Mit »Utopie« legt die französische Melodic Death Metal-Band AEPHANEMER ihr neuestes Studioalbum vor – ein Werk, das gleichermaßen von epischer Melancholie wie von musikalischer Präzision lebt. Das Trio, bestehend aus Marion Bascoul (Gesang, Rhythmusgitarre), Martin Hamiche (Gitarre, Bass, Orchestration) und Mickael Bonnevialle (Schlagzeug), präsentiert hier eine klangliche Vision, die sowohl für eingefleischte Fans des Genres als desgleichen für Hörer, die Melodic Death Metal noch entdecken, zugänglich ist.
Sphärische Synthesizer-Teppiche
Bereits das Intro »Échos d’un Monde Perdu« lässt keinen Zweifel daran, dass AEPHANEMER diesmal auf ein orchestrales Klangspektrum setzt. Sphärische Synthesizer-Teppiche mischen sich mit melancholischen Gitarrenlinien, während die Drums zurückhaltend, aber präzise Akzente setzen. Der Song funktioniert wie ein Tor in die Welt der Band: geheimnisvoll, einladend und zugleich voller unterschwelliger Dramatik. Es ist ein Einstieg, der aufhorchen lässt, bevor das Album in die stärkeren, aggressiveren Passagen übergeht.
»Le Cimetière Marin« zeigt die Fähigkeit der Band, Dichte und Melodie auf beeindruckende Weise zu verbinden. Bascouls Gesang pendelt zwischen klarem Ausdruck und aggressiver Härte, während Hamiches Gitarrenarbeit die duale Natur des Albums unterstreicht: Härte trifft auf Harmonie, Chaos auf Ordnung. Das Stück ist gleichzeitig düster und erhebend, eine Melodie, die sich in den Kopf einprägt, ohne je ihre Schwere zu verlieren.
Ein besonders interessanter Moment des Albums ist »La Règle du Jeu«, das spielerisch mit komplexen Rhythmikwechseln und dynamischen Spannungsbögen arbeitet. Hier zeigt sich die Handschrift von Bonnevialle am Schlagzeug: präzise, kraftvoll und dabei immer im Dienste der Komposition. Das Zusammenspiel der drei Musiker wirkt derart organisch, dass man den Eindruck gewinnt, es handle sich um eine Einheit, die musikalische Ideen ohne Worte austauscht.
Atmosphärische Dichte
Mit »Par-delà le Mur des Siècles« verschiebt AEPHANEMER den Fokus auf atmosphärische Dichte. Das Stück entfaltet eine epische Breite, die beinahe filmisch wirkt. Die Orchestration von Hamiche trägt stark zur cineastischen Wirkung bei, und die Kombination aus epischer Melodie und treibender Rhythmik erzeugt eine besondere Dringlichkeit. »Chimère« wiederum experimentiert mit kontrastreichen Strukturen: ruhige, approximativ zerbrechliche Passagen wechseln sich mit intensiven, wuchtigen Gitarrenriffs ab, wodurch ein Gefühl von Unruhe und zugleich ästhetischer Schönheit entsteht.
»Contrepoint« hebt die technische Versiertheit der Band hervor. Mehrschichtige Gitarren, präzises Drumming und ein Gesang, der zwischen Growls und klarem Ausdruck pendelt, zeigen die Virtuosität der Musiker. Besonders auffällig ist die Art und Weise, wie die einzelnen Elemente miteinander verwoben sind, ohne dass der Song überladen wirkt. Hier zeigt sich die Reife einer Band, die ihr Handwerk versteht, hingegen auch die Emotion nie aus den Augen verliert.
Die zweite Albumhälfte wird von »La Rivière Souterraine« eröffnet, einem Stück, das die metaphorische Bildsprache des Albums verstärkt. Der Song strömt wie ein unterirdischer Fluss, getragen von rhythmischen Pulsationen und melodischen Schichten, die eine geheimnisvolle, fast mystische Atmosphäre erzeugen. Hier zeigt sich AEPHANEMER als Geschichtenerzähler, der Klangräume erschafft, in denen der Hörer versinken kann.
Mit »Utopie (Partie I)« und »Utopie (Partie II)« erreicht das Album seinen Höhepunkt. Die beiden Teile fungieren als thematisches Zentrum und reflektieren die titelgebende Utopie: Sehnsucht nach einer besseren Welt, verpackt in aggressive wie zugleich gefühlvolle Melodien. Die Songs vereinen alles, was das Album stark macht – technische Finesse, emotionale Tiefe und eine dichte Atmosphäre. Besonders die Verschmelzung von orchestralen Elementen mit klassischen Metal-Strukturen wirkt wie ein roter Faden, der das gesamte Album zusammenhält.
»Utopie« ist insgesamt ein Album, das sowohl introspektiv als daneben ekstatisch wirkt. Die Produktion ist klar und kraftvoll, ohne die rohe Energie des Trios zu verwässern. Die Balance zwischen Härte und Melodie, zwischen Komplexität und Eingängigkeit, macht das Album zu einem außergewöhnlichen Werk innerhalb des Genres. Für Fans von Melodic-Death-Metal bietet AEPHANEMER hier ein emotionales und technisches Abenteuer, das sowohl in Momenten der Aggression als gleichermaßen in den ruhigeren Passagen überzeugt.
Beeindruckendes Wort
»Utopie« ist ein Album, das nicht nur die Handschrift von AEPHANEMER trägt, sondern ebenfalls die Erwartungshaltung an moderne, orchestrale Melodic-Death-Metal-Kompositionen neu definiert. Es ist ein Werk, das in seiner Dichte, Emotionalität und handwerklichen Präzision beeindruckt und die Band einmal mehr als eine der interessantesten Vertreterinnen ihres Genres positioniert.
Fazit: AEPHANEMER gelingt mit »Utopie« ein beeindruckendes Werk, das eine utopische Vision in melodisch-morbider Klangkunst einfängt.
Tracklist
01. Échos d’un Monde Perdu
02. Le Cimetière Marin
03. La Règle du Jeu
04. Par-delà le Mur des Siècles
05. Chimère
06. Contrepoint
07. La Rivière Souterraine
08. Utopie (Partie I)
09. Utopie (Partie II)
Besetzung
Marion Bascoul – Vocals Guitar
Martin Hamiche – Guitars, Bass, Orchestrations
Mickael Bonnevialle – Drums





















