Finnische Schwere, schleppende Riffs und eisige Emotionen. ILON LAPSET („Kinder der Freude“) spielen Sludge/Doom Metal – allerdings so, wie man ihn in Nordeuropa versteht. Mykkä Pimeys („Stille Dunkelheit“) ist ein atmosphärisch dominantes Album, düster, wuchtig und verzerrt. Der typisch finnische Charakter ist in jeder Note spürbar.
Erdrückende Atmosphäre, eisige Schreie
Akustisch, tief gestimmt, vom Bass und einem dezenten Keyboard geführt – so beginnt das Album. Eine fragile Melodie setzt die Stimmung, dann bricht das eigentliche Klangbild los: tiefergestimmte Gitarren, infernalische Schreie. „Hukkaan“ („Verschwendet“) ist ein klassischer Doom-Opener mit wuchtigen, schleppenden Riffs, gequälten Schreien und einer langsam klagenden Lead-Gitarre. Der Eindruck ist bedrückend, das Tempo zäh, die Vocals wirken eisig – und diese Grundstimmung prägt den weiteren Verlauf des Albums.
Kein Wunder, dass einem hier das Eis in die Knochen kriecht: ILON LAPSET stammen aus Tampere – einer der wichtigsten Städte für die finnische Metalszene. Viele bekannte und unzählige Underground-Bands kommen von hier, und die Einflüsse sind nicht zu überhören.
„Sotaa“ („Krieg“) schleppt sich noch schwerfälliger dahin, mit noch mehr Druck auf den Hörer. Hoffnungslosigkeit und Trostlosigkeit bestimmen das Bild, während die Vocals verzweifelt und klagend über der minimalistisch gehaltenen Musik schweben. Melodie wird hier zugunsten einer klar definierten Atmosphäre zurückgestellt – und das funktioniert erstaunlich gut.
Dichte Klangbilder, hallende Schreie, verlassene Melodien
Die Band wurde Ende der 2010er Jahre gegründet und hat neben zwei Demos ein Full-Length-Album veröffentlicht. Über die Mitglieder – Julle (Bass), Hannu (Drums), Markus (Gitarre) und Lauri (Vocals) – ist wenig bekannt. Sie wirken wie ein eingeschworenes Kollektiv mit einer gemeinsamen Vision.
„Rangaistussiirtola“ („Strafkolonie“) setzt die dichte, bedrückende Stimmung fort. Hallende Schreie treffen auf eine verlassene Lead-Gitarre. „Juon yksin“ („Ich trinke allein“) bringt dann ein besonderes Element: Ein dominanter Bass, dazu ein beinahe geflüstertes, filmisch wirkendes Dialog-Fragment. Die Akkorde sind simpel, repetitiv und schleppend – was dem Song eine hypnotische Wirkung verleiht. Ambient-Sounds kontrastieren die Hauptmelodie. Ein klares Highlight.
Die Produktion ist sehr transparent. Die nötige Verzerrung in den Gitarren wird bestens eingefangen, die gequälten Vocals ebenso. Die Drums bleiben dezent, setzen jedoch punktgenau Akzente. Der Bass ist tragend und technisch überraschend versiert – in einem Genre, in dem das selten im Vordergrund steht. Textlich bewegt sich das Album zwischen sozialkritischen Themen, Depression und Einsamkeit.
Nordische Kälte als Klangwelt
„Ei vastausta“ („Keine Antwort“) ist die „schnellste“ Nummer des Albums – was in diesem Kontext bedeutet: Etwas mehr Rhythmus im Vergleich zu den bisherigen Songs. Auch hier kommt wieder ein filmisches Spoken-Word-Element zum Einsatz, das in Kontrast zu den schleppenden Riffs und der düsteren Basslinie steht.
„Pimeyden sydän“ („Herz der Dunkelheit“) schließt das Album mit drückender Langsamkeit und wuchtigen Riffs. Ein lethargisches Stück mit bleibendem Eindruck – nicht nur als Rausschmeißer, sondern als zusammenfassendes Statement des Albums.
Mykkä Pimeys zeigt die depressive Seite des Sludge Metal, nah am Doom, einfach, aber wirkungsvoll. Die extrem verlangsamten Rhythmen, die brummenden Gitarren, die gequälten Schreie – all das ergibt eine intensive, dichte Klanglandschaft, minimalistisch in der Form, aber maximal in der Wirkung.
Wer die Kälte und Dunkelheit des Nordens nicht nur fühlen, sondern hören will, bekommt hier den passenden Soundtrack. Eine schwere, dichte Hörerfahrung – komponiert mit Gespür, gespielt mit Gefühl. Kalt, aber voller emotionaler Tiefe. Und mit Momenten, die noch lange nachhallen.
Fazit: Eisig, schleppend, erdrückend: ILON LAPSET lassen mit Mykkä Pimeys die Dunkelheit des Nordens musikalisch greifbar werden.
Tracklist
01. Hukkaan
02. Sotaa
03. Rangaistussiirtola
04. Juon yksin
05. Ei vastausta
06. Pimeyden sydän
Besetzung
Julle – Bass
Hannu – Drums
Markus – Guitars
Lauri – Vocals