Interview mit Greyhawk (Rev Taylor, Vocals)

Interview mit Greyhawk (Rev Taylor, Vocals)

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Das kürzlich über Fighter Records erschiene Debütalbum „Keepers Of The Flame“ (2020) entpuppte sich bei mir schnell als eines der definitiven Jahreshighlights. Mittlerweile habe ich das Album so oft gehört, dass bei Lesen der Texte im CD-Booklet unmittelbar die Tracks in meinem Gehirn abgespult werden. Ganz klar habe ich in der aufstrebenden Gruppe aus Seattle eine neue Lieblingsband gefunden. Offensichtlich geht es vielen anderen ähnlich, denn selbst sehr kritische Rezensionen kamen bislang um ein positives Gesamturteil nicht herum, und das Album scheint sich überragend zu verkaufen. Kürzlich kam es gar bereits zu ersten Merchandise-Bootlegs, was wohl nicht jedem Newcomer eine Woche nach Debüt-Release widerfährt. Mehr als genug Gründe, um Sänger Rev Taylor zum Interview zu bitten…

Greyhawk - Keepers of the Flame album coverHallo Rev! Freut mich dass Du Dir Zeit für dieses Interview nimmst. Euer Debütalbum „Keepers Of The Flame“ hat mich regelrecht umgehauen, Du wirst also einiges an Lob im Laufe dieses Interviews aushalten müssen. Wie ich sehe, bekommt ihr nach wie vor haufenweise positive Bewertungen. Ich vermute mal, dass es euch gut geht und ihr alle zurecht stolz auf das Album seid?

Hallo Lex! Danke für all die freundlichen Worte! Uns geht’s allen gut, unter den gegenwärtigen Umständen. 2020 war freilich ein hartes Jahr für alle Musiker weltweit, aber die positive Resonanz auf „Keepers Of The Flame“ war ein ganz klarer Lichtblick für uns! Wir haben jede Menge Arbeit in dieses Album gesteckt, und ja wir sind alle mächtig stolz drauf.

Wie gesagt, war euer Album eine äußerst positive Überraschung für mich, und ich hab das Teil seitdem wirklich sehr oft angehört. Euren einzigartigen Stil habt ihr ja bereits auf eurer ersten EP „Ride Out“ (2018) erkennen lassen. Dann habt ihr dieses verdammt gute Songwriting, das Eure Songs zu einem eingängigen Spaß macht, ohne auf den Zuckerguss und „Cheese“ bzw. abgeschmackte Formeln zurückzugreifen, mit denen sich andere Bands oft behelfen. Was ist die Motivation hinter Greyhawk, und wie habt ihr euch gefunden?

Also, Jesse (Lead-Gitarre) und Darin (Bass) haben seit 2016 versucht, ein Old School Heavy Metal Projekt zusammenzustellen. Aber erst 2018 gelang es Ihnen über die Magie des Internets, mich und die anderen Jungs ausfindig zu machen.
Greyhawk wird angetrieben vom Wunsch, die klanglichen Möglichkeiten des klassischen Heavy Metals auszuloten, und diesen Sound zu einer Erfahrung zu machen, die aufmunternd, unterhaltend und mutmachend auf unsere Hörer wirkt.
Wir haben keine Scheu vor den cheesigen Aspekten des Genres, denn diese sind einfach ein wichtiger Teil vom ganzen Spaß. Aber uns ist auch wichtig, dass unsere Musik auf einem stabilen Fundament aus überzeugendem Handwerk und echtem eigenen Ausdruck steht. Bei Dir scheint dies auch anzukommen, was großartig ist, vielen Dank nochmal!

Greyhawk - bandphoto
Photocredit: Band

Ihr habt einen klar definierten Sound, der in sich konsistent ist, aber trotzdem Raum für Abwechslung bietet: „The Rising Sign“ hat einige Vibes aus dem Gothic Rock, erinnert mich teilweise auch an Glenn Danzigs gute Zeiten. „Master Of The Sky“ und „Ophidian Throne“ dagegen scheinen mir durchaus einen gewissen Rock´n´Roll-Vibe zu haben. Glücklicherweise hast Du nicht nur den Mut, stimmlich nach Dir selbst zu klingen, sondern kannst auch eine Menge unterschiedliche Sachen singen. Wie fandest Du eigentlich zur Band? Und was hat es mit diesem Stab auf sich, den Du mit Dir herum trägst?

Sie haben mich auf Craigslist gefunden [eine amerikanische Anzeigenseite – Lex] . Man kann wohl tatsächlich alles im Internet finden. Ich bin ein ausgebildeter Opernsänger, und bin als klassischer Sänger einige Jahre rund um Seattle aufgetreten, bevor ich mit Jesse und Darin in Kontakt kam.
Ich liebe klassische Musik, aber ab einem bestimmten Punkt bemerkte ich einfach, dass ich mehr eigene Musik und Texte schreiben möchte, und dass es Zeit war meine wilde Seite rauszulassen. Ich habe vor Greyhawk niemals ernsthaft in irgendeinem Rockstil gesungen, und meine Stimmlage ist um einiges tiefer als bei den meisten Metalsängern. Ich musste also meinen eigenen hybriden Metal/Klassik-Stil erschaffen. Vieles was Du auf dem Album gesanglich hörst, sind meine Versuche, mit verschiedenen Klängen und Techniken zu experimentieren, um herauszufinden was am Besten funktioniert.
Zu einer Metalband in ein Mikrophon zu singen, ist völlig anders als zu einem Piano oder in einem Orchester zu singen. Ich habe noch immer viel über Metal Vocals zu lernen, aber meine Philosophie bleibt immer dieselbe, egal was ich singe: Der Job eines Sängers ist es, mit dem Publikum zu kommunizieren, die Texte so klar verständlich wie möglich zu singen, und eine authentische Geschichte zu transportieren.
Zu meinem Stab: Wie jeder magische Gegenstand, hat er sich seinen Träger gesucht, nicht umgekehrt. Ich bin über ihn gestolpert, als ich auf der Suche nach etwas war, das irgendwie die Energie unserer Live-Auftritte putschen könnte. Er wurde von einem lokalen Handwerker hergestellt, und enthält einen echten Kristall und echtes Hasenfell, um Zauberkräfte für unsere Auftritte zu bündeln. Ich hoffe, dass sie mich den Stab nach Europa bringen lassen, wenn wir irgendwann dort spielen, bin aber nicht sicher ob wir das Ding durch den Flughafen bekommen.

Lass uns etwas genauer über „Keepers Of The Flame“ sprechen. Ich frage mich, ob es zwischen euren Songs eine Art verbindende Geschichte gibt. Zum Beispiel scheint „Wisdom Of The Wizard“ von eurer EP irgendwie mit „Don´t Wait For The Wizard“ vom aktuellen Album zusammenzuhängen. Ebenso scheint mir „The Serpent King“ von der EP im „Ophidian Throne“ des Albums wiederzukehren. Manche Fans kommentierten ja auch, dass Euer Bandname irgendwie aus diesem Spiel Dungeons & Dragons stamme?

Es stimmt wohl, dass Greyhawk der Name einer klassischen Kampagne bei D&D ist, aber wir haben uns nicht wirklich danach benannt. Wir sind zwar alles Nerds, aber D&D hat keiner von uns wirklich ernsthaft gespielt. Wir fanden einfach den Klang des Namens cool, und er schien wegen unserer Fantasy-artigen Themen auch gut zu uns zu passen. Es gibt zwar durchaus textliche Verbindungen zwischen Songs, aber eine einheitliche Geschichte gibt es nicht als Konzept dahinter.

Wisdom Of The Wizard“ etwa ist ein Tribut an Ronnie James Dio, weshalb der Text auch viele Referenzen zu seinen Songs enthält. Dieser Song wurde zu einer der der beliebtesten Nummern der EP, und mein Zauberstab wurde mittlerweile ja auch ein großer Teil unserer visuellen Bühnenidentität. Also wollte ich auf jeden Fall auch auf dem Album einen Wizard-Song haben.

Don´t Wait For The Wizard“ dreht sich zwar nicht speziell um DIO, aber wurde sehr durch ihn inspiriert, besonders durch den Titelsong von „Sacred Heart“. Ich wollte, dass dieser Song eine Botschaft hat, die Dio gefallen hätte, mit Texten, wie er sie vielleicht gesungen hätte [Mission erfüllt, würde ich sagen -Lex]. Es würde mich nicht überraschen, wenn wir auch auf den nächsten Alben Wizard-Songs haben.

Was “Ophidian Throne“ angeht, handelt es sich tatsächlich um die Vorgeschichte zu „The Serpent King“. Der Charakter des Schlangenkönigs ist das Gegenteil des wohlwollenden Zauberers. Er repräsentiert Ambition, Lust und reptilienartige Kraft. Er war einst menschlich, ein Mann der Wissenschaft auf der Suche nach Antworten auf uralte Rätsel. Aber am Ende seiner Suche verwandelt er sich in den Schlangenkönig persönlich. „Ophidian Throne“ zeigt also den Beginn dieser Transformation, und in „The Serpent King“ zeigt er sich der Welt in dieser seiner neuen Gestalt.

Eure Texte fließen wirklich gut mit den Melodien und sind sehr einfach im Kopf zu behalten. Trotzdem ist euer Niveau dabei haushoch über den “Fly-High-Sky-Fire-Empire“-Gereime, das viele Bands praktizieren. Ihr transportiert auch viel an Bildern und Handlung durch recht wenig Worte. Ein gutes Beispiel ist beispielsweise dieser Vers aus „Frozen Star“: „In The Chains Of The Dungeon, You Can Die From The Cold, But The Body´s Destruction Will Leave No Mark Upon Your Soul!”.
Fantastisch gemacht! Wer schreibt bei Euch die Texte?

Vielen vielen Dank! Ich kann Dir gar nicht sagen wie erfreulich es ist, dass Du tatsächlich den Texten Aufmerksamkeit geschenkt hast! Ich schreibe alle Texte für Greyhawk, und betrachte das auch als einen der wichtigsten Aspekte meines Jobs als Sänger. Manchmal verbringe ich Stunden damit, dieses eine Wort oder diesen einen starken Weg zu finden, um ein bestimmtes Gefühl rüber zubringen. Echt toll, dass Du das Resultat zu schätzen weißt!

Greyhawk - bandphoto
Photocredit: Band

Dann erzähl vielleicht einmal, worum sich die einzelnen Songs drehen?

Die meisten Texte von Greyhawk drehen sich in der einen oder anderen Weise um innere Stärke. Mir hilft Heavy Metal, mich mit dieser inneren Stärke zu verbinden, und ich will dass unsere Songs dieses Gefühl auch in anderen wecken. Einige unserer Songs drehen sich um persönliche Integrität angesichts von Schwierigkeiten und Widerstand.

Zu „Frozen Star” etwa wurde ich dadurch inspiriert, wie meine Frau mit harten Zeiten in ihrem Leben umging. Ich habe gesehen, wie sie auch unter den widrigsten Umständen stets zu sich selbst und ihren Ansichten gestanden hat, was für mich das Merkmal eines wahren Kämpfers ist.
Bei anderen Songs, wie „The Rising Sign“ und „Black Peak“, geht es darum, sich von Versagen, Fehlern und Katastrophen zu erholen und sich wieder nach oben zu kämpfen.

Drop The Hammer“ dreht sich darum, sich treu zu bleiben trotz aller Irrungen und Wirrungen der Gesellschaft.

Etwas anders ist es dagegen bei dem Song „Halls Of Insanity“, der zum Teil durch Erfahrungen von Soldaten des Ersten Weltkriegs inspiriert wurde.

Letzten Endes sollen alle unsere Songs erhebend wirken und motivieren. Selbst eine Nummer wie „Ophidian Throne“ basiert letztlich auf einem ehrlichen Gefühl von starkem, wildem Hunger nach etwas… Womit wohl einige Metalfans etwas anfangen können. Und manchmal ist diese Energie des Schlangenkönigs wohl gerade, was man braucht, um einen schwierigen Tag zu überstehen… Oder ein schwieriges Jahr!

Wie kam es denn zu eurem Vertrag mit dem spanischen Label Fighter Records?

Wir haben die Tracks und das Cover-Artwork an mehrere Labels gesandt. Dave von Fighter Records hat als erster geantwortet, und war dabei auch am enthusiastischsten. Er hat mehrere Jahre Erfahrung mit dem Veröffentlichen von Platten, aber noch wichtiger: Er schien unsere Musik wirklich zu mögen und unbedingt mit uns arbeiten zu wollen.

Es gibt eine Menge wirklich talentierter Heavy und Power Metal Bands auf dem Label, und das Marketing ist einfach gut gemacht. Also war es eine leichte Wahl!

Wird es einen physischen Re-Release der „Ride Out“-EP geben?

Die „Ride Out“-EP ist nach wie vor als CD erhältlich, und zwar über unsere Bandcampseite oder Swords And Chain Records. Für Kassette oder Vinyl gibt´s aktuell keine Pläne, aber wir würden es gerne einmal machen! Mal sehen.
[An europäischen Anbietern für die „Ride Out“-CD konnte ich die Webshops von Dying Victims Productions (D) und No Remorse Records (GR) ausfindig machen – Lex]

Leider wird es 2020 kaum Möglichkeiten geben, euer Album live zu spielen. Hattet ihr im Vorfeld überlegt, die Veröffentlichung zu verschieben? Und was plant ihr so für die Zukunft?

Es war schon ein echter Dämpfer, dieses Album nicht live präsentieren zu können. Wir sind natürlich sehr stolz auf dieses Werk, aber unsere Live Performance ist der Bereich, wo wir als Band so richtig aufgehen. Es ist echt hart, nicht auf der Bühne sein zu können. Im Moment proben wir intensiv unser Live-Set, damit wir bei der ersten sich bietenden Gelegenheit gleich loslegen können.

Unser Rhytmusgitarrist Enrico hat uns ja Anfang diesen Jahres verlassen, um sich mehr auf seine anderen Projekte zu konzentrieren. So gibt uns diese erzwungene Pause die Möglichkeit, unseren Neuzugang Alika Madis in die Band zu integrieren. Möglicherweise werden wir den Nachfolger für „Keepers Of The Flame“ auch schon früher als geplant schreiben. Wir werden immer Wege finden, unsere geliebte Musik zu spielen, selbst wenn wir live nicht auftreten können.

Ich danke Dir herzlich für dieses Interview und dieses herausragende Debütalbum. Die letzten Worte gehören Dir!

Ich danke Dir für die freundliche Bewertung im Review und die guten Fragen! Auch wenn es gerade eine seltsame und frustrierende Zeit ist, war es doch wunderbar dieses Album mit der Welt zu teilen. Und es ist toll, wie die Gemeinschaft der Metalszene sich immer noch unterstützt und die Flamme am Leben hält. Einige der Texte, die ich 2019 geschrieben habe, scheinen nun sehr passend für den Sommer 2020 zu sein. “The night is so long… but our hearts are strong!” Wir werden das alles gut überstehen, und uns dann so bald wie möglich auf Tour sehen!

Interview mit Greyhawk (Rev Taylor, Vocals)

Lex J.Oven
Lex J.Ovenhttps://www.metalunderground.at
Heavy Metal is not dead - your taste of music is

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