativen Eindruck auf dem Album. Professionelle und sehr technische Musiker, und das wird in der Produktion eingefangen. Auch das Mixing ist tight, massiv und zeigt die Könnerschaft der Band. Textlich erkundet das Album Themen wie Fehlinformation, Polarisierung, Verschwörungstheorien und Zensur – all das hat zu gesteigertem Misstrauen und einer polarisierteren Welt beigetragen.

Idealist“ kommt düster, rhythmisch, eindringlich – eine repetitive Leadgitarre als distantes, leicht melodisches, kontrastierendes Element. Ein guter Song, vielleicht näher am traditionellen Band-Sound als andere Songs auf dem Album. Aggressive geschriene Vocals, ein repetitiver Text mit starker Wirkung. „Mass Extinction“ ist der letzte und zugleich der Titelsong. Wieder gesprochene Vocals, aber ohne die erwarteten Shouts oder Growls – langsam mit nur ein paar brummenden Riffs. Man kann es als ziemlich atmosphärischen Song betrachten. Eine leichte Abkehr von ihrem Stil, ein untypisches Albumende – gechillt, ruhig, aber introspektiv und mit kraftvollen Lyrics. Eher wie ein Outro.

Meister der Effizienz und Prägnanz

Kurze, komprimierte Arbeit, unter 10 Minuten Spielzeit. Nichts Unerwartetes hier – ROTTEN SOUND sind weiterhin Meister darin, ihre Musik auf kurze, effiziente Weise auszudrücken. Sie nehmen einen kritischen lyrischen Ansatz, indem sie die Plagen der Gesellschaft hervorheben, und das ist auch die typische Attitüde für das Genre. Ein bisschen frustrierend ist die Albumdauer – es ist so komprimiert, so effektiv und vergeht so schnell.

Eine Band mit vielen EPs – sie scheinen diese Art kurzer Wege, ihre Musik rauszubringen, immer zu genießen. Fühlt sich auch mehr wie ein Statement an. Verglichen mit den berühmtesten Grindcore-Bands wie Nails, Napalm Death, Wormrot oder Misery Index gehören sie tatsächlich zu dieser erlesenen Gruppe von Bands, die Grindcore als Extreme-Metal-Musikgenre definieren und tragen. Sie zeigen erneut ihre Klasse mit „Mass Extinction„, schaffen es, in so kurzer Zeit all ihre Energie zu bündeln und textlich viel auszudrücken. Musikalisch auch sehr variiert – viele Ansätze auf effiziente und eloquente Weise zusammengebracht. Eine starke Empfehlung.

Fazit: Aggressiv und bestrafend wie eh und je beweisen ROTTEN SOUND mit „Mass Extinction“ erneut, dass sie zu Grindcores Größten gehören.

Tracklist

01. Recycle
02. Ride of the Future
03. Gone
04. Polarized
05. Brave New World
06. Empty Shells
07. Idealist
08. Mass Extinction

Besetzung

Keijo Niinimaa — Vocals
Mika Aalto — Guitars
Sami Latva — Drums
Matti Raappana — Bass, Backing Vocals

Internet

ROTTEN SOUND – Mass Extinction CD Review

SINISTER – 08.12.2025, Viper Room Wien

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Sinister 01

EUROPEAN DEATH MARCH 2025

SINISTER, PESSIMIST, GRACELESS

08.12.2025 – Viper Room Wien

Nieselregen an einem Montagabend in Wien – für Metalheads jedoch stand im Viper Room ein mit Spannung erwarteter Termin an. Drei gewichtige Namen der Szene machten im Rahmen der passend betitelten „EUROPEAN DEATH MARCH 2025“ Station: GRACELESS, PESSIMIST und SINISTER. Ein weiteres starkes Konzert aus der inzwischen beeindruckenden Liste von TON-Music Productions.

GRACELESS

Die niederländische Death/Doom-Formation GRACELESS eröffnete den Abend mit einem energiegeladenen, überwiegend temporeichen Set. Kraftvolle Riffs, ein aggressiver Grundsound und unermüdliches Schlagzeugspiel sorgten dafür, dass das Publikum sofort abgeholt wurde.

Graceless 01

Der Einstieg erfolgte mit Material vom nach wie vor sehr starken aktuellen Album, dessen Songs nahtlos an die Qualität älterer Veröffentlichungen anschließen. „God Shines in Absence“, zugleich Opener der letzten LP, erwies sich als ideale Wahl für den Beginn. GRACELESS sind bekannt für ihr Wechselspiel aus zähem Doom und treibendem Death Metal, bei dem dunkle, schwere Passagen auf riffbetonte Ausbrüche treffen. Live konzentrierte sich die Band stärker auf die dynamischen Stücke, was der Wirkung im Raum deutlich zugutekam. Mit zunehmender Publikumszahl wuchs auch die Resonanz – Kopfnicken und erste Mosh-Bewegungen ließen nicht lange auf sich warten.

Graceless 02Technisch agierten GRACELESS äußerst souverän, das Zusammenspiel wirkte routiniert und geschlossen. Die Musiker erzeugten einen druckvollen Gesamtsound, ergänzt durch markante Solos und aggressive Uptempo-Riffs. Die doomigeren Passagen waren präsent, erreichten live jedoch nicht ganz die Tiefe der Albumversionen. Nach dem rasanten Auftakt wirkten die langsameren Momente etwas weniger zwingend, was nach dem intensiven Anfang jedoch nachvollziehbar ist. Insgesamt entfaltete das Material live mehr Direktheit und Wucht als auf Platte.

Mit „Blood of the Brave“ und vor allem „Warpath“ zündete die Band zum Abschluss noch einmal die Full-Power-Stufe. Publikumsnah, sympathisch und sichtbar engagiert, ernteten GRACELESS verdienten Applaus, Headbanging und Bewegung im vorderen Bereich. „Warpath“ erwies sich einmal mehr als idealer Live-Kracher und setzte einen starken Schlusspunkt unter einen überzeugenden Auftritt.

PESSIMIST

Als Nächstes betraten die US-Veteranen PESSIMIST die Bühne. Die Band, die sich Anfang der 90er mit einer Mischung aus blackened Death Metal und Thrash-Elementen einen Namen machte, legte mit wuchtigen Gitarren und beeindruckenden Growls los.

Pessimist 01

Das Set bestand ausschließlich aus Material ihrer Veröffentlichungen aus den späten 90ern – neue Musik lässt inzwischen seit über zwanzig Jahren auf sich warten. Dennoch besitzen diese Stücke nach wie vor Kraft und Dynamik. Der Bassist setzte früh markante Akzente mit druckvollen, präzisen Einsätzen, die das technisch anspruchsvolle Spiel von Gitarrist Kelly McLauchlin, Gründungsmitglied und konstante Größe der Band, sinnvoll ergänzten.

Pessimist 02Nach einem etwas chaotischen Beginn und längerer Umbauphase fand die Band in einen kraftvollen Flow. Das mittlerweile gut aufgewärmte Publikum reagierte direkt auf die komplexe, teils technisch geprägte Mischung aus Death Metal mit teils dissonanten, nicht immer melodischen Passagen. Einige unsaubere Übergänge führten stellenweise zu einem zerfahrenen Gesamteindruck. Die Growls hingegen überzeugten durchweg. Einzelne Instrumente klangen jeweils stark, als Gesamtbild jedoch nicht immer geschlossen. Hinzu kam, dass der Sound im Viper Room an diesem Abend nicht optimal war – was sich besonders bei PESSIMIST bemerkbar machte. In der Summe wirkten manche Songs auf Album nachvollziehbarer als live.

Die Musik der Band bewegt sich zwischen Dissonanz und Rhythmus, zwischen technischer Präzision und sperriger Struktur. Diese Uneinheitlichkeit führte zu gemischten Publikumsreaktionen: Einige verfolgten den Auftritt aufmerksam, andere zogen sich zurück und warteten auf den Headliner. Es ist kein klassisches Headbanging-Set. Zwischen Studioaufnahmen und Live-Umsetzung geht ein Teil der Wirkung verloren. Die Solos blieben technisch anspruchsvoll, wenn auch eher zurückhaltend, und McLauchlin beeindruckte weiterhin mit seiner Spielweise.

Pyrosexual“ konnte mit seinem langsameren Tempo kaum zünden, doch mit „Mens Rea“ änderte sich die Stimmung deutlich. Spürbarer Applaus und schließlich laute Zugaberufe folgten. „Wretched of the Earth“ als Abschluss hinterließ schließlich doch einen sehr positiven letzten Eindruck.

Die Band zeigte sich ausgesprochen nahbar, schüttelte Hände, machte Fotos und versprach, bald zurückzukehren.

SINISTER

Als Headliner betraten SINISTER die Bühne – eine weitere legendäre 90er-Jahre-Band, die bis heute aktiv ist und auf eine beachtliche, konstant starke Diskografie zurückblicken kann. Für diese Tour kündigten sie ein Set an, das alte Klassiker und neueres Material verbindet – allein die Aussicht auf frühe, prägende Riffs machte diesen Auftritt für Liebhaber rohen Death Metals besonders reizvoll.

Sinister 02

Mit Klassikern wie „The Malicious“, „Transylvania (City of the Damned)“ und „Blood Ecstasy“ setzten SINISTER von Beginn an die Messlatte hoch. Pure Wut, Aggression und gnadenlose Intensität dominierten die ersten Minuten. Besonders der Drummer zog sofort die Aufmerksamkeit auf sich: Mit Frank Schilperoort, bekannt von God Dethroned und Veile, stand kein Unbekannter hinter dem Kit. Hochkonzentriert, präzise und nahezu maschinell agierend, lieferte er eine beeindruckende Performance. Auch Bassistin Alesa Kloosterwaard, ebenfalls als Gast, aber inzwischen fester Bestandteil der Live-Besetzung, überzeugte mit klarem, tragendem Sound, der perfekt mit dem Schlagzeug verzahnte und dem Gesamtbild zusätzliche Tiefe verlieh.

Sinister 03Gitarrist Walter Tjwa setzte mit seinen technisch sauberen, durchdachten Solos weitere Akzente. Im Zentrum stand jedoch wie immer Aad Kloosterwaard – Gründungsmitglied und einzige Konstante in der Bandgeschichte. Mit seinen markanten Growls und starker Bühnenpräsenz hatte er das Publikum fest im Griff. Ein äußerst starker Auftakt.

Mit „Sadistic Intent“, „Convulsion of Christ“ und „Neurophobic“ hielten SINISTER das Tempo hoch. Aad agierte als echter Entertainer: Zwischen kurzen Momenten gespielter Unzufriedenheit über zu verhaltene Reaktionen und völliger Versenkung in die Musik, inklusive crouchender, fast ritualhafter Bewegungen auf der Bühne. Die abrupten Breaks in den Songs ließen Teile des Publikums kurz den Anschluss verlieren, was Aad mit bewusst mahnenden Blicken und Gesten aufgriff – ganz als Teil der Show. Die Verbindung mit dem Publikum funktionierte hervorragend – hier verstand man es, Energie zu übertragen.

Sinister 04Ein massiver Sound, ein druckvolles Rhythmusfundament und aggressive Präzision trugen den Auftritt bis zum Schluss. „The Masquerade of an Angel“ und „Deformation of the Holy Realm“ bildeten ein starkes Finale: wilde Growls, ein kurzes, prägnantes Bass-Solo und messerscharfe Gitarren, die sich unerbittlich – im besten Sinne – durch den Raum schnitten. Bei einer derart starken Songbasis fällt es leicht, ein überzeugendes Live-Set zusammenzustellen.

Ein intensiver Auftritt, starke Musiker, ein zufriedenes Publikum – und ein rundum gelungener Abend.

 

Sinister 05

FLESHVESSEL – Obstinacy: Sisyphean Dreams Unfolded

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cover artwork FLESHVESSEL Obstinacy: Sisyphean Dreams Unfolded
cover artwork FLESHVESSEL Obstinacy: Sisyphean Dreams Unfolded

Band: FLESHVESSEL 🇺🇸
Titel: Obstinacy: Sisyphean Dreams Unfolded
Label: I, Voidhanger Records
VÖ: 12/12/25
Genre: Experimental Death Metal

Bewertung:

2,5/5

FLESHVESSEL kehren mit ihrem zweiten Album zurück. Nach einem bereits kontrovers aufgenommenen Debüt gehen sie mit „Obstinacy: Sisyphean Dreams Unfolded“ noch einen Schritt weiter. Es ist eine Fortsetzung, eine Zuspitzung – und zugleich ein weiterer Vorstoß tief in experimentelle Gefilde.

Exotische Instrumente, Dissonanz und theatrales Übermaß

Wie zu erwarten, beginnt das Album mit exotischen Instrumenten als kurzem Intro, bevor mit „Mental Myiasis“ ein vollkommen dissonanter Death Metal einsetzt – oder zumindest etwas, das formal noch als solcher bezeichnet wird. Es entfaltet sich eine chaotische Sammlung ungewöhnlichster Klänge. Nicht einmal der Versuch, alle eingesetzten Instrumente eindeutig zu identifizieren, erscheint sinnvoll: Zu dicht ist die Abfolge, zu kurz ihr jeweiliger Einsatz. Einzelne Klänge tauchen für Sekundenbruchteile auf, verschwinden wieder.

Dazwischen stehen vergleichsweise solide Riffs, extrem tiefe Growls, gedoppelt von verzweifelten, hochfrequenten, fast karnevalesk wirkenden Schreien. Die Musik ist stark theatralisch aufgeladen, lebt von permanenten Brüchen zwischen irren Geräuschen und simplen, strafenden Riffstrukturen. Diese münden schließlich in gesprochene Passagen und opernhafte Gesänge, die plötzlich ruhig und verlangsamend wirken.

Unzweifelhaft ist das alles experimentell – sowohl in der Komposition als auch in der Art des Ausdrucks. Dennoch fühlt man sich weniger, als würde man Musik hören, sondern eher wie in einem bizarren Theater oder Zirkus. Hochgradig dissonant, insgesamt klar kakophonisch. Klanglandschaften wechseln ständig, jede melodische Idee bleibt nur für Sekunden bestehen, bevor sie durch etwas vollkommen anderes ersetzt wird. Atonale Strukturen, minimal mit Metal angereichert, ergänzt durch surreale und häufig unangenehme Gesangslinien.

FLESHVESSEL stammen aus Chicago, Illinois, und wurden 2019 gegründet. Involved sind ausschließlich sehr erfahrene Musiker: Sakda Srikoetkhruen (Electric/Acoustic Guitars, Bass, Phin), Gwyn Hoetzer (Flute), Alexander Torres (Electric Guitar, Viola, Puerto Rican Cuatro, Puerto Rican Tres, Backing Vocals, Synthesizers/Atmospheres, Saw, Metal Spatula, Maracas, Sleigh Bells, Rainstick), Troll Hart (Keyboards/Synthesizers, Piano, Vocals/Oration, Recorder) sowie Colin MacAndrew (Drums, Triangle, Chimes). Die bloße Liste der eingesetzten Instrumente ist beeindruckend – und tatsächlich sind all diese Elemente integraler Bestandteil der Musik.

Am“ beginnt etwas kohärenter – mit Violinen, ungewöhnlicher Perkussion, später Flöten und anderen Blasinstrumenten, die erneut das Bild eines Theaterraums oder eines abstrakten Soundtracks entstehen lassen. Einer der musikalisch greifbareren Momente des Albums, mit deutlichen Referenzen an frühe progressive Rock-Ansätze. Doch auch hier kehrt bald die Disharmonie zurück: hektisch, teilweise unangenehm, unkoordiniert wirkend. Über gut fünfzehn Minuten entfalten sich disparate Klangfragmente, über denen eine hexenhaft anmutende Gesangsstimme schwebt. Seltsam – aber nicht ohne interessante Einzelmomente.

Gute Produktion kann Chaos nicht retten

Die Produktion ist klar und ausgewogen, trotz der extremen Unterschiedlichkeit der Klangquellen. Alles bleibt hörbar, nichts verschwimmt. Angesichts der Vielzahl an Instrumenten und permanent wechselnden Texturen ist das eine beachtliche Leistung. Die Bizarrheit des Albums ist kein Produktionsproblem, sondern eine bewusste Folge der Kompositionen. Hier wurde nichts zufällig zerstört – das Chaos ist arrangiert. Lyrisch knüpft die Band, wie schon beim Debüt, an Referenzen zur griechischen Mythologie an.

Mit „Cessation Fixation“ kehren ruhigere Passagen zurück – sofern man in diesem Kontext überhaupt von Ruhe sprechen kann. Hohe, infernale Schreie dominieren zunächst, ehe das Stück in langsamere, doomig wirkende Strukturen kippt. Es gibt Versuche kohärenter Akkordfolgen, die jedoch rasch wieder aufgeweicht werden. Der Gesamteindruck erinnert stärker an modernen Jazz, zeitgenössische Symphonik oder progressive Kompositionsansätze als an klassischen Metal.

Der Abschlusstrack „It Lurched From A Chasm In The Sky“ bleibt vollständig im theatrale Rahmen. Sopranartige Gesänge, kurze Keyboard-Passagen im Hammond-Stil, jazzaffine Cabaret-Vocals, moderne Musikfragmente – all das wirkt nach der vorherigen klanglichen Tortur beinahe deplatziert. Nur vereinzelte, in der Ferne liegende Riffs erinnern noch daran, dass dieses Album offiziell als Death Metal firmiert. Exotische Perkussion, tribale Rhythmen, disparate und fragmentierte Klänge kehren zurück. Ungewöhnliche Musik – aber ein in sich stimmiger Abschluss für ein ebenso ungewöhnliches Album.

Virtuosität, Überforderung und fehlende Zurückhaltung

Unbestreitbar handelt es sich um exzellente Musiker, um Profis mit enormem technischen Können und höchst komplexen Kompositionen. Das Endergebnis jedoch ist weit entfernt von einem angenehmen Hörerlebnis. Zu viele Klanglandschaften in zu kurzer Zeit, melodische Fragmente, die sofort von meist unangenehmen Geräuschen überrollt werden. Die Gesänge sind dabei besonders polarisierend: Opernhaft, zirzensisch, clownesk – entweder man akzeptiert diese Ästhetik oder lehnt sie vollständig ab. Ob bewusst falsch gesetzt oder als extremes Falsett gedacht, dämonisch und hexenhaft sind sie zweifellos.

Ein Blick auf das Line-up und die Instrumentierung vermittelt bereits eine ungefähre Vorstellung der akustischen Überfülle. Eigentlich sollte sich die Band nicht primär als Death Metal positionieren – es gibt andere Genres, in denen diese Musik schlüssiger verortet wäre. Death Metal, Black Metal und Jazz Metal blitzen nur punktuell auf. Insgesamt handelt es sich um technisch anspruchsvolle, stark expressive progressive Musik.

Progressive Rock beschreibt das Material deutlich präziser, mit klaren Referenzen an frühe Genesis (Gabriel-Ära), King Crimson oder sogar Pink Floyd – sowohl strukturell als auch in ihrer stilistischen Grenzüberschreitung. Die Einflüsse sind hörbar, doch es fehlt die Zurückhaltung, die diese Vorbilder auszeichnete. Entweder mangelt es an Maß, oder an einem ordnenden Geist, der diese Exzesse lenkt.

Als Hörerfahrung ist das Album interessant, herausfordernd – aber kaum etwas, zu dem man freiwillig zurückkehrt. Nichts bleibt wirklich im Gedächtnis: keine Melodie, keine wiedererkennbare Akkordfolge. Begriffe wie delirierend, kreative Besessenheit oder kontrollierter Wahnsinn treffen den Kern dieser Musik recht genau.

Fazit: FLESHVESSEL treiben ihre Erkundung bizarrer Klangräume weiter voran, verlieren dabei jedoch eine geschlossene, tragende Gesamtaussage aus dem Blick.

Tracklist

01. Mental Myiasis
02. Am
03. Cessation Fixation
04. It Lurched From A Chasm In The Sky

Besetzung

Alexander Torres – Electric Guitar, Viola, Puerto Rican Cuatro, Puerto Rican Tres, Backing Vocals, Synthesizers/ Atmospheres, Saw, Metal Spatula, Maracas, Sleigh Bells, Rainstick
Sakda Srikoetkhruen – Electric/ Acoustic Guitars, Bass, Phin
Troll Hart – Keyboards/ Synthesizers, Piano, Vocals/ Oration, Recorder
Gwyn Hoetzer – Flute
Colin MacAndrew – Drums, Triangle, Chimes

Musical Guests:
Chad Moore – Clarinet, Bass Clarinet (Track 1)
Kai Movagh – Daf (Track 4)
Dan Saillant – Bassoon (Track 3)
Hannah Goldenstein – Vocals (Track 4)

Internet

FLESHVESSEL – Obstinacy: Sisyphean Dreams Unfolded CD Review

VOID PARADIGM – Tout Ira Mieux Sans Nous

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cover artwork VOID PARADIGM Tout Ira Mieux Sans Nous
cover artwork VOID PARADIGM Tout Ira Mieux Sans Nous

Band: VOID PARADIGM 🇫🇷
Titel: Tout Ira Mieux Sans Nous
Label: I, Voidhanger Records
VÖ: 12/22/25
Genre: Experimental Black Metal

Bewertung:

3,5/5

Die französische Experimental-Metal-Band VOID PARADIGM präsentiert ihr viertes Studioalbum. „Tout Ira Mieux Sans Nous“ vermischt Elemente aus Black Metal, Doom Metal, Jazz, Progressive und dodekatonischen Kompositionstechniken – eine interessante Stilmischung, ein komplexes Werk.

Gewalttätige Klangattacke trifft Jazz-Fusion

Gequälte Schreie eröffnen das Album, gefolgt von einem gewalttätigen Angriff der Klänge. Der erste Song trägt nur den Titel „Part I“ – tatsächlich besteht das gesamte Album aus nur einem Song, für Vinyl-Zwecke in zwei Teile geteilt. Nach dem sehr aggressiven Start beruhigt sich die Musik mit tribalem Rhythmus und minimaler Instrumentierung. Sehr dissonant, klar im Bereich des Experimentellen, mit Einflüssen aus Jazz oder Fusion, mit guttural geschrienen Vocals, die die abrupte und dissonante, fast disharmonische Instrumentierung sehr gut ergänzen. Aber da steckt mehr im Song: Die Vocals bewegen sich in vielen verschiedenen Registern, jedes mit unterschiedlichen Ansätzen und emotional aufgeladen. Auch die Gitarrentechniken variieren von Stil zu Stil, und die Drums – nicht unbedingt schnell – bringen etwas Ordnung ins allgemeine Chaos.

Komplexe Komposition, komplizierte Instrumentierung – die Leadgitarre kann wirklich zerrissen und unmelodisch sein, kurze Quietscher, aber immer gefolgt von melodischeren Passagen. Der Rhythmus ist ziemlich langsam, mit Wechseln, die eine druckvollere oder erdrückendere Atmosphäre bringen, mit Doom-artigen Tempos oder manchmal Groove-Tempos. Weit entfernt von einem harmonischen Stück sind widersprüchliche Akkorde die Hauptthemen. Eine sehr langsame und lange Passage mit gesprochenen Vocals, sehr emotional vorgetragen von Gastvocalistin Mütterlein (Marion Leclercq), beendet den Song. Kein besonders erfreuliches Hörerlebnis – der experimentelle Teil des Albums kann manchmal wirklich seltsam sein, aber eine treffende Übung in sehr zeitgenössischer Musik.

VOID PARADIGM sind in Rouen, Normandie, ansässig, und der Hauptsongwriter ist Julien Payan (Ataraxie, Sordide) an Gitarren und Bass. An seiner Seite der Jazz-Metal-Drummer Alexis Damien (No Terror In The Bang) und Sänger Jo Théry (Ataraxie, Funeralium), beide ebenfalls an den musikalischen Arrangements beteiligt. Zu guter Letzt fügt Special Guest Mütterlein mit ihrer kraftvollen Vocal-Performance der Identität des Albums etwas hinzu.

Nihilismus in perfekt eingefangener Kakophonie

Die Produktion ist sehr gut – die Kakophonie von Klängen ist perfekt eingefangen. Ohne Exzesse oder zu poliert dient sie der Musik. Guter Bass, sparsame Drums, stilistisch vielfältige Gitarren und unfreundliche Vocals sind alle sehr gut ausbalanciert. „Tout Ira Mieux Sans Nous“ erkundet Nihilismus, die zeitgenössischen Störungen – klimatisch, sozial, politisch – und den unstillbaren Drang nach endlosem Wachstum und Individualismus, die die Menschheit ihrem eigenen Untergang entgegentreiben.

Das sehr langsame Tempo, das den ersten Teil beendet, setzt sich in „Part II“ fort, nur mit anderem Vocal-Ansatz und einer noch quietschigeren Gitarre, aber der Gesamtsound bleibt in derselben Zone. Für einen großen Teil des Songs kontrollieren die Drums die Musik auf nicht sehr schnelle, aber intelligente Weise. Das verwandelt sich langsam in einen sehr Uptempo-Moment – ein sehr guter und interessanter. Immer noch nicht melodisch, aber mit solidem Rhythmus und kohärenteren Gitarren und Vocals. Wäre das ein eigenständiger Song, sicher ein Höhepunkt des Albums.

Doch langsame und atmosphärische Musik kehrt in den folgenden Passagen zurück mit erneuter Verzweiflung in den Vocals – Mütterleins Beitrag zur emotionalen Aufladung der Musik ist unbestreitbar. Die gesamte Klanglandschaft kehrt zum typischen Sound der Band zurück: dramatisch, erdrückend. Vergessen wir nicht, dass wir in VOID PARADIGM zwei Musiker haben, die auch den Sound von Ataraxie prägen – einer der überwältigendsten und erdrückendsten Atmosphären, die man in Doom/Funeral-Doom-Metal finden kann. Geschrien, mit disharmonischen Klängen für den Großteil des Songs. Die Atmosphäre bleibt verstörend, aber kurze melancholische Einflüsse machen sich ebenfalls bemerkbar. Das Album endet abrupt, unerwartet, auf dieselbe schroffe Art, wie es begonnen hat.

Experimentell, fordernd, nicht für jeden

Stilistisch nicht ganz Black Metal – vielleicht kann der Vocal-Ansatz auf manchen Passagen diesem Genre zugeordnet werden, selten die Gitarre, aber in seiner Authentizität und Dissonanz hat es die Essenz von Black Metal eingefangen. Nicht sehr viel musikalische Substanz im Album, aber das ist typisch für experimentelle Musik – sehr lange Passagen von nur wiederholten dissonanten Akkorden, die in verschiedenen Registern alternieren. Dennoch gibt es hier Momente bemerkenswert guter Musik, nur sind die unter Lärm und disharmonischen Passagen verborgen. Und hier werden die Worte disharmonisch oder dissonant als musikalische Begriffe verwendet, nicht um etwas Schlechtes auszudrücken.

Eher eine Klangsammlung, aber das erwartet man von Musik, die als experimentell bezeichnet wird. Keine einheitliche Arbeit – die Stile und Einflüsse machen die Musik von VOID PARADIGM zu einer interessanten, aber sehr zusammenhanglosen Erfahrung. Aber intensiv, verstörende Musik. Nicht für jeden – „Tout Ira Mieux Sans Nous“ erfordert Geduld und sicherlich den Wunsch, experimentelle Musik auszuprobieren.

Fazit: VOID PARADIGM erkunden mit „Tout Ira Mieux Sans Nous“ weiterhin seltsame Klangwelten – disharmonisch und schrill.

Tracklist

01. Part I
02. Part II

Besetzung

Alexis Damien – drums
Julien Payan – guitars, bass
Jonathan Thery – vocals

Special guest on vocals – Mütterlein

Internet

VOID PARADIGM – Tout Ira Mieux Sans Nous CD Review